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Frage Nr. 35300 von 25.06.2022

gibt es tatsächlich weniger abtreibungen durch ein verbot abzutreiben oder geht der schuss nach hinten los und verzweifelte frauen nehmen haushaltsgegenstände aus verzweiflung, wie ich das mal gehört habe?
warum treiben menschen ab? auch weil sie kaum geld haben? und warum unterstützt man schwangere nicht einfach, wenn sie das kind eigentlich wollen

Unsere Antwort

Du stellst sehr spannende Fragen.

Der aktuelle Fachmeinung zeigt: Ein Abtreibungsverbot verhindert sichere Schwangerschaftsabbrüche. Denn die Abbrüche finden dennoch statt, jedoch unter sehr gefährlichen Bedingungen. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) starben 2008 mehr als 47.000 Frauen* weltweit bei illegalen Abbrüchen. Die Dunkelziffer dürfte höher liegen.Viel wirkungsvoller, um die Zahl an Abbrüchen zu verringern, sind Massnahmen wie gute sexuelle Bildung und Zugang zu Verhütungsmitteln.

Wenn Schwangerschaftsabbrüche illegal sind, finden sie in der Regel nicht unter den gleichen hygienischen Bedingungen statt. Der Rückgriff auf Haushaltsgegenstände kann, aber muss nicht passieren. Wahrscheinlicher ist es, dass Orte entstehen, wo Menschen illegal Schwangerschaftsabbrüche gegen Schwarzgeld anbieten. Es gibt dann ausserdem mehr Frauen, die in unsicheren Umgebungen ein Kind zur Welt bringen, da niemand von der Schwangerschaft erfahren darf. Sie verstecken sich während ihrer Schwangerschaft und bringen im schlimmsten Fall das Kind allein zur Welt. Es gibt noch viele weitere negative Folgen, die ich hier nicht alle aufzählen kann.

In Deutschland entstehen im Rahmen der aktuellen gesellschaftlichen Diskussionen einige interessante Veröffentlichungen, in denen es um Schwangerschaftsabbrüche und Gesetzgebung geht. Wenn dich das Thema interessiert, empfehle ich dir die Broschüre "Schwangerschaftsabbruch im liberalen Rechtsstaat" vom Hans-Albers-Institut und der Giordano Stiftung. Oder die Veröffentlichungen von pro familia Hintergrund Schwangerschaftsabbruch und 8 Fakten zum Schwangerschaftsabbruch. Darin bekommst du auch Informationen über die Gründe für Schwangerschaftsabbrüche. Und ganz aktuell gibt es dazu auch einen Podcast-Beitrag bei SWR Aktuell vom 28.6. "Kindsmörderinnen? Wenn Abtreibung illegal wird".

Es gibt im deutschsprachigen Raum schon sehr viele weitere Unterstützungsangebote für ungeplant Schwangere neben der Option des Schwangerschaftsabbruchs. Nur ein Bruchteil der ungeplant Schwangeren entscheidet sich für einen Abbruch. Es gibt zum Beispiel sehr viele finanzielle Hilfen und Unterstützungsangebote für Menschen, die sich entscheiden, die Schwangerschaft fortzusetzen. Es gibt auch die vertrauliche oder anonyme Geburt, wo eine Person ein Kind gebärt und direkt zur Adoption freigibt. Sie wird dabei von Fachpersonen begleitet.

Wahrscheinlich beschäftigt dich dieses Thema aktuell, wegen der Entscheidung aus den USA. Gleichzeitig gibt es auch aus feministischer Sicht positive Neuigkeiten: In Deutschland wurde der Paragraf 219a gestrichen – somit gibt es nun ein Informationsrecht zum Schwangerschaftsabbruch. Praxen und Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, dürfen nun auf ihrer Website darüber informieren. Und in Spanien wurde die Gesetzgebung zum Schwangerschaftsabbruch gerade angepasst. Das neue Gesetz streicht die dreitägige Überlegungsphase nach dem Antrag auf einen Schwangerschaftsabbruch. Künftig dürfen auch junge Schwangere ab einem Alter von 16 Jahren ohne die Zustimmung der Erziehungsberechtigten einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen. Der Eingriff wird kostenlos in Krankenhäusern der öffentlichen Gesundheitsversorgung möglich sein, verbunden mit dem Recht auf eine mehrtägige Krankschreibung.

Du kannst dich auch politisch/aktivistisch engagieren. Es gibt in vielen Ländern Bündnisse zur sexuellen Selbstbestimmung und junge Netzwerke für Menschen, die für ihre sexuellen und reproduktive Gesundheit und Rechte einstehen. Schau zum Beispiel mal beim Jugendnetzwerk von Sexuelle Gesundheit Schweiz vorbei oder bei pia - pro familia in action.

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