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Frage Nr. 36820 von 01.05.2023

Guten Tag
Ich habe seit Februar einen Studentenjob bei McDonald's. Eigentlich gefällt es mir sehr gut und
die Kollegen sind auch alle in Ordnung.
Gerade als ich angefangen habe, gab es jedoch oft Kunden (Männer, um genau zu sein), die ich als sehr unangenehm empfand. Meist waren es etwas ältere Männer, die zwar nichts "Falsches" getan haben, aber mit einer übertrieben freundlichen Art, die so von oben herab kam, andauernden Duzen und so diesem "Nahekommen und viel zu viel Augenkontakt" auf mich zu kamen. Manchmal fand ich es auch schon fast eklig, wie sie mich so von oben bis unten musterten. Ich finde es einerseits schon fast peinlich, dass es mich überhaupt so stört, denn sie haben ja wie gesagt nichts Falsches getan, ausser dass es halt etwas unangebracht ist und ich möchte eigentlich auch mit niemandem aus meinem Freundeskreis darüber reden, einfach weil ich Angst habe, es könnte danach klingen, ich wolle jemanden für etwas beschuldigen, was er gar nicht getan hat.
Aber trotzdem stört es mich ungemein, einfach, weil ich das Gefühl habe, nie wirklich ernstgenommen zu werden, auch weil ich die einzige weibliche Kollegin an der Kasse bin und es mich dann einfach noch mehr stört, wenn ich sehe, wie diese Kunden ganz anders auf meine männlichen Kollegen zugehen. Das liegt vermutlich auch daran, dass ich, als ich angefangen habe, gerade 20 geworden bin und die anderen, die auch an der Kasse arbeiten deutlich älter sind.
Zuerst habe ich es als Challenge angesehen, mit unhöflichen Kunden und diesen unangenehmen Männern umzugehen, da ich glaubte, es würde mir helfen, mich durchzusetzen, da ich eher der schüchterne Typ bin.
Mittlerweile habe ich aber das Gefühl, dass ich machen kann, was ich will und mich niemand ernstnehmen wird. Ich habe eigentlich geglaubt, grosse Fortschritte, was Selbstbewusstsein angeht, gemacht zu haben, aber dieser Job stellt das gerade wirklich ein bisschen in Frage...
Ausserdem möchte ich Ärztin werden und ich habe Angst, dass wenn mich nicht mal irgendwelche Kunden ernstnehmen, es nahezu unmöglich wird, wenn ich in ein paar Jahren dann in einem Krankenhaus anfange zu arbeiten...
Ich hoffe, ihr habt Tipps für mich wie ich damit umgehen kann.

Vielen Dank schon mal im Voraus für eure Antwort!

Unsere Antwort

Nimm dich selbst und deine Wahrnehmung ernst. Du bist als einzige Frau in einem Kassenteam in einer besonderen Rolle. Manche Männer werden dich freundlich und von oben herab behandeln, weil sie das mit allen Frauen so machen. Manche werden Dienstleisterinnen gegenüber besonders herablassend sein, weil sie die Kunden sind, die bezahlen und bestimmen. Sie werden abstreiten, dass sie mit ihrer Freundlichkeit, dem Augenkontakt und der vertraulichen Anrede die Situation sexualisieren. Du fühlst dich gestört, was verständlich ist. Du hast auch recht, wenn du deinen Job als Challenge ansiehst. Es gibt unangenehme Situationen. Die Challenge wäre, weder vor dir selbst noch vor dem Kunden den Respekt zu verlieren. Nimm es nicht persönlich, wenn jemand Anderer sich nicht benehmen kann. Braucht dein Selbstwertgefühl wirklich die Wertschätzung von herablassenden Menschen? Dein Selbstwertgefühl hat doch genug damit zu tun, die verdorbene Stimmung zu regulieren. 

Du könntest überlegen, welche Antworten im Rahmen deines Jobs als Abgrenzung möglich sind. Dazu kannst du dich über Seiten wie stil.de anregen lassen. Wenn du den Namen der Firma und «Verhaltensrichtlinien für Mitarbeitende» in deinem Browser eingibst, wirst du eine 56-seitige PDF-Datei erhalten, in der Respekt und Würde eine besondere Rolle spielen und eine Integrity-Nr. angegeben wird, die bei Problemen anonym genutzt werden kann. Zudem werden viele Aspekte professionellen Verhaltens behandelt.

Dir ist ja schon klar, dass du auch als Ärztin unangenehme Kundschaft haben kannst. Patient*innen haben oft Angst vor der ärztlichen Diagnose und/oder vor notwendigen Behandlungen und fühlen sich unsicher. Sie sind dann nicht deine persönlichen Feinde, auch wenn sie sich unangenehm verhalten. Deine eigene Unsicherheit darf nicht entscheiden, ob du Ärztin wirst oder nicht. Professionelles Verhalten kannst du lernen. Wir möchten dich sehr ermutigen, auch mit Kolleg*innen und Freund*innen über deine Erfahrungen zu reden. Viele machen ähnliche Erfahrungen wie du. Auch in solchen Gesprächen gilt die Respekt-Regel. Sätze wie «Das ist doch nicht so schlimm» oder «Du bist einfach zu empfindlich» sollten darin nicht vorkommen.

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