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Frage Nr. 35659 von 21.09.2022

Liebes lilli-team
Erstmal danke für eure Arbeit!
Ich bin 26(w) und mich beschäftigt seit einiger Zeit Folgendes:
Als ich zwischen 13-14 Jahren alt war, habe ich einen Nachbarsjungen der fast 5 Jahre jünger ist, also damals 8-9 Jahre alt war, sexuell missbraucht/belästigt.
...
Ich habe ein mega schlechtes Gewissen und grosse Schuldgefühle deswegen und weiss nicht an wen ich mich damit wenden kann.
Vor ca. 2 Jahren hat mich das Ganze auch sehr beschäftigt und ich habe mich dann via WhatsApp bei ihm mit einer langen Nachricht gemeldet und entschuldigt.
Er hat sehr selbstreflektiert und ausführlich geantwortet. Und zwar hat er geschrieben, dass für ihn diese "Doktorspiele" wie er sie nenne, viel bessere und wichtigere Erfahrungen waren, als das Internet und die Pornowelt die danach in sein Leben getreten sind. Auch hat er sich bei mir entschuldigt und geschrieben, dass er auch nicht immer nach Konsens gehandelt hätte. Auch schreibt er, dass er keine negativen Gefühle und Gedanken mit diesen Spielen in Verbindung setzt.
Damals vor zwei Jahren ist mir beim Lesen dieser Nachricht ein Stein vom Herzen gefallen, jetzt als ich zum ersten Mal wirklich ausgerechnet habe, wie alt er war und wie alt ich, zweifle ich sehr, dass das ok war.
Denn ich war eine Teenagerin und er war ganz klar noch ein Kind. Auch habe ich nach Recherchieren herausgefunden, dass es ganz klar eine gesetzlich verbotene Straftat ist, die ich begangen habe, auch wenn ich noch nicht 16 Jahre alt war damals. Ich kann mir ausserdem vorstellen, dass er es auch nicht so richtig einordnen kann und vielleicht die negativen Gefühle auch verdrängt. Da er bis heute mit meinem Bruder befreundet ist und wir uns deswegen ab und zu sehen, würde es ausserdem auch seine sozialen Kontakte gefährden, wenn er mich zum Beispiel anzeigen würde. Ich weiss nicht an wen ich mich wenden kann, um einerseits mir zu helfen aber auch ihm. Vielen Dank für eure Zeit und Hilfe!

Unsere Antwort

Du hast dich bereits mit deinem schlechten Gewissen auseinandergesetzt. Du hast dich bei dem Jungen, der inzwischen erwachsen ist, gemeldet und dich entschuldigt. Er hat die Erfahrungen, die er mit dir gemacht hat, als ‚Doktorspiele‘ erlebt und schätzt diese Erfahrungen. Warum glaubst du ihm nicht? Er ordnet seine Erfahrung für sich selbst richtig ein. Zudem weiss er, dass du dich, ebenso wie er, an die sexuellen Handlungen erinnerst. Wenn sich seine Haltung ändern sollte und er vielleicht findet, dass ihm die Erfahrungen nicht gutgetan haben, kann er sich bei dir melden. Dann gibt es Gesprächsmöglichkeiten. Bisher ist alles geklärt. Besser wirst du dein Verhalten nicht aufarbeiten können.

Deine Frage zeigt, wie schwierig es für Kinder und Jugendliche ist, ihre Sexualität zu entwickeln und immer im ganz bewussten Konsens zu handeln. Darum finden wir Aufklärung so wichtig. Wenn es ein selbstverständliches Wissen für alle wäre, dass Spiele nur mit Konsens Spiele sind, hättest du wahrscheinlich anders gehandelt.

Du hast recht, dass deine Handlungen als sexuelle Handlungen mit einem Kind gewertet werden könnten. Es obliegt aber immer einem Richter, die besondere Situation einzuschätzen und zu bewerten. Dies setzt eine Strafanzeige voraus. Du schreibst, dir sei vor zwei Jahren ein Stein vom Herzen gefallen. Lass den Stein liegen.

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