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Frage Nr. 40142 von 07.09.2025

1) Ich bin 25 schwul und hatte bis auf ein Mal einen Handjob noch keine sexuellen Erfahrungen. Mein Problem ist, dass immer, wenn mich eine andere Person am Bauch berührt, es sich wie eine Art Schmerz anfühlt und ich mich dann, wie aus der Vogelperspektive beobachtet fühle. Dadurch habe ich keine Lust mehr weiterzugehen und breche irgendwann die Situation ab. Was kann ich in der Situation tun?
2) Ich hatte lange Probleme mich als schwul zu identifizieren und meine fehlende Erfahrung als sehr unmännlich angesehen. Seit einem Jahr geht es mir aber besser damit und ich kann mir für meinen Lebensweg verzeihen und habe seitdem viele Orte besucht und viele Dates gehabt. Nun möchte ich aber weder zynisch, noch selbstbemitleidend auf die nächsten Schritte blicken, was ich in der Vergangenheit zu viel getan habe. Ich weiß auch, dass ich als Person von meinem Charakter und von meinem Aussehen etwas zu bieten habe. Ich nehme mir die Zeit, aber habe ein bisschen Angst, da viele queere Angebote bis 27 begrenzt sind. Allerdings fehlt mir ein bisschen die Orientierung, in welchem Kontext ich sexuelle Erfahrungen sammeln könnte? Ich date sehr viel aber bin davon schon etwas müde, in sexpositiven Clubs fehlt mir der Mut Sex zu haben und mich zu entspannen und auf für Grindr passe ich mit meiner Unerfahrenheit und dem Umgang dort nicht rein. Ich wüsste nicht, wo ich das am besten angehen soll bzw. was mir gut tut. Mich erst auszuprobieren, eine Beziehung suchen, das sind Fragen auf die ich keine Antwort weiß, aber aufgrund meiner Unerfahrenheit komme ich hier nicht weiter.
3) Wie solle ich meine Unerfahrenheit in solchen Settings kommunizieren ohne peinlich zu wirken, da ich ja bald schon 26 werde?

Unsere Antwort

Total stark, wie offen und reflektiert du über deine Erfahrungen und Wünsche schreibst.

Zu deiner ersten Frage: Du nimmst Berührungen am Bauch als unangenehm, sogar schmerzhaft wahr. Unser Körper reagiert manchmal auf bestimmte Reize mit Spannung oder Abwehr, besonders dann, wenn diese Region noch nicht positiv mit Lustgewinn oder dem Gefühl der Sicherheit verknüpft ist. Dein Körper schützt dich in solchen Momenten. Dein Gefühl, dich von außen „wie aus der Vogelperspektive“ zu beobachten, deutet darauf hin, dass du in solchen Momenten in eine Selbstbeobachtung und Distanz gerätst, und dabei das Spüren verlierst.

Erforsche Schritt für Schritt selbst, wie sich verschiedene Berührungen anfühlen – zum Beispiel, indem du in Ruhe deine Hand auf den Bauch legst und bewusst ein- und etwas länger ausatmest, um ein Gefühl von Sicherheit und Kontrolle zu entwickeln. So kannst du langsam neue, positive Empfindungen aufbauen, und dich in deiner Selbstwirksamkeit bestärken, um die Berührungsempfindsamkeit zu reduzieren.

Wenn du dort die Hand einer anderen Person empfängst, dann frage diesen Menschen, ob du seine Hand führen darfst, um zu zeigen wie du Berührungen am liebsten magst. Das ist ein sehr gutes Übungsfeld für erotisches Kommunizieren. Vielleicht teilst du mit, dass die berührende Hand zu Beginn erst mal nur auf einer Stelle am Bauch bleiben soll – möglicherweise Wärme spendend, während ihr euch küsst. Du kannst der empfangenen Berührung zustimmen, indem du das mit Worten ausdrückst und mit wohligen Lauten bestärkst. Oder du kannst mit deiner Hand die berührende Hand an eine andere Körperstelle führen, vielleicht begleitet von den Worten „Mein Bauch ist (noch) nicht empfangsbereit, ich führe dich an einen anderen Ort“.

Es ist sehr positiv, dass du dich inzwischen besser mit deiner Homosexualität identifizieren kannst und deine bisherigen Schritte wertschätzt. Es gibt nicht den einen richtigen Weg, sexuelle Erfahrungen zu sammeln. Wichtig ist, dass du den Rahmen findest, in dem du dich sicher und wohl fühlst. Dates, Clubs oder Apps sind nur Möglichkeiten – lass dir Zeit und finde heraus, was wirklich zu dir passt und wo du am besten entspannen kannst. Manchmal entstehen gute Erfahrungen auch aus Begegnungen, die nicht sofort auf Sex ausgerichtet sind, sondern erst Vertrauen schaffen. Wo es Angebote für junge Menschen bis 27 gibt, gibt es meist auch fortführende Gruppen für das Lebensalter darüber hinaus. Vielleicht gibt es auch eine Gruppe mit einer bestimmten Freizeitaktivität, die dir gemeinsam mit anderen Spass machen könnte.

Und zur Frage, wie du deine Unerfahrenheit kommunizieren kannst: Viele Menschen sind überrascht, wie entlastend es ist, offen zu sagen: „Ich habe bisher wenig Erfahrung, bin aber neugierig.“ Das wirkt nicht peinlich, sondern ehrlich – und gibt dem Gegenüber die Chance, sich darauf einzulassen. Zugleich setzt du einen selbstbewussten Rahmen.

Du bist schon auf einem guten Weg: Du kennst deine Stärken, du reflektierst deine Bedürfnisse und du gehst achtsam mit dir um. Vertraue darauf, dass deine Schritte – so klein sie auch wirken – dich deinen Wünschen näherbringen.

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