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Schmerzen beim GV durch hohe Muskelspannung

Hohe Muskelspannung im Beckenbereich ist ein häufiger Grund für Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Denn die Vagina wird enger und nicht so feucht. Bewegung und Atmung beim Sex sowie Training der Wahrnehmung der Beckenbodenmuskulatur lösen das Problem.

Wieso kann hohe Muskelspannung wehtun?

Es gibt ganz verschiedene Gründe, warum du Schmerzen beim Geschlechtsverkehr haben kannst: Bei hoher Muskelspannung wird die Vagina nicht richtig weit. Der Penis stösst eher gegen die Eierstöcke. Die Vagina kann nicht so gut feucht werden. Es kann eher zu Entzündungen kommen. Die Muskeln haben zu wenig Sauerstoff und tun deshalb weh.

Wieso wird die Vagina nicht weit?

Unterleib einer Person mit Vagina im Querschnitt zeigt die Vagina bei sexueller Erregung sowie umliegende Organe. Die Vagina ist weit und aufgespannt wie ein Ballon.Unterleib einer Frau im Querschnitt zeigt die Vagina im Ruhezustand sowie umliegende Organe. Die Vaginawände liegen nah beieinander.

Die äussersten Zentimeter der Vagina werden von Beckenbodenmuskulatur umflossen. Sie können so stark anspannen, dass sie verhindern, dass die Vagina weit wird. Wenn du die Muskeln im Beckenboden beim Geschlechtsverkehr sehr anspannst, kann das beim Geschlechtsverkehr wehtun. Das kann mit verschiedenen Dingen zusammenhängen, die wir hier genauer erklären.

Warum macht hohe Muskelspannung die Vagina trockener?

Wenn du dich sexuell erregst, wird die Vagina stärker durchblutet. Dadurch tritt von den Blutgefässen Flüssigkeit durch die Vaginawand in den Vaginainnenraum. Wenn du die Muskeln im Beckenboden sehr anspannst, ist die Durchblutung der Vagina nicht mehr so gut. Denn die Muskeln drücken so stark, dass das Blut nicht mehr so gut fliessen kann. Das kannst du testen: Mach mal eine Faust mit viel Muskelkraft und schau mal, wie sich um deine Knöchel die Farbe der Haut verändert. Siehst du, dass es weiss wird? Hier kommt jetzt weniger Blut hin. Wenn die Vagina durch die stark angespannten Muskeln wenig durchblutet ist, kann sie auch nicht mehr so feucht werden. Trockenheit kann zu Schmerzen führen, weil es unangenehm reibt.

Wieso kann hohe Muskelspannung zu Entzündungen führen?

Wenn du Geschlechtsverkehr hast, und die Vagina ist eher eng und trocken, kann es zu klitzekleinen Rissen in der Vaginawand entstehen. Da können sich dann mehr unerwünschte Keime ansiedeln. So wird die Vagina anfälliger für Pilzinfektionen. Klitzekleine Risse am After können eher zu Blasenentzündungen führen, weil dann eher Bakterien aus dem Darm an die Harnröhre und von dort in die Blase gelangen. Es kann auch eher zu chronischen Schmerzen am Vaginaeingang kommen, da die Durchblutung nicht so gut ist, und das ist für die Haut nicht gut.

Was für eine Rolle spielt Muskelspannung beim Sex?

Zu Problemen mit hoher Muskelspannung kann es auch kommen, wenn du sexuell erregt bist. Sexuelle Erregung braucht ein gewisses Mass an Muskelspannung. Ganz automatisch steigt die Spannung in den Beckenbodenmuskeln. Die Frage ist, wie stark die Muskelspannung steigt. Es gibt viele Frauen, die die Muskeln beim Sex extra anspannen, um die sexuelle Erregung in die Höhe zu treiben. Und wenn die Spannung sehr hoch ist, kann das zu Problemen führen. Die Vagina kann in der sexuellen Erregung nicht so weit werden, denn die Muskelanspannung verhindert das Erweitern. Dadurch hat die Vagina nicht so gut Platz, den Penis aufzunehmen. Es kann auch zu Schmerzen in der Tiefe kommen, weil der Penis gegen die Eierstöcke stösst, die normalerweise in sexueller Erregung durch die Erweiterung der Vagina weiter weg wandern. Wo die Eierstöcke liegen, siehst du auf den Bildern oben. Über weitere Probleme wegen zu hoher Muskelspannung beim Sex lies bitte diesen Text.

Was habe ich für eine sexuelle Technik?

Deine sexuelle Technik zeigt sich, wenn du dich bei der Selbstbefriedigung oder mit dem Partner sexuell erregst. Achte beim nächsten Mal darauf, wie sehr du welche Muskeln anspannst – im Becken, im Bauch, im Po, in den Oberschenkeln. Achte auch darauf, ob du den Körper eher steif machst und wenig bewegst. Und beobachte, ob du vielleicht flach atmest und vielleicht sogar den Atem anhältst. Das sind alles Anzeichen für eine hohe Muskelspannung. Du kannst das noch genauer erforschen mit unseren Texten zu typischen sexuellen Erregungstechniken.

Wie hoch ist die Grundspannung meiner Muskeln?

Es ist auch möglich, dass du grundsätzlich eine erhöhte Spannung im Beckenboden hast. Oder die Spannung kann erhöht sein, weil du aus irgendeinem Grund Stress hast. Die Beckenbodenmuskeln reagieren nämlich sehr empfindlich auf Stress. Andauernd hohe Muskelspannung kann zu Schmerzen führen, denn die Muskeln sind weniger gut durchblutet. Das führt zu Sauerstoffmangel, und das tut weh.

Bist du dir nicht sicher, wie sehr du die Muskeln anspannst im Beckenbodenbereich? Dann achte mal darauf, wie sehr du den Kiefer anspannst. Und achte darauf, ob du in der Nacht die Zähne zusammenbeisst oder mit ihnen knirschst. Wenn dein Kiefer angespannt ist, ist dein Beckenboden auch eher angespannt. Denn die zwei Muskelgruppen sind über Nerven miteinander gekoppelt. Auch Verstopfung und Unterbauchbeschwerden oder Beschwerden im unteren Rücken können darauf hinweisen, dass du mehr Spannung im Beckenboden hast.

Welche Rolle spielt Angst?

Angst spielt eine grosse Rolle. In der Angst spannen die Muskeln automatisch mehr an. Manchmal spannen die Frauen beim Sex ganz automatisch die Muskeln im Beckenboden so stark an, dass der Geschlechtsverkehr nur sehr begrenzt oder gar nicht möglich wird. Das kann beim ersten Mal Geschlechtsverkehr oder in einer neuen sexuellen Begegnung passieren. Wir empfehlen dir dazu unsere Tipps zum ersten Mal. Wenn das ständig passiert, spricht man von Vaginismus. Wenn das bei dir so ist, lies bitte dieses Kapitel. Mach unbedingt die Übungen darin, sie sind sehr hilfreich.

Wieso ist «durch den Schmerz gehen» keine gute Idee?

Wenn du Schmerzen hast, spannen sich Muskeln ganz automatisch an dort, wo du Schmerzen hast. Wenn du trotz Schmerzen Geschlechtsverehr hast, wirst du dort also eher mehr anspannen. Und dadurch machst du die Schmerzen stärker. Wenn du Angst vor Schmerzen hast, spannst du dich auch mehr an – schon bevor die Schmerzen tatsächlich da sind –, denn wir spannen uns an, wenn wir Angst haben. Und so kann es zu verschiedenen Kettenreaktionen aus Angst-Schmerz-Anspannung kommen. Zum Beispiel so:

Schmerzen => Anspannung => mehr Schmerzen => Angst vor Schmerzen => mehr Anspannung => Mehr Schmerzen usw.

Wichtig ist, dass du Schmerzen beim Geschlechtsverkehr auf jeden Fall vermeidest. Denn Schmerzen führen zu noch höherer Muskelanspannung. Und sie nehmen die Lust auf Sex. Wenn du Angst vor Schmerzen hast, spannst du logischerweise auch mehr an. Halte deshalb keine Schmerzen aus. Mach langsamer, wenn du Schmerzen hast oder wähle eine andere Position oder mach eine Pause.

Wie entsteht ein Schmerzgedächtnis?

Bild zweier Nervenzellen mit Zoom auf die Synapse, welche zwischen den Nervenzellen liegt.

Nehmen wir an, du erlebst in einer Region viele Schmerzen. Dann interpretiert dein Gehirn nicht mehr offen, was da kommt, sondern neigt dazu, es als schmerzhaft zu interpretieren. Das nennt man Schmerzgedächtnis.

Unser Gehirn nimmt normalerweise alles mal ganz offen auf, was wir an Nervenstimulationen erfahren. Es bewertet es dann, und du erlebst es in der Folge in einer ganz bestimmten Qualität (zum Beispiel als angenehm oder unangenehm). Das ganze passiert in Bruchteilen von Sekunden. Wenn du nun in einer Region viele Schmerzen erlebt hast, ist dieser Ablauf verkürzt: Alle Nervenstimulationen in dieser Region werden vom Gehirn nicht neu bewertet, sondern ganz automatisch der Kategorie "Schmerz" zugewiesen. Das kannst du aber auch wieder umlernen durch viele Wiederholungen.

Bild von einer Frau, einer Nervenzelle und einem Gehirn. Überschrift: Kommunikation zwischen Genitalien und Gehirn Text: In den Genitalien gibt es sehr viele Nerven, deren Endigungen (die Rezeptoren) auf viele unterschiedliche Reize reagieren. Manche reagieren auf Reibung und Streicheln, andere auf Druck, auf Bewegung, auf Anspannung bestimmter Muskeln, auf Schmerz und so weiter. Wenn eine Nervenendigung stimuliert wird, sendet sie eine Nachricht (einen Impuls) an das Gehirn.

Wieso hilft Bewegen beim Sex?

Falls deine Vagina trocken ist, hilft auf jeden Fall auch ein Gleitmittel. Dich zu bewegen, hilft allerdings am besten gegen zu hohe Muskelspannung beim Sex. Denn wenn du dich bewegst, hast du immer ein Wechselspiel aus Anspannung und Entspannung. Mehr über Bewegung beim Sex liest du in diesem Text. Und in diesem Text findest du Tipps, wie du dein Becken beim Sex bewegen kannst. Für das Spiel mit den Beckenbodenmuskeln lies bitte diese Tipps.

Eine nackte Frau kniet mit einem Kissen zwischen ihren Beinen. Sie schaukelt ihr Becken nach vorne und hinten. Dabei atmet sie ein und aus.

Wieso hilft Bauchatmen?

Ausserdem kannst du mit Bauchatmung etwas gegen die Anspannung tun. Denn wenn du tief einatmest und ausatmest, bewegst du auch die Muskulatur im Beckenbereich. Du kannst mit der Atmung auch gegen die Angst anwirken. Mehr dazu erfährst du in diesem Text über die Bauchatmung.

Ein Mensch von vorne. Die Lungen, das Zwerchfell und der Beckenboden sind eingezeichnet. Rote Pfeile zeigen die Bewegung im Körper beim Atmen.

Wieso helfen Küssen und Streicheln?

Ein ausgedehntes Vorspiel beim Sex kann auch zu mehr Entspannung führen: Streicheln setzt zum Beispiel Hormone frei, die entspannen. Und Küssen löst den Kiefer, was wiederum den Beckenboden entspannt. Das gilt natürlich auch, wenn ihr während dem Geschlechtsverkehr küsst und streichelt.

Wie kann mein Partner mithelfen?

Ganz wichtig: Sag deinem Partner, wenn es wehtut und was wehtut. Erklär ihm, was du über die Muskelspannung herausgefunden hast. Wenn der Penis in der Vagina wehtut, tut ein Finger vielleicht nicht weh. Mit dem Finger kann dein Partner die Vagina massieren und die Muskeln leicht dehnen und lockern. Dabei hilft dir auch, wenn du dich selbst bewegst. Du kannst deinen Freund auch mal bitten, dass er die Hand ruhig lässt. Dann kannst du die Vagina durch Schaukeln und Kreisen bewegen. So bestimmst du selbst, wie sie massiert wird. Für weitere Tipps schau bitte in unseren Text Petting als Übung für den Geschlechtsverkehr.

Kann ich mit der Intimpflege nachhelfen?

Ja, auf jeden Fall. Wir empfehlen dir, unsere Tipps zur Intimpflege zu befolgen. Du pflegst und heilst deine Vagina, wenn du sie täglich mit einem pflegenden Mittel einreibst und massierst. Mach das am Vaginaeingang und den äussersten 2 Zentimetern der Vagina. Diese Massage ist auch gut zur Entspannung der Beckenbodenmuskeln. Und die Massage hilft dir, eine gute Beziehung zu deiner Vagina aufzubauen.

Können Fachpersonen helfen?

Deine Schmerzen bleiben bestehen? Dann ist es eine gute Idee, wenn eine Frauenärztin sie beurteilt. Es gibt weitere Fachpersonen, die dich unterstützen: In einer Sexualtherapie lernst du, dich auf lockere Weise sexuell zu erregen. In der Physiotherapie kann eine Spezialistin für den Beckenboden gezielt Punkte massieren und lösen. Du schärfst die Wahrnehmung für die Muskeln und lernst, sie mehr zu beeinflussen. Manche Spezialistinnen arbeiten mit Biofeedback: Dabei wird eine Sonde in die Vagina gesteckt und du siehst auf einem Monitor, wie hoch die Spannung ist. Das ist hilfreich, um deine Wahrnehmung zu trainieren. Ganz klar: Wenn du das Problem angehst, tust du etwas für deine sexuelle Gesundheit.