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Unterstützung und Beratung nach Gewalt

Hol dir unbedingt Unterstützung – egal ob du noch Gewalt erlebst oder ob sie Jahre zurück liegt. Warum das so wichtig ist, erfährst du in diesem Text. Du liest auch, an wen du dich wenden kannst.

Hab Mut, dir Unterstützung zu holen

Ein Mann und ein Junge stehen sich gegenüber, der Junge erzählt etwas

Vielleicht hast du körperliche, sexuelle oder psychische Gewalt erlebt – oder erlebst sie immer wieder. Du würdest du dir sehr gern helfen lassen. Aber vielleicht willst du den*die Täter*in schützen. Oder vielleicht wirst du von ihm*ihr bedroht oder erpresst. Oder du schämst sich, findest dich schuldig, und befürchtest, dass dir niemand glaubt. Darum ist es wichtig, dass du weisst: Du bist nie Schuld daran, wenn du Gewalt erlebt hast. Du könntest die Verantwortung dafür übernehmen, dass du nach Helfer*innen suchst und dir helfen lässt.

Wer sind Ansprechpersonen?

Wenn du schwierige Probleme und peinliche Fragen hast, kannst du dir in deinem privaten Umfeld jemanden suchen, dem du vertraust. Zum Beispiel deine Eltern oder andere Verwandte, Freund*innen, Lehrer*innen, Betreuer*innen oder Arbeitskolleg*innen. Wenn du minderjährig bist, suche dir umbedingt Erwachsene als Vertrauenspersonen. Oder du suchst dir Unterstützung bei Fachpersonen. Zum Beispiel kannst du dich an eine Opferhilfeberatungsstelle wenden, ohne deinen Namen zu sagen. Oder jemand kann dich zu einer Opferhilfeberatungsstelle begleiten. Du kannst auch das Sorgentelefon (Nummer 143) anrufen oder, wenn du jugendlich bist, Telefon 147. Du kannst uns auch immer im Fragefenster anonym schreiben. Du kannst dich auch per Chat beraten lassen oder eine persönliche Emailberatung in Anspruch nehmen.

Mit Familienangehörigen reden – ja oder nein?

Wenn du Gewalt in der Familie erlebt hast, ist es eine gute Idee, wenn du mit jemand ausserhalb der Familie redest. Denn die Familienangehörigen sind manchmal ziemlich miteinander verstrickt. Falls du die Gewalt nicht in der Familie erlebt hast, sind Familienangehörige möglicherweise die besten Redepartner für dich. Wenn du noch minderjährig bist, sind es vielleicht die Eltern. Es ist aber auch verständlich, falls das für dich nicht so ist. Velleicht möchtest du sie nicht belasten. Oder du hast Angst, dass sie dich mehr kontrollieren wollen, weil sie sich Sorgen um dich machen. Oder du befürchtest, dass sie sich selbst oder dir Vorwürfe machen. Eltern reagieren oft mit starken Schuldgefühlen, weil sie ihr Kind nicht vor dem schützen konnten, was passiert ist. Wenn du fühlst, dass du nicht mit deinen Eltern reden möchtest, ist es wichtig, dass du dir andere Vertrauenspersonen suchst.

Warum sollte ich mir Unterstützung holen?

Hier listen wir dir auf, warum das so wichtig ist:

Du bist nicht mehr allein

Vielleicht kennst du den Ausdruck «sich etwas vom Leib reden» oder «etwas loswerden». Sie drücken aus, dass Reden mit einer vertrauten Person ganz schön erleichternd sein kann. Du stellst das Gesagte sozusagen aus dir heraus. Dadurch geht es dir besser, weil du ein bisschen Abstand dazu gewonnen hast. Und die Person, der du etwas erzählst, teilt das dann mit dir – daher kommt das Wort «mit-teilen». Wenn du redest, fühlst du dich also nicht mehr so allein. Oft hilft es schon, wenn du einfach nur erzählst, was du erlebt hast. Wenn dir etwas Schlimmes passiert ist, ist es sehr gut, es mit anderen zu teilen. Du hast dann Verbündete und trägst nicht die ganze Last allein.

Du kommst mit den Gefühlen besser klar

Wenn du einen sexuellen Übergriff erlebt hast, erlebst du unter Umständen intensive Gefühle, die dich sehr belasten. Wenn du dich lang mit den Gedanken an die erlebten sexuellen Übergriffe quälst, verlierst du die Klarsicht. Du zweifelst vielleicht, ob du dich gut genug gewehrt hast. Du hast Schuldgefühle. Du glaubst dir nicht mehr und traust deinen Gefühlen nicht mehr. Du siehst sozusagen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Da kann es sehr helfen, wenn du mit anderen darüber redest. Denn Aussenstehende sehen die Dinge oft klarer als du und können dir bestätigen, dass du keine Schuld an dem Übergriff hast.

Du kriegst ärztliche Soforthilfe

Wenn du körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt hast, geht es zu aller erst um deine Gesundheit. Vielleicht bist du verletzt. Dann sollten deine Verletzungen ärztlich versorgt werden. Wenn du dich bei deinem*deiner Hausärzt*in am sichersten fühlst, wendest du dich am besten an ihn*sie. Du kannst auch in die Notfallstation eines Spitals gehen. Wenn du dich ärztlich behandeln lässt, können nach einem sexuellen Übergriff Tests auf sexuell übertragbare Infektionen gemacht werden. Du kannst auch Medikamente zu ihrer Vorbeugung erhalten. Wann Tests sinnvoll sind, erfährst du in diesem Text und hier sind Teststellen in der Schweiz, die anonyme Tests durchführen. Es ist wichtig, dass du dich um deine sexuelle Gesundheit kümmerst.

Du bringst dich in Sicherheit

Das Wichtigste ist, dass du vor weiterer Gewalt geschützt wirst. Falls der*die Täter*in dich weiter bedroht, verfolgt oder einschüchtert, ist es besonders wichtig, dass du dir fachliche Unterstützung holst oder an die Polizei wendest. Es gibt auch Schutzhäuser, in die du gehen kannst. Du kannst bei der Polizei eine Strafanzeige machen. Für ein Strafverfahren sind Beweise wichtig. Dazu müssen Verletzungen dokumentiert werden. Ausserdem müssen Spermaspuren, Speichelreste, zerrissene Kleidungsstücke usw. gesichert werden. Viele Ärzt*innen wissen dies bereits und können solche Beweise sichern und Verletzungen fotografieren.

Du verarbeitest die Gewalt besser

Es ist gut wenn du das möglichst bald tust. Aber selbst wenn der Übergriff schon Jahre zurück liegt, kannst du dir Unterstützung dabei holen, das Erlebte zu verarbeiten. Vielleicht willst du das, was passiert ist, einfach vergessen. Möglicherweise gelingt dir das auch ganz gut. Aber vielleicht kommen Erinnerungen daran auch immer wieder hoch – in Träumen oder in gewissen Situationen. Es kann auch sein, dass du dich in deinem Leben irgendwie eingeschränkt fühlst, mit deinem Verhalten Probleme bekommst und nicht mehr so zuversichtlich in die Zukunft blickst. Damit es dir wieder gut geht, ist es wichtig, dass du dir fachliche Hilfe holst. Die Leute von der Opferhilfeberatungsstelle können dir helfen, eine geeignete Fachperson für dich zu finden. Du kannst uns auch immer im Fragefenster anonym schreiben.