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Frage Nr. 36528 von 14.03.2023

Hallo, ich bin männlich und 31 Jahre alt. Seit knapp einem Jahr habe ich eine eher weniger als mehr als solche zu bezeichnende Beziehung mit einer Frau, in die ich verliebt bin, sie ist sich ihrer Gefühle dagegen noch nicht sicher. Diesem emotionalen Ungleichgewicht sind wir uns bewusst und ich gehe damit auch ziemlich cool um, auch wenn ich natürlich gern auch hätte, ohne Zweifel von ihr geliebt zu werden. Auf der anderen Seite habe ich dafür den Struggle, in dieser ganzen Zeit mit ihr noch keine Richtige Erektion für mehr als ab und an Fellatio bekommen zu haben. Da reden wir zwar auch ohne Unterlass drüber und sie zeigt sich verständnisvoll. Doch ich merke, dass sie das Ganze trotz meinen Beteuerungen, dass das nicht ihre Schuld sei etc., mitnimmt und mehr und mehr auf Distanz zu mir geht. Ich für meine Seite wäre bereit, die sexuelle Situationen weiter zu begehren und ggf. Dann halt etwas anderes intim zu machen. Doch mittlerweile habe ich das Gefühl, dass die Frage "Klappts diesmal?!?!" Bei ihr absurderweise stärker vorhanden ist als bei mir. Entsprechende Kommentare fallen gerne mal, da das Fräulein sehr direkt ist :D
Also Fakt ist, ich rede mit ihr über wirklich alles, was meine sexuelle Erregung irgendwie behindern könnte und versuche stets, ihr kein Schuldgefühl zu geben. Aber ich merk, wie ihre Geduld deutlich sinkt. Ich versuche zwar, das Gefühl zu verdrängen, aber ja, das sind wohl Verlustängste, die sich einschleichen zu den Versagensängsten/Leistungsdruck, den ich beim Sex auch nicht ohne ihre weitere Hilfe überwinden kann. Panikattacken davor bis Erbrechen (psychose seit kindstagen in solchen Situationen, auch asexuell, solang ich die frau nur interessant finde - macht flirten schwer) und mangelnde Erektion hatte ich in meinen letzten 2 Beziehungen auch, bevor die Frau sagte, mich zu lieben. Ab da liefs wie geschmiert ohne dass ich wusste wie mir geschieht. Immerhin die Panikattacken sind nach einem tiefsinnigen und auch wieder ein wenig peinlichem Gespräch bei ihr jetzt weg, wenn wir uns mal häufiger als 1x/w sehen. Ist es Selbstbetrug, wenn ich meine, dass ich einfach das eindeutige Gefühl brauche, geliebt zu werden und in einer Beziehung zu sein? Is natürlich immer ein kleiner Killer, wenn sie erwähnt, dass Sex für sie bedeutungslos und nur Spaß sei oder sie nicht so verliebt sei wie ich etc.
Eure Seite habe ich durchgesuchtet, das Buch von Sztenc durchgelesen und ich mach diese und weitere Übungen für Beckenboden und co. Hinzu kommt dass ich 7 Jahre quasi depressiv war und in dieser Zeit weder Lust auf Sex noch Beziehung gehabt hatte. Das spielt sicherlich mit rein und daher folg ich eurer Theorie gern und mach alles eifrig. Trotzdem bleibt das große Fragezeichen bestehen. Ich bin auch am Überlegen, zusätzlich zum Sexualtherapeuten zu gehen. Sollte ich das tun? Selbst wenn das mit ihr nämlich in Kürze in die Brüche gehen sollte, was hart kacke wäre, wird die Sache ja nicht automatisch gelöst sein. Die Dame find ich so toll, an diese Theorie der "Die sexuelle Chemie/Anziehung ist entweder da oder nicht " glaube ich nicht, vor allem nicht bei meiner Fallkonstellation. Diese Sache und die mehrmaligen Konfrontationen (mind
Schon 15mal) würde ich nicht mitmachen, wenn mir das mit ihr nicht so viel bedeuten würde - paradoxerweise ist meine frustrationstoleranz auch Zeichen des leistungsdrucks, den ich mir selbst mache. Und ich frag mich echt, ob bei mir sexualität und liebe nunmal untrennbar mitnander verwoben sind oder ich mir das einbilde. Ist übrigens auch eine crazy frage hinsichtlich eigener wahrgenommener Männlichkeit, weil mir überall seit lebzeiten vermittelt wird, der Mann könne im Grunde problemlos ohne Gefühle Sex haben - und ich empfand das in Bezug auf eine reale Person noch nie so. "Nur für Sex" würde ich niemals so innigen Kontakt zu einer Frau suchen mit allem drum und dran, was eben nicht relevant für only Koitus ist.
Meine Anfrage is vllt komplex und noch komplexer formuliert, aber ich wäre euch echt dankbar, wenn ihr mir wie auch immer weiterhelfen könntet. Wie gesagt, so ziemlich alle eure Threads durchgelesen :)
Vielen Dank und Viele Grüße

Unsere Antwort

Zwei Punkte fallen mir bei dir auf:

1. Du orientierst dich zu viel am Aussen.

2. Du bist zu viel im Kopf, am Nachdenken.

Beide Punkte hängen auch irgendwie zusammen, ich werde es dir gleich erläutern.

Festzuhalten ist erst einmal, du bist in einer Beziehung. Die Frau möchte offenbar auch etwas von dir, sonst hätte sie ja schon Schluss gemacht. Du liebst sie. Wie sehr sie dich liebt, wissen wir nicht. Möglicherweise liebt sie dich genauso, wie du sie, aber sie hat innerlich andere Ansprüche an sich. Das heisst, sie erwartet vielleicht, dass sich „wahre“ Liebe anders oder stärker anfühlen sollte. Es kann auch sein, dass sie dich genauso liebt, aber ihre Gefühle aufgrund von irgendetwas nicht zulassen kann. Das können Verletzungen aus der Kindheit sein oder Angst vor zu grosser Nähe oder Angst, die Unabhängigkeit zu verlieren. Oder es können noch ganz andere Ursachen sein, die das Gefühl der Liebe zuschütten oder zum Teil unterdrücken. Das kannst du nicht wissen. Vielleicht weiss es deine Freundin, vielleicht ist es aber auch für sie nicht bekannt, weil es unterbewusst ist. Wie gesagt, offenbar liegt ihr ja was an dir, sonst würdet ihr nicht schon ein Jahr zusammen sein.

So komme ich jetzt zu Punkt 1:

Es ist völlig irrelevant, ob deine Freundin darauf wartet, dass sich ihre Gefühle entwickeln. Du solltest bei dir schauen, ob du mit der Situation, so wie sie jetzt ist, zufrieden bist. Da ihr jetzt ja schon ein Jahr zusammen seid, ist die Wahrscheinlichkeit relativ klein, dass sie dir mehr an Gefühl entgegenbringen wird als im Moment. Sei also ehrlich zu dir und überlege dir, ob du mit ihr zusammenbleiben möchtest, wenn der Zustand unverändert bestehen bleibt.

Punkt 2:

Du liebst sie ja, also sind Lust und Liebe nicht getrennt. Lust und Liebe getrennt, das wäre eher bei einem One-Night-Stand der Fall. Da hätte der Mann oder die Frau Lust, aber es hat sich normalerweise noch keine Liebe entwickelt. Das heisst, du hast Lust und Liebe zusammen bei deiner Freundin. Wozu brauchst du also die Liebe deiner Freundin in Bezug auf deine Erektion? Du gehst offenbar davon aus, dass geliebt werden dir Sicherheit gibt. Oder, dass du geliebt werden musst, um eine Erektion zu bekommen. Du baust also deine sexuelle Erregung auf den Empfindungen des anderen auf. Das ist sehr ungünstig und passiert oft dann, wenn man weniger im Körper spürt, denn dann versucht man mehr über den Kopf zu regeln und baut sich Regeln und Kontrollmechanismen ein. So wie es bei dir ist. Sie muss dich mehr lieben, dann wäre das mit der Erektion kein Problem, so deine Aussage. Du sagst ihr zwar, dass das nicht ihre Schuld sei, aber gleichzeitig, gibst du ihr natürlich schon die Schuld: Weil sie dich nicht genügend liebt, kriegst du keine Erektion. Auch wenn du ihr gegenüber das nicht in Worte fasst, bekommt sie das natürlich mit. Du gibst ihr die Macht über deine Erregung und damit hat sie auch die Verantwortung. Kein Mensch wird gerne mit so etwas belastet. Selbst wenn Macht zu haben oft verführerisch wirkt, ist es doch die Kehrseite nicht. Wenn du nun anfängst mehr im Körper zu spüren, wirst du merken, dass du ganz alleine die Macht und Verantwortung für deine Erregung hast. Denn du wirst lernen, wie du deine Erregung auch ohne Konzepte (wer wen wie viel liebt) steigern kannst. Das heisst, du bist nicht mehr so abhängig vom Aussen/von der Partnerin. Sie kann dann deine Erregung weder kontrollieren (indem sie dich mehr oder weniger liebt), noch bist du weiterhin von ihr abhängig. 

Um aus diesem Kreis, in dem du dich drehst, herauszukommen, wäre es sehr gut, wenn du deinen eigenen Wert wieder mehr spüren könntest. Deinen Wert spürst du unter anderem dadurch, dass du wieder mehr in deinem Körper spürst und ihn weniger als Anhängsel deines Kopfes siehst. Wenn du dich selber spürst und wertvoll fühlst, muss nicht erst deine Freundin dir einen Wert geben (indem sie dich mehr liebt). Sich zu spüren und wertvoll zu fühlen, wirkt sehr anziehend und attraktiv. Du machst im Moment das Gegenteil. Du entwertest dich und setzt sie unter Druck, dir „Wert“ zu geben. Das ist ein Spiel von Kontrolle, Macht und Verantwortung. Es wäre cool, wenn es dir gelingen würde, das zu durchbrechen. Dann wirst du wieder freier sein, einerseits in Bezug auf deine Erregung und andererseits in Bezug auf DEINE Entscheidung. 

Falls du noch Fragen hast, schreib doch gerne noch einmal.

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