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Frage Nr. 33355 von 11.07.2021

Es betr. 20-jährige Frau: Bin ich lesbisch, wenn ich Panik bei Männern bekomme, die sich mir körperlich nähern? Umarmung, Küssen usw. Ist das ein Zeichen, dass man lesbisch ist? Oder kann da eine ander Ursache vorliegen? Danke für die Rückantwort

Unsere Antwort

Aus deinem Erleben lässt sich nicht ableiten, zu welchem Geschlecht du dich sexuell hingezogen fühlst. Beobachte dich bitte mal, wenn die Panik auftritt. Wie nimmst du in diesen Momenten deinen Körper wahr? Und welche Gedanken kommen in dir auf?

Sehr wahrscheinlich spannen sich deine Muskeln an und deine Atmung ist flach und angestrengt. Ist das so in den Momenten, in denen dich ein Mann küssen oder umarmen möchte? Dann wäre es nur folgerichtig, wenn du das Gefühl hast, in Abwehr zu gehen. Denn über die Muskelanspannung und den flachen Atem erhält dein Nervensystem das Signal, in den Flucht-/Kampfmodus zu schalten. Die Zusammenhänge zum Nervensystem sind komplex aber sehr wichtig, um mehr Verständnis für dich zu haben und deinen Zustand beeinflussen zu können. Ich lege dir dafür dieses Buch ans Herz: «Der Selbstheilungsnerv: So bringt der Vagus-Nerv Psyche und Körper ins Gleichgewicht» von Stanley Rosenberg.

Du fühlst im Moment bei der Annäherung von Männern Panik. Mit dieser Erfahrung gerätst du immer wieder in Stress. Das passiert automatisch. Der Stress führt zur Anspannung und die erschwert dir, Zuneigung oder den Wunsch nach Nähe aufzubringen.

Die Lösung ist, dein vegetatives Nervensystem zu regulieren. Wenn du es schaffst, den Parasympathikus (den Vagusnerv) zu aktivieren, dann kannst du mit Annäherungen entspannter umgehen. Das hilft auch grundsätzlich, anderen in einer positiven Haltung zu begegnen.

Experimentiere mal damit, dich gezielt in eine Umarmung zu begeben. Das kann eine Freundin sein oder eine Person aus deiner Familie, die du gerne magst.  

Bei der ersten Übung spann deine Muskeln stark an, beisse die Zähne fest zusammen und atme nur wenig. Dann versuche das Gegenteil: lass deinen Unterkiefer während der Umarmung hängen, atme tief in den Bauch und lass deinen Ausatem langgezogen ausströmen.

Nimm jeweils wahr, was diese beiden Körperzustände in dir auslösen. Was spürst du jeweils und welche unterschiedlichen Gedanken hast du dabei? Und wie verändert das dein Gefühl für dein Gegenüber?

So wird dir deutlich, dass ein Mensch anders wahrgenommen werden kann, wenn der Körper angespannt ist. Denn dann ist dein Nervensystem in hoher Wachsamkeit und eher auf Abwehr gepolt. Versuche bewusst, dein Nervensystem auszugleichen. Es kann sein, dass dir das allein nicht oder nur schwer gelingt. Dann könnte es lohnenswert sein, eine Fachperson aufzusuchen, um Entspannungs-Techniken einzuüben.

In einer psychotherapeutischen Begleitung kannst du auch darüber sprechen, ob es weitere Ursachen gibt, die in dir zur beschriebenen Panik führen. Der Schlüssel zur Veränderung dieses Erlebens ist, deinem Nervensystem entspannende Impulse zu ermöglichen. Das gelingt über den Körper besser als über die rein gedankliche Auseinandersetzung. Ich empfehle dir für mehr Infos den Infotext zur tiefen Bauchatmung.

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