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Frage Nr. 35648 von 19.09.2022

Ich (m,23) leide darunter, ein People Pleaser zu sein. Dabei habe ich solche Angst, von anderen abgelehnt zu werden, dass ich mich bei geringsten Anzeichen von Ablehnung meistens zurück ziehe und mich miserabel fühle.

Um nicht schwach rüberzukommen, versuche ich meistens eine gute Körperhaltung einzunehmen und wenig Emotion zu zeigen. Das mir Letzteres nicht wirklich hilft ist mir klar, allerdings habe ich extrem Angst davor, Angst oder Scham zu zeigen.

Eine Kernüberzeugung, die ich dabei identifiziert habe ist die, dass ich die Wut, Verachtung und Ablehnung anderer mir gegenüber nicht aushalten kann und daran zerbreche, weil ich die anderen als übermächtig wahrnehme und mich als ganz klein.

Ein zweiter ist, dass sich die Ablehnung mir gegenüber dann bei anderen rumspricht und mich schnell keiner mehr mag und ich ausgeschlossen und lächerlich gemacht werde.

Das ging mir in der Schule so. Obwohl ich meinen Zustand kenne, habe ich bisher keinen Weg hinaus gefunden. Wenn ihr einen Vorschlag hättet, würde ich ihn gerne hören. Danke für eure tolle Arbeit!

Unsere Antwort

Ich schreibe hier Vermutungen auf. Schau mal, in wiefern das auf dich zutreffen könnte:

Du sprichst von Kernüberzeugung. Ich denke, da bist du auf der Fährte zum Kern deines Problems: Du siehst die anderen als dir gegenüber negativ eingestellt, verächtlich, ablehnend, wütend. Vielleicht stimmt das in der einen oder anderen Situation. Aber wahrscheinlich sind dir viele Menschen wesentlich neutraler oder sogar positiv gegenüber eingestellt. Du hingegen unterscheidest die einzelnen Menschen nicht, sondern wirfst sie alle in einen Topf. Du siehst sie als Feinde, und du bist ihnen gegenüber ständig im Flucht-Modus.

So ein Dauerzustand hat immer eine Logik, eine Vorgeschichte. Der Weg hinaus beginnt damit, dass du diese Logik verstehst. Sie steckt sehr oft in der Kindheit, in dem Umfeld, in dem du aufgewachsen bist – genau genommen im Elternhaus.

Wie sind deine Eltern mit den Situationen in der Schule umgegangen? Haben sie dir geholfen und dich unterstützt im Umgang mit anderen Menschen? Und falls sie das gemacht haben, warum ohne Erfolg? Was haben sie dir vorgelebt? Was hast du von ihnen gelernt? Welche Haltungen haben sie gegenüber Menschen? Wie gehen sie mit Menschen um? Wie hat dich das geprägt?

Meine Vermutung: Deine Eltern gaben dir offenbar kein tief verankertes Gefühl von Sicherheit und Selbstvertrauen. Sondern Angst, Ablehnung und Verachtung schwebten in der Luft – deutlich oder versteckt. Wenn du Angst oder Scham gezeigt hast, wurde das nicht adäquat getröstet. Du hast nicht gelernt, mit diesen Emotionen umzugehen.

Wir haben kürzlich ein neues Kapitel geschrieben, das sich unter anderem mit versteckter Gewalt im Elternhaus auseinandersetzt. Damit meine ich Denk- und Verhaltensweisen der Eltern, die schädlich sind für Kinder, aber denen sich die Eltern oft selbst nicht bewusst sind. Ich bitte dich, diesen Text zu lesen. Von dort wirst du auf weitere Texte verlinkt, die ich dir auch empfehle.

Vielleicht möchtest du uns danach wieder schreiben. Gib dann einfach die Nummer dieser Frage an.

Falls du uns nicht wieder schreiben möchtest, würde ich dir sehr empfehlen, dass du dich an eine Jugendberatung wendest oder eine Psychotherapie machst. Ich denke, du brauchst Unterstützung, damit du aus diesem Zustand hinauskommst und in ein Leben findest, in dem du andere Menschen nicht als Gefahr, sondern als Bereicherung erleben kannst.

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