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Frage Nr. 35553 von 31.08.2022

Bezugnehmend zu Frage 35503

Ich habe das auch schon einmal in einem deutschen Buch/ auf deutsch gelesen (leider weiß ich gerade weder Titel noch Autor, daher auch nicht ob es nur eine Übersetzung war etc).
Da wurde das nämlich auch erklärt, dass die klitorale Stimulation förderlich ist, da sich die Vagina weitet, das kann ja logischerweise nur gut sein, unter der Geburt.

Ich selbst habe das leider erst nach der Geburt meines Kindes gelesen.
Als ich in der Klinik ankam und während der Wehenarbeit und mit steigender Intensität, habe ich mir bei jeder Wehe irgendwann angefangen auf die äußeren Scham Lippen zu drücken mit der Hand, bzw den Fingern. Heute weiß ich, dass das auch eine indirekte klitorale Stimulation war, da sich ja dort auch die Schwellkörper befinden. Damals war das rein intuitiv, ich habe das gar nicht bewusst gemacht, es hat sich auch nicht sexuell erregend angefühlt sondern hat den Schmerz erträglicher gemacht. Es ist auch sonst eher nicht meine Haupt Erregungstechnik. Naja, jedenfalls war ich auch viel zu sehr mit mir beschäftigt und habe mir auch keinen Kopf gemacht, wie das wohl wirken könnte auf andere....das Klinik Personal hat mich leider ausgelacht...Ich war so beschämt, dass ich damit sofort aufgehört hatte. Das hat mich im Nachhinein wirklich geärgert.

Ich habe erst danach mich zu dem Thema belesen und da gibt es durchaus Erfahrungsberichte aber eben auch Fachliteratur.
Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich mich nicht so leicht irritieren lassen bzw mir gleich einen pasenderen Geburtsort ausgesucht.
An anderer Stelle schreibt ihr auch, dass es einfach so logische Körperabläufe gibt, dass es sich fast automatisch ergibt, weil es einfach Sinn macht.

Ich würde mir sehr wünschen, dass wir als Gesellschaft, was das Thema Geburt angeht, immer mehr Selbstbestimmung den Gebärenden ermöglichen können. Ich schätze aber das auch das noch ein langer Prozess sein wird, weil er so vieles beinhaltet. So wie Dania Schiftan es ja auch in Coming Soon beschreibt, gibt es ja neben den anatomischen Bedingungen ja durchaus auch soziokulturelle Gründe, warum Frauen "bei uns" zb sich oftmals nicht oder nicht gut vaginal erforschen.
Bzw genital im Allgemeinen.
Da fängt ja das Problem schon an. Wenn man das tabuisiert, dorthin zu greifen, zu spüren, dann legt man eben auch keine Pipeline für kommende Geburten, wenn die Geburtshelfer dann allesamt selber so tabuisiert aufgewachsen sind, dann kann das ja auch nichts werden. Das ist ja neben der Kritik an Klinikmaschienerie ja auch noch einmal ein Punkt, dass da so ein geballter Themenkomplex zusammen kommt...

Klitorale Stimulation setzt ja sehr viel voraus in so einem Setting. Das sich alle damit wohlfühlen zb. Fängt ja schon damit an, dass man die klitorale Stimulation als erregend/ angenehm empfindet. Das tut man ja auch erst, wenn man das für sich üben konnte und damit mit sich im reinen ist. Und auch die Personen die die Geburt begleiten sollten da vielleicht eine aufgeklärte, reflektierte Haltung haben.

Die Sexualmoral ist ja schon deutlich besser geworden aber es ist immer noch Luft nach oben.
Manchmal denke ich auch, dass es so eine Art selbsterfüllende Prophezeiung ist, dass man glaubt, dass eine Geburt ganz schlimm und schmerzhaft sein muss und naja, dann kommt es auch so.
Ich hatte mich wirklich viel damit beschäftigt und hilfreich war wirklich alle Horrorstorys auszublenden und es so optimistisch wie möglich zu halten.

Ansonsten tolles Konzept und ich muss ein bisschen schmunzeln, wenn ich mir vorstelle, dass das demnächst der neue Job der Väter (oder wer auch immer unterstützt) im Kreißsaal ist

Unsere Antwort

Vielen Dank für deine Ausführungen. Du hast dich viel belesen und dir eine eigene Meinung gebildet. Möglicherweise hast du Lust, deine Erfahrungen mit anderen Frauen zu teilen und dich mit ihnen auszutauschen. Weisst du, dass es deutschsprachige Netzwerke gibt, die sich mit der Verarbeitung von Geburtserfahrungen beschäftigen? Das könnte dich interessieren. Schau doch mal auf den Seiten von geburtsverarbeitung.ch, traumageburtev.de, mother-hood.de oder hilfetelefon-schwierige-geburt.de

Es gibt auch einige Inititativen, die sich für eine fortschrittliche Sexualmoral einsetzen. Solche Initiativen nennen sich meistens sexpositiv. Wenn dich das interessiert, schau doch mal, was es in deiner Nähe gibt. Es gibt auch einige Literatur dazu. Ich könnte mir vorstellen, dass du da auf Gleichgesinnte triffst, vielleicht hättest du Lust, bei so einer Initiative mitzuwirken.

Ich würde gern noch auf einen Punkt aus deiner Beschreibung näher eingehen. Du schreibst, dass klitorale Stimulation die Vagina weitet. Das stimmt zum Teil. Denn Einerseits: Ja, die Vagina kann sich bei sexueller Erregung weiten. Du siehst das auf diesen Bildern:

Unterleib einer Person mit Vagina im Querschnitt zeigt die Vagina im Ruhezustand sowie umliegende Organe. Die Vaginawände liegen nah beieinander.Unterleib einer Person mit Vagina im Querschnitt zeigt die Vagina bei sexueller Erregung sowie umliegende Organe. Die Vagina ist weit und aufgespannt wie ein Ballon.Andererseits: Die Vagina weitet sich durch gesteigerte Durchblutung. Wenn du die Muskeln im Beckenboden sehr anspannst, ist die Durchblutung der Vagina nicht mehr so gut. Denn die Muskeln drücken so stark, dass das Blut nicht mehr so gut fliessen kann. Das kannst du testen: Mach mal eine Faust mit viel Muskelkraft und schau mal, wie sich um deine Knöchel die Farbe der Haut verändert. Siehst du, dass es weiss wird? Hier kommt jetzt weniger Blut hin. Wenn die Vagina durch die stark angespannten Muskeln wenig durchblutet ist, kann sie auch nicht so weit und feucht werden. Dann spürt die Person zwar sexuelle Erregung durch äussere Stimulation der Klitoris, doch die Vagina weitet sich nicht so sehr. Sexuelle Erregung durvh vaginale Stimulation hingegen bewirkt, dass sich dei Vagina erweitert.

Wie viel Einfluss eine durch sexuelle Erregung geweitete Vagina auf den Verlauf einer vaginalen Geburt hat, kann ich nicht abschätzen. Dazu bräuchte es Forschung, um darüber klarere Aussagen zu treffen.

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