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Frage Nr. 35043 von 16.05.2022

Antwort Zu #34970

Ihr habt bei mir ein paar Denkansätze angestoßen, die ich so noch nicht gesehen habe.
Dies liegt vor allem daran, dass Männer bei meiner Mutter häufig nicht als "majorenne" Wesen gesehen werden.
Bedeutet, Männer sind nach dieser Logik gar nicht fähig zu begreifen, dass sie mit ihren kurzen Haaren einem Klischee entsprechen, sie tun es einfach aus Pflegeleichtigkeit, weil sie die Regeln der Hygiene sowieso nicht beherrschen können.

Dies wird auch immer wieder deutlich, wenn ich davon rede, dass mein Cousin über mir seinen Kram nicht geregelt bekommt, inkl. seine Wohnung nicht sauber halten kann. Das Argument ist klar. Er ist ein Mann. Er kann es eben nicht besser.
Wie sollte ich dann auf die Idee kommen, zu hinterfragen, wieso Männer sich an dem Rollenbild stören könnten, wenn sie nur Entschuldigungen und Vorteile hieraus ziehen, da ein Mann mit langen Haaren ja in der Lage ist, sich zu pflegen.

Meine Intention ist aber weiterhin nicht, mich nur als Frau selbstsicherer zu sehen, sondern auch die Kommunikation zu üben.

Mein Ziel ist es, Konflikte anzusprechen und meinen Standpunkt klar zu verteidigen.
Dies kann man auf mehrere Arten tun. Man kann das Gegenüber provozieren, aufklären oder man kann es zu einer freien Diskussion einladen.

Meistens bevorzuge ich letzteres, aber manchmal ist keine Zeit dazu.

Letztens hatte ich Zeit dazu. Ich habe einen Mann kennengelernt und da es online war, habe ich erstmal kein Bild ins Netz gestellt. So konnte ich austesten, ob er auf meinen Charakter steht. Dann habe ich ich mich irgendwo auf einem öff. Platz ganz normal getroffen, also ohne Schminke etc.
Eigentlich hätte ich gedacht, mit dem riesen Rucksack und dem grün-gestreiften Pulli muss "Mann" jetzt doch mal die Augen kurz von der Frisur wegbekommen.
Aber auch hier kamen wir natürlich wieder auf das Thema, wobei er noch gefragt hat, ob mir die Haare abbrechen.
Super...

Beim zweiten Versuch habe ich mir dann doch mal etwas edleres angezogen. Zumindest einen schwarzen Rock und schönere Schuhe. Je kürzer der Rock, desto magischer der Blickfang, so sagt man. Es scheint zumindest etwas gewirkt zu haben.

Zur Selbstsicherheit gehört immerhin nicht nur, sich im eigenen Körper wohl zu fühlen, sondern auch, selbstsicher auftreten zu können. Das ist es, was mir noch fehlt.
Daher gehe ich gerne oftmals auch mal das Risiko ein, wie ein Steinbock mit den Hörnern zuzuschlagen und meine Kräfte zu messen.
Allerdings ist die jugendliche Naivität trotz meines langsam nicht mehr ganz so jugendlichen Alters noch gut bei mir vorhanden, so dass sich vor allem Menschen vor den Kopf gestoßen fühlen, die doppelt so alt sind.

Die Kunst muss also wohl darin liegen, die Nachricht nicht zur vermitteln, sondern sie auch auf einem Niveau zu vermitteln, das der andere versteht. Manchmal glaube ich, alte Menschen wollen nicht verstehen.

Und junge Menschen wollen sich wörtlich die Hörner abstoßen.

Wie kann ich meine sprachlichen Fähigkeiten so trainieren, dass ich sie noch besser einsetzen kann?

Unsere Antwort

Ist es eine Frage der sprachlichen Fähigkeiten? Du schreibst sehr differenziert. Das lässt darauf schliessen, dass du auch mündlich sehr gute sprachliche Fähigkeiten hast.

Ich glaube, es ist keine Frage der Sprache, sondern eine Frage der Einstellung. Ich finde es super, wie du dich damit auseinandersetzt. Du schreibst, dass deine Mutter eine verachtende Haltung gegenüber Männern hat. Du bist aufgewachsen in einem Milieu, wo Verachtung viel Platz hatte. Da verstehe ich, wenn du immer mal wieder verachtende Blicke auf dir spürst. Kannst du dir auch vorstellen, dass Menschen dir gegenüber wirklich wohlwollende Blicke haben? Das macht es leichter für dich, ihnen gegenüber eine wohlwollende Haltung zu haben.

Eine wohlwollende Haltung bedeutet: Sieh sie als Menschen. Mit Gefühlen und Bedürfnissen. Wenn du dich so einem Mensch gegenüber selbst behaupten möchtest, brauchst du eine offene Haltung gegenüber dem, was in ihm vorgeht. Ein echtes Interesse. Du sagst, manchmal ist keine Zeit für eine freie Diskussion. Ich glaube, dann ist auch nicht der richtige Zeitpunkt, einen Konflikt zu klären. Menschen werden nicht gern unter Druck gesetzt. Dann gehen sie eher in den Widerstand. Dann wollen sie nicht verstehen. Sie werden aber gern eingeladen – abgeholt dort, wo sie stehen. Dafür musst du dich in sie hineinversetzen.

Ich empfehle dir dieses Buch: «Konflikte im Kern gelassen lösen – Die Anatomie des Friedens» vom Arbinger Institute. Falls du Englisch kannst, hier noch das Original: "The Anatomy of Peace".

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