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Frage Nr. 32979 von 02.06.2021

Hallo liebes Lilli Team
Ich bin w 14 und nicht hetero. Momentan habe ich eine feste Freundin. Wir haben uns über das internet kennengelernt und sind knapp 2 Wochen zusammen.

Sie ist meine erste Erfahrung, was Mädchen angeht. Ich habe vor ein paar Tagen bei ihr übernachtet. Wir hörten Musik und lagen ganz normal im Bett und waren am Handy. Nach einiger Zeit kam es dazu dass wir anfingen und zu küssen. Sie setzte sich auf mich und küsste mich weiter. Es war wirklich schön. Sie hörte nach einiger Zeit auf und sage: wenn dir etwas zu weit geht, sag es mir bitte. Darauf antwortete ich natürlich mit einem ja. Sie küsste mich also weiter. Ich war nur mit kurzen Hosen und einem Sporttop unterwegs. Mit ihren Händen fasste sie mich an. Am Bauch, Hals und schlussendlich meine Brüste. Zuerst war es noch über dem Top. Danach ging sie mit ihrer Hand unter mein Top und fasste meine Brüste an. Klar hatte ich mega Adrenalin in diesem Moment. Aber es gefiel mir. Die Situation war sehr neu für mich. So ging es weiter bis wir uns entschlossen zu schlafen. Kurz vor dem einschlafen war mir ein wenig schlecht. Ich dachte mir nichts dabei und schlief ein. Ich wachte in der Nacht mehrmals auf und musste mich fast übergeben. Am Morgen war mir immer noch sehr übel. Ich entschied mich nachhause zu gehen. Also verabschiedete ich mich von ihr gab ihr einen Kuss und umarmte sie doll. Ich wurde mit dem Auto abgeholt. Als ich im Auto war, war mir nicht mehr übel. Auch zuhause nicht. Immer wenn ich an ihre Berührungen dieser Nacht denke wird mir schlecht. Das ist bis jetzt noch so. Ich kann nicht verstehen warum.

Kurz mal nebenbei: ich bin noch nicht lange als Part von lgbtq geoutet und akzeptiere mich selber auch noch nicht. Ich habe Schwierigkeiten mit dem ganzen Hate umzugehen und mich als bi/lesbisch auszugeben.

Wenn ich mit ihr bin geniesse ich die Zeit total. Allerdings wenn ich an diese eine Nacht denke, kann ich nicht mehr essen oder sonst was machen. Mir wird immer total schlecht. Es regt mich mega auf, da ich es eigentlich schön fand. Wisst ihr vielleicht warum mir schlecht wird wenn ich an diese Ereignis denke?

Unsere Antwort

Plötzliche Übelkeit und Erbrechen lassen sich mit der Funktion deines Nervensystems erklären. Bitte beobachte deinen Körper mal ganz genau, wenn du an diese eine Nacht mit deiner Freundin denkst. Steigt dein Herzschlag? (Das kannst du mit zwei Fingern am Puls deines Handgelenks überprüfen. Der Normalwert liegt bei etwa 60 bis 80 Schlägen pro Minute.) Steigt deine Muskelspannung? Vielleicht im Kiefergelenk? Vielleicht im Brustkorb, im Nacken und im Rücken? Vielleicht in deinem Becken? Kannst du wahrnehmen, ob sich deine Nackenhaare sträuben? Und ob du beginnst zu schwitzen, vielleicht nur an den Handflächen?

Bemerkst du solche Zeichen an dir? Dann ist der sogenannte Sympathikus in deinem Nervensystem aktiver als der Parasympathikus. Der Parasympathikus wirkt im Nervensystem ausgleichend.

Der Sympathikus ist Teil des autonomen Nervensystems. Das arbeitet automatisch und wird in seiner Reaktion erst mal nicht bewusst gesteuert. Der Sympathikus bereitet den Körper auf Stress- oder Notfallsituationen vor - Kampf oder Flucht. Er erhöht die Herztätigkeit (Puls) und erweitert die Atemwege, um das Atmen zu erleichtern.

Nun fragst du dich wahrscheinlich: wieso zeigt mein Nervensystem eine Stressreaktion? Ich genieße das Zusammensein mit meiner Freundin – wieso reagiert mein Körper so? Du schreibst, dass es deine erste feste Freundin ist, mit der du deine ersten homosexuellen Erfahrungen machst. Du beschreibst, dass du dich selbst in deinem homo-/bisexuellen Begehren noch nicht akzeptieren kannst. Auch deine Sorge vor LGBTIQ-diskriminierenden Anfeindungen und Angriffen kann ein enormer Grund für eine Angstreaktion deines Nervensystems sein. Und vielleicht hast du noch weitere Gründe, die bei erotischen Handlungen zu Angst und Stress beitragen?

Du bist mit deiner Freundin erst 2 Wochen zusammen. Vieles ist neu, was ihr gemeinsam erkundet: eure Bedürfnisse und Grenzen, eure Vorlieben, eure Körper. Achte bitte weiterhin auf deine persönlichen Grenzen. Möglicherweise sind die vor allem zu Beginn eurer Beziehung für dich sehr sinnvoll. Du hast gespürt, dass dein Körper im Zusammensein mit deiner Freundin Adrenalin ausschüttet. Auch das tut er aufgrund des aktiven Sympathikus. Das kann dazu führen, dass du plötzlich zitterst und schwitzt. Kopfschmerzen, Schwindel und Unruhe können einsetzen und dein Herz schneller oder unregelmäßig schlagen. Dein Blutdruck steigt, dein Mund wird trocken bis hin zu Übelkeit und Erbrechen.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich diese Reaktion deines Nervensystems im Laufe eurer Beziehung verändert. Dein Körper wird dann nicht mehr so viel Adrenalin ausschütten. Um jetzt schon zu unterstützen, dass sich diese Reaktion reduzieren kann, empfehle ich dir die Infotexte zur Bauchatmung und zur Beckenschaukel. Damit kannst du dein Nervensystem ausgleichen und beruhigen und das ermöglicht dir, die erotischen Erfahrungen mit deiner Freundin unbeeinträchtigt genießen zu können.

Wenn dich das autonome Nervensystem noch mehr interessiert empfehle ich dir das Buch «Der Selbstheilungsnerv: So bringt der Vagus-Nerv Psyche und Körper ins Gleichgewicht» von Stanley Rosenberg.

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