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Frage Nr. 36535 von 14.03.2023

Liebes Lilli-Team,
ich bin weiblich und Anfang 40. Seit 15 Jahren bin ich mit meinem Freund zusammen, wir haben keine Kinder. Viele Jahre hat er mich immer wieder abgewiesen und wir hatten keinen Sex. Ich habe damals versucht ihm zu helfen, eine Paartherapie vorgeschlagen u.v.m. Es hat sich nichts geändert. Zu der Zeit habe ich durch Zufall einen ehemaligen Bekannten getroffen, der ebenfalls gebunden war. Wir haben uns in unregelmäßigen Abständen getroffen und miteinander geschlafen. Vor einigen Monaten hat seine Frau ihn verlassen. Danach haben wir unsere "Beziehung" richtig ausgelebt. Ich war so glücklich und habe mich sehr lebendig gefühlt. Nach und nach merkte ich natürlich, dass er immer unzufriedener wurde. Ich kann das natürlich sehr gut verstehen, ich hatte nur begrenzt Zeit und habe mein "normales" Leben weitergelebt.
Meinem Freund gegenüber hatte ich selbstverständlich kein gutes Gefühl aber endlich wurde ich richtig und bedingungslos geliebt und das habe ich sehr genossen.
Nun ist es so, dass meine "Nebenbeziehung" sich total zurückgezogen hat. Er spricht es nicht aus, ich merke aber, dass er "Druck" macht und in der jetzigen Situation (zurecht) unzufrieden ist. Über eine Trennung von meinem Freund denke ich schon länger nach, ich bin aber nicht mutig genug und bin unsicher, ob ich es bereuen würde. Meine Gefühle für ihn sind zwar nicht vergleichbar mit den Gefühlen zu dem anderen Mann, aber ich weiß auch nicht, ob ich es ertragen könnte, wenn mein Freund irgendwann eine andere Beziehung hätte.
Ich möchte niemanden verletzen und bin total verzweifelt. Habt ihr einen Tipp für mich?
Herzlichen Dank im Voraus.

Unsere Antwort

Du scheinst gerade in einem ziemlichen Gedanken- und Gefühlschaos zu stecken. Da kann es sehr helfen, mal ein bisschen zu sortieren.

Ich empfehle dir dafür, eine kleine gedankliche Zeitreise zu machen, um einen klareren Blick auf deine momentanen Beziehungen und deine Wünsche zu bekommen. Schreib all deine Antworten auf und nimm dir Zeit dafür. Du kannst diese Übung auch auf mehrere Tage aufteilen.

  1. Der Blick zurück: Es ist sinnvoll, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen, statt nur das aktuelle Dilemma zu sehen. Reflektiere, was du mit deinem Freund schon alles erlebt hast und was euch verbindet. Überleg: Wie habt ihr euch kennengelernt? Wie hast du dich in der Anfangszeit eurer Beziehung gefühlt? Was hat dich zu ihm hingezogen? Schau auch mal, welche unterschiedlichen Phasen eure Beziehung so hatte. Seid ihr zum Beispiel zusammengezogen? Das wäre eine neue Phase. Und wie würdest du die Phase beschreiben, in der du deine Außenbeziehung begonnen hast? Was war in diesen Phasen deiner Beziehung jeweils wichtig für dich? Vielleicht stellst du dabei auch fest, dass ihr nie wirklich zueinander gepasst habt und die Beziehung eigentlich immer unbefriedigend war. Auch eine solch unangenehme Erkenntnis ist wichtig.

  2. Der Blick auf die Gegenwart: Nun schau auf deine momentane Situation. Was lässt dich daran zweifeln, ob du diese Beziehung fortsetzen möchtest? Was sind eure fundamentalen Konflikte? Welche Bedürfnisse kannst du in deiner Beziehung gerade nicht befriedigen? Was sind die positiven Anteile der Beziehung? Was schätzt du? Was tut dir gut? Was sind die Gründe, wieso du dich bisher nicht getrennt hast, obwohl du schon länger darüber nachdenkst? Was gibt dir diese Beziehung momentan? Sicherheit? Stabilität? Und was gibt dir deine Außenbeziehung? Was ist an ihr anders?

  3. Der Blick in die Zukunft: Versuche, dir jedes Szenario möglichst lebhaft auszumalen. Dafür musst dir erst einmal klar sein, was die Szenarien sind. Ich sehe diese vier Optionen: Trennen und mit deiner Außenbeziehung „richtig“ zusammenkommen. Trennen und Single sein. Nicht trennen und Außenbeziehung beenden/verlieren. Nicht trennen und Außenbeziehung aufrechterhalten. Vielleicht siehst du aber auch weniger oder mehr Möglichkeiten. Versuche, dir möglichst unzensiert jedes Szenario vorzustellen, lass deiner Fantasie freien Lauf. Stell dir dabei Fragen wie: Was geschieht, nachdem du deinen Partner(n) deine Entscheidung mitgeteilt hast? Was fühlst du und was tust du? Wie reagieren deine Partner? Was verlierst du und was gewinnst du? Wie verändert sich deine jetzige Außenbeziehung, wenn sie zu deiner Hauptbeziehung wird? Was gewinnt ihr dadurch? Was verliert ihr? Hast du Zweifel, und wenn ja, welche? Welche Wünsche hast du an deine zukünftige Beziehung?

Diese Übung kann dir helfen, zu analysieren, was genau dir eigentlich fehlt und was du dir wünschst. Das ist wichtig, um eine gut überlegte Entscheidung zu treffen. Außerdem läufst du sonst Gefahr, auch in einer etwaigen neuen Beziehung wieder an ähnliche Punkte zu kommen. Lies auch mal unseren Text Wie entscheide ich mich zum Schlussmachen?

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