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Frage Nr. 37050 von 11.06.2023

Hallo Lilli
Vor 3 Jahren wurde in der Beziehung mit meinem Expartner bei im Herpes genitalis festgestellt. Er hatte viele Ausbrüche und ein halbes Jahr später auch mich angesteckt. Ich habe selten Ausbrüche, wenn dann nach längern andauernden belastenden Lebenssituationen. Nach der Trennung von meinem Ex, fallen diese nun komplett weg und ich bin sehr zuversichtlich, dass ich nun seehr lange keinen Ausbruch mehr haben werde. Wenn ich es habe, behandle die betroffene Stelle mit einer Zinktinktur, damit die betroffene Stelle schneller austrocknet und abheilt. So war nur die Erstinfektion wirklich schlimm für mich. Seit 7 Monaten bin ich getrennt. Nun möchte ich gerne wieder einen Mann kennen lernen. Mir ist es wichtig, die Person über meine Herpesinfektion zu informieren. Jedoch habe ich die Erfahrung gemacht, dass sobald ich mich „geoutet“ habe, die Männer auf Abstand gehen und ein näheres Kennenlernen nicht mehr möglich ist. Ich kann die Männer gut verstehen. Mir wäre es auch lieber gewesen, wenn ich nicht vor vollendete Tatsachen gestellt worden wäre und bereit in der Kennenlern-Phase eine Entscheidung für mich hätte treffen können, bevor ich zu viele Gefühle, Hoffnungen und Träume in diesen Mann gesteckt hätte. Es ist frustrierend für mich, da die Erkrankung in meinem Leben fast keinen Einfluss hat. Ich fühle mich gesund und denke kaum daran, dass ich Herpes habe. Und dennoch scheint es so, dass das Ausleben meiner Sexualität und das Finden eines Lebenspartners mit Herpes unmöglich ist. Ich bin bald 33. Wie soll ich mit der Diagnose Herpes genitalis beim Kennenlernen von Männern umgehen? Wann ist der richtige Zeitpunkt den Mann darüber zu informieren? Gibt es in der Schweiz eine Austauschplattform für Betroffene? Ist es realistisch auf eine Impfung zu hoffen? Ich danke euch für eure Antwort.

Unsere Antwort

Das Bundesamt für Gesundheit schreibt über Herpes (Stand 2019) folgendes:

Rund 70 % der Bevölkerung tragen das Herpesvirus HSV-1 und 20 % das Herpesvirus HSV-2 in sich. Bei rund 80 % der mit HSV-2 infizierten Personen bleibt die Infektion asymptomatisch.

Das heisst schon mal, dass im Durchschnitt jede 5. Person, der du begegnest, ebenfalls Herpesviren des Typ HSV-2 in sich trägt. Viele davon haben niemals Symptome, aber das heisst nicht, dass sie es nicht auch übertragen können. Man weiss das einfach nicht genau.

Ich spreche vom Typ HSV-2, weil das der Typ ist, welcher meistens im Genitalbereich anzutreffen ist. Es ist aber auch möglich, dass es sich bei den Viren im Genitalbereich um HSV-1 handelt.

Also mit anderen Worten: Du bist keine Ausnahme. Es ist zwar gut, dass du dich darum kümmerst, dass du möglichst niemanden ansteckst. Aber ich finde, du lädst zu viel Verantwortung auf dich. Du kannst es nicht kontrollieren, ob sich jemals jemand durch dich anstecken wird. Wenn man sexuell aktiv ist, besteht immer das Risiko, dass man selber mit etwas angesteckt wird oder andere ansteckt, auch wenn man Safer Sex Regeln beachtet. Die einzige Möglichkeit tatsächlich niemanden anzustecken, wäre ganz auf Sex zu verzichten. Aber das ist unrealistisch und völlig übertrieben.

Du solltest auf Geschlechtsverkehr verzichten, wenn du gerade einen Ausbruch von Herpes genitalis hast. Aber ich gehe mal davon aus, dass dir dann sowieso nicht danach ist. 

Wenn du den Mann darüber informieren möchtest, musst du ihm vielleicht auch genauer erklären, was HSV ist und wie sich das Virus verhält und wie genau es zum Beispiel bei dir damit aussieht. Also du fühlst dich ja gesund. Wenn man einfach nur das Wort hört und dass es eine sexuell übertragene Krankheit ist, entsteht schnell ein Fluchtreflex aus Angst.

Ich würde dir empfehlen, deinen Glaubenssatz „Ich muss unbedingt sofort ehrlich sein und bei mir liegt die ganze Verantwortung“ zu überdenken. Dann wird es dir auch einfacher fallen zu spüren, wann der richtige Zeitpunkt ist und wie du es dann genau sagst. Es gibt da kein Patentrezept. Aber durch zu starke Glaubenssätze engst du dich selber ein und weisst schlussendlich nicht mehr was machen.

Du könntest dich auch nochmal damit beschäftigen, dass es im Leben keine absolute Sicherheit gibt. Und wenn du als Mensch so eine Bürde (die volle Verantwortung für die Sicherheit) übernehmen willst, ist das nicht möglich. Auf der einen Seite macht dir das Virus ja nicht viel aus, aber auf der anderen Seite siehst du es als höchst gefährlich an. Zumindest hört es sich so an, wie du es beschreibst. Dieses „höchst gefährlich“ schwingt dann natürlich immer mit und dein Gegenüber spürt das auch.

Weisst du, keiner hat die „Schuld“, wenn man sich ansteckt, wenn man die normalen Regeln beachtet (kein Sex bei Ausbruch ). Es gehört einfach zum Leben dazu. Du hättest dich auch bei jemandem anstecken können, der keine Symptome hatte und der deshalb auch nichts davon gewusst hat.

Ich hoffe, du verstehst, was ich meine. Ich möchte dir nicht davon abraten, darüber zu sprechen. Ich finde nur, dass du für dich selber da ein wenig den Druck rausnehmen solltest. Also ein gesundes Mittelmass für dich finden, wäre gut.

Es gibt noch keine Impfung gegen Herpes simplex. Wann und ob die Impfung überhaupt kommt, ist fraglich.

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