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Frage Nr. 33642 von 20.09.2021

Liebes Team

Ich bin männlich und zwischen 23 und 26 Jahren alt. Bezüglich meines sozialen Geschlechts, bin ich innerlich eher in einer Findungsphase. [...] Die Vorstellung "Ich bin ein Mann" fühlte sich irgendwie komisch an, da ich oft das Gefühl hatte, nicht das zu erfüllen was es ausmacht männlich zu sein. Das belastete mich, ab dem Jugendalter, wo Sexualität zwischen Mann und Frau anfing eine Rolle zu spielen. [...]

Ich bin seit ca. 1 1/2 Jahren in einer Beziehung mit einer Frau. Wir führen im Grunde eine sehr schöne und kommunikativ offene Beziehung. Wir können über vieles Reden. Es gibt aber immer wieder Themen, welche alleine durch reden nicht gelöst werden können. Eines davon ist die sexuelle Lust. Von meiner Seite besteht ein sehr grosses Verlangen nach sexueller Nähe und dem Wunsch die eigene Sexualität zu entdecken. Dies führt zu einem grossen Druck für meine Freundin. Wir wissen beide nicht genau wie mit Solchen Situationen umzugehen ist. Wären diese seltener, würde ich hier nicht schreiben. In letzter Zeit sind diese jedoch sehr präsent und belasten unsere Beziehung.

Wie das genau abläuft: Ich bin meistens Morgens sehr erregt und suche Nähe. Ich denke dabei nicht gleich an Sex, sondern geniesse einfach Berührungen. Sie merkt dann aber (und über das haben wir schon oft gesprochen, deshalb schreibe ich hier auch für sie), dass ich Lust habe und sie das nicht erwiedern kann. Der daraus entstehende Druck führt zu Ablehnung und einer Art Flucht. Sie steht dann meistens auf und meint, sie müsse noch etwas machen heute und will nicht einfach im Bett bleiben. Das ist von meiner Seite dann auch ok. Jedoch ist diese Situation schon so oft vorgekommen, dass ich mich gar nicht mehr getraue sie irgendwie zu berühren. Wenn ich dass dann aber doch mal mache, weil ich denke, vielleicht ist es ja heute anders, bin ich entäuscht über ihre Reaktion. Das bekommt sie dann mit und fragt nach wieso? Insgeheim weiss sie mittlerweile, dass es mit ihrer Reaktion zu tun hat und ich getraue mich dann gar nicht zu äussern wieso. Dies aus dem Grund, weil ich weiss, dass das Thema wieder zum Druckaufbau bezüglich "Lust und keine Lust" führt. [...]Wie soll ich mich auf etwas einlassen, wenn in meinem Kopf ständig Fragen herumschwirren wie:

"darf ich das? Hat sie Lust? Habe ich Lust? Ich würde so gerne ihre Brüste berühren. Aber geht sie dann gerade wieder? Wieso empfindet sie nicht Lust für mich? Sie sagt doch ich sei atraktiv aber wieso empfinde ich ständig Lust für ihren Körper und sie nicht für mich?"

Anbei noch ein par Gedanken zu Sexualität. Von der körperlichen Lust die ich oben beschreibe unterscheide ich die eher sinnliche Lust. Natürlich ist da keine abstrakte Linie zu ziehen, aber ich habe im oben erwähnten Beispiel Lust auf ihren Körper. Wenn ich rein meiner körperlichen Lust folgen würde, liefe ich täglich mindestens 10 Frauen hinterher. Fragen wie "wie fühlt sich körperliche Nähe an mit einer dickeren/dünneren, sportlicheren Frau, einer mit kleineren oder grösseren Brüsten, jüngeren oder älteren Frau usw." verfolgen mich, meist in kurzen Fantasien täglich. Hat das eventuel auch mit dem Thema Lust und Unlust zusammen mit meiner Freundin zu tun? Irgendwie kann ich mir diese Frage auch selbst mit einem Ja beantworten, aber was ich damit anfangen soll weis ich nicht. Ich persönlich war vorallem im Jugendalter, aber auch später sexuell sehr unsicher. Der Gedanke, bei mir sei einfach alles bisschen verzögert, beruhigte mich. Mit 18 löste sich diese Anspannung, mit der ersten Beziehung mit einer Frau, welche ich beendete nach ca. 1 1/2 Jahren. Die Sexualität war da nicht das Problem. In meiner zweiten halbjährigen Beziehung hatten wir keinen Sex, da Sie sich nicht darauf einlassen konnte und ich akzeptierte das. Sie beendete dann die Beziehung sehr unerwartet, was mich noch ein halbes Jahr danach beschäftigte. Nach der zweiten Beziehung hatte ich zwei Jahre keine sexuellen Kontakte bis zu meiner jetztigen Beziehung. Soviel zu meiner sexuellen Geschichte, welche ja irgenwie mitschwingt in meiner Frage.

Um der ganzen Situation gerecht zu werden ist an diesem Punkt wichtig zu erwähnen, dass ich hier lediglich die Situation aus meiner Perspektive schildere. Sie erlebt diese Situation wieder aus einer ganz anderen Perspektive und das bin ich mir auch bewusst.


Meine Hauptfrage an euch ist nun Folgende:

Was gibt es für Möglichkeiten in diesem Thema (Sexuelle Lust/Unlust) Fortschritte zu machen? Geredet haben wir schon viel aber was können wir auch umsetzen? Wir haben auch schon über eine offene Beziehung geredet, wo Sexualität auch ausserhalb von unserer Beziehung stattfinden darf. Dabei sind wir momentan auf dem Standpunkt, dass wir dies nur versuchen, wenn ich und sie in unserer sexuellen Selbstwahrnehmung und Selbstsicherheit bereit sind auch mit grossen Eifersuchtsituationen umgehen zu können. Wir wollen nicht mit einem Gefühlsgraben zwischen uns zwei unterschiedliche Wege einschlagen. Und das sind wir, so glaube ich zumindest, noch nicht. Machen diese Überlegungen Sinn?
Und wie gehe ich mit meiner eigenen Lust um, wenn sie anfängt sich zuviel Raum in meinem Leben zu schaffen? Dabei spreche ich von der körperlichen/obrflächlichen Lust.

Ich freue mich auf eure Antwort!
Ihr könnt auch kürzen, wenn ihr Informationen als nicht relevant für eure Antwort seht.

Unsere Antwort

Du fühlst deine sexuelle Erregung. Du möchtest sie gern für sexuelle Aktivitäten mit deiner Freundin nutzen. Inwieweit nutzt du deine Erregung für dich allein? Befriedigst du dich selbst? Wie genau machst du das? Bist du dabei in Bewegung, atmest tief und kannst deine Lust geniessen? Wenn du morgens sehr erregt bist, berührst du dich dann selbst? Oder machst du alles davon abhängig, ob deine Freundin auch Lust auf Berührungen und Sex hat?

Es scheint, als würdest du mehr interpretieren als konkret erfragen. Was hindert dich, deine Freundin zu fragen, ob sie Lust auf Sex hat? Dir schwirren in diesen Situationen viele Fragen durch den Kopf. Meine Empfehlung: Sprich sie aus. Es ist wichtig, deine Freundin an deinen Gedanken teilhaben zu lassen. Für den Sex zu zweit tragt ihr beide die Verantwortung. Deshalb sprecht offen miteinander, was ihr euch wünscht und wo eure Grenzen liegen. Zeigt es euch nicht nur, denn das lässt vielen Annahmen freien Lauf. Annahmen, die möglicherweise gar nicht euren wirklichen Gefühlen entsprechen. Dazu empfehle ich dir auch unsere Tipps Reden über Sex ist hilfreich und erotisch. Sehr hilfreich ist es bei solchen Gesprächen, wenn auch Raum ist für Dinge, die die andere Person nicht so gerne hört. Dazu empfehle ich dir unseren Text Wieso ist Eigenständigkeit wichtig für eine gute Liebesbeziehung?.

Du schreibst, du warst sexuell unsicher. Und du beschreibst, dass du dich in deinem Mann-Sein auch heute noch unsicher fühlst. Könntest du dir selbst konkret beschreiben und zeigen, was du sexuell magst und was du nicht magst? Weisst du, was dich antörnt und was deine Erregung verschwinden lässt?

Du scheinst deine Lust eindämmen zu wollen. Schau doch mal, wie du deine Lust auch ohne deine Freundin genussvoll ausleben kannst. Ihr besprecht bereits mögliche Lösungen. Du denkst darüber nach, dass (sexuelle) Selbstsicherheit eine wichtige Fähigkeit sein könnte.

Wenn du daran arbeiten willst, mach dich interessant, attraktiv und sexuell anziehend. Geniesse dich, deinen ganzen Körper und deinen Penis. Beschäftige dich dafür ausführlich mit deiner Solo-Sexualität. Hör dir die Podcasts an, die wir empfehlen. Vielleicht hört ihr sie auch gemeinsam. So kann auch deine Freundin nachvollziehen, auf welchen Weg du dich mit dir selbst machst.

Redet darüber, ob auch deine Freundin an ihrer sexuellen Selbstsicherheit arbeiten möchte. Schildere deine Erfahrungen auf dem Weg zur (sexuell) selbstsicheren Person. Lass sie daran teilhaben.

Wenn du deine erotischen Fähigkeiten erweiterst, wird sich dies auf die sexuelle Beziehung mit deiner Freundin auswirken. Wenn du in der sexuellen Beziehung mit ihr weiterhin an Grenzen stösst, dann empfehle ich eine Sexualberatung als Paar. Dort lässt sich noch mal anders miteinander ins Gespräch und in Kontakt kommen.

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