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Frage Nr. 32873 von 11.05.2021

Hallo!
Ich w22 habe eine Psychotherapie begonnen (hatte schon 9 Sitzungen), meine Freunde haben mich stark dabei unterstützt bzw tun das immer noch, und ermutigen mich, dass ich dort alles erzählen kann, und rational gesehen weiss ich auch, dass die Therapie für MICH gedacht ist und nicht für die Therapeutin. Aber ich merke, dass ich versuche, Dinge zu sagen, die eher gut ankommen oder die ich noch als "normal" empfinde.

Zum Beispiel thematisiere ich Prüfungsstress oder Schwierigkeiten, einen geregelten Tagesablauf zu haben, aber spreche nicht über die negativen Gedanken die ich oft über mich habe, obwohl die mich im Moment mehr belasten. Ausserdem tendiere ich dazu, irgendwann in Tränen auszubrechen, wenn ich eine Weile in so einer angespannten Situation war. Deshalb ist es oft so, dass ich, selbst wenn ich einen Satz in meinem Kopf habe, den ich sagen will, ihn dann doch nicht ausspreche, weil ich weiss, das ich sonst währenddessen losheulen würde, obwohl es vielleicht thematisch gar kein so schlimmes Thema wäre. Und es wäre mir dann so unangenehm bei irgendeinem Satz loszuheulen, dass ich lieber gar nichts oder etwas ganz anderes sage.

Die Therapeutin hat mich auch schon darauf angesprochen dass es für sie so wirkt, dass ich wie "mit angezogener Handbremse" mit ihr rede und etwas eingeschüchtert dasitze, aber dazu konnte ich dann auch nicht viel mehr sagen als "ja". Es fällt mir sehr schwer, dass mir die Situation nicht unangenehm ist und ich mich nicht bewertet fühle. Ich fühle mich sowieso auch im Alltag unzulänglich und habe dauernd Angst was peinliches zu sagen, und das ist in der Therapiesituation ja nicht plötzlich weg, auch wenn ich theoretisch weiss, dass ich da alles sagen kann. Habt ihr vielleicht einen Rat für mich?

Unsere Antwort

Wahrscheinlich versuchst du schon lange, es anderen recht zu machen. Wie anstrengend das ist, merkst du jetzt. Und deine Innenwelt meldet sich. Du fühlst dich nicht wohl, wenn du ‚normale‘ Themen wie Prüfungsstress etc. ansprichst. Die anderen Themen wie Selbstwertgefühl, Selbstmitgefühl etc. kennst du schon. Du kannst sie aber noch nicht gut formulieren. Sie sind mit vielen Gefühlen verbunden. Darum sind deine Tränen schneller als deine Wörter.

Im Moment verhindert dein Schamgefühl noch, dass du über die für dich wichtigen Themen sprichst. Deine Psychotherapeutin hat allerdings die ‚angezogene Handbremse‘ schon erkannt. Sie wird wohl auch wissen, wie sie dich behutsam bei deinen Themen begleitet.

Schüchtere dich selbst nicht ein. Lass dich aber auch nicht zum schnellen Aussprechen drängen. Innen sind die Themen schon da. Und du bist auf der Suche. Vielleicht kannst du mit deiner Psychotherapeutin erst mal rausfinden, welche Sicherheiten du zum Reden brauchst. Was brauchst du, um jemandem zu vertrauen? Wie könnte deine Psychotherapeutin dir zeigen, dass du ihr vertrauen kannst? Vielleicht könnten das deine nächsten Therapie-Themen sein?

Deine Innenwelt macht das übrigens ganz richtig, wenn sie dich zögern lässt. Die sehr berührenden Themen, kannst du nicht einfach so besprechen. Sonst hättest du sie längst mit einer Freundin, einem Freund oder deinen Eltern erledigt. Sie brauchen einen sicheren Rahmen. Dabei bist du diejenige, die beurteilt, was sich sicher anfühlt und was nicht. Hilf deiner Psychotherapeutin beim Aufbau eines Vertrauens-Settings.

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