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Frage Nr. 37275 von 22.08.2023

Liebes lilli-Team,

ich möchte gerne herausfinden, warum mein Blick bei Frauen seit ein paar Monaten wieder verstärkt von Brüsten angezogen wird und, falls vorhanden, viel zu oft in "fremde" Décolletés fällt. Ich bräuchte eine Hilfestellung, um das tiefer sitzende Bedürfnis zu erforschen, das ich dahinter vermute. In anderen Aspekten meines Lebens gelingt mir die Erforschung meiner Bedürfnisse ohne fremde Hilfe. Bei weiblichen Brüsten zumindest noch nicht. Ich verspreche mir davon eine grundlegende Auflösung meines Problems, weil ich die Befürchtung habe, dass die reine Symptombekämpfung nicht erfolgreich sein wird.

Zu Beginn habe ich (m,50) versucht, mein Verhalten zu ändern, indem ich dieses mir noch unbekannte Bedürfnis einfach akzeptiert habe und mich bemüht habe, den Impuls in der jeweiligen Situation rechtzeitig wahrzunehmen und umzuwandeln. Wenn Kontext, sowie Situation, es hergeben, versuche ich dann stattdessen die Augenfarbe, die Frisur oder den Gesichtsausdruck meines weiblichen Gegenübers zu erfassen. In anderen Fällen versuche ich, meinen Blick zu weiten, damit ich die gesamte Person wahrnehmen kann, oder auf zum Beispiel Bäume oder Sträucher am Straßenrand zu fokussieren. Leider funktioniert diese Strategie nur, wenn ich konzentriert und achtsam bin.

Mein Verhalten bringt mich in drei Konfliktfelder:

1) Frauen, mit denen ich mehr im Kontakt bin, drücken es immer wieder aus, dass sie es als unangenehm und übergriffig empfinden, wenn Menschen, zu denen sie keine sexuelle oder erotische Beziehung haben, ihre Brüste anstarren. Ich kann das nicht nur sehr gut verstehen, sondern vor allem auch nachempfinden. Es gibt in meinem Umfeld gleich eine Reihe von Frauen, die es genießen, das ich ihnen gerne zuhöre. In diesen Gesprächen öffnen sie sich von sich heraus und so erfahre ich auch (ungewollt) das eine oder andere intime Detail aus ihrem Leben. In diesen Fällen ging es bisher immer um andere Männer. Und ich würde gerne in der Rolle des vertrauensvollen Gesprächspartners bleiben.

2) Die Brüste meiner Partnerin finde ich großartig. Weitere müssten mich eigentlich gar nicht interessieren. Zumal ich trotz langjähriger Beziehung immer noch ausreichend viel Gelegenheit habe, diese sehen und berühren zu dürfen. Ganz oft auch außerhalb eines sexuellen Kontexts. Wir haben Treue und sexuelle Exklusivität vereinbart. Und für mich gehört der Blick auf Körperteile anderer Frauen zu dieser von mir ganz frei gegebenen Zusage. In unserer Paarsexualität spielen ihre Brüste zwar durchaus eine Rolle, auf keinen Fall aber die Hauptrolle. Schon gar nicht als rein optischer Reiz oder zur ausschließlichen Steigerung meiner Erregung.

3) Ich finde: Nur, weil es einen Umweltreiz gibt, muss ich diesem nicht folgen. Das gibt mir innere Freiheit, ein gutes Selbstwertgefühl und auch den Eindruck von Selbstwirksamkeit. Mit anderen Umweltreizen, wie z.B. Süßigkeiten, Alkoholika oder zum Beispiel auch Büchern (die auf mich eine große Anziehung haben), gelingt mir das fast mühelos. Auch, wenn ich gestresst, müde oder frustriert bin. Gänzlich nackte Frauen, zum Beispiel in der Sauna, nehme ich übrigens im Gegensatz dazu kaum wahr.

Ich finde in Zusammenhang mit meinem menschlichen Umfeld Subjekte so spannend und bereichernd, dass mich eine Objektfixierung oder gar eine gewohnheitsmäßige Verwandlung eines Subjekts in ein Objekt selbst zutiefst stört.

Wie kann ich das angehen?

Unsere Antwort

Ich möchte dir einige Gedanken als Anstoss zum weiteren Nachdenken aufschreiben:

Wenn du schreibst, "Und für mich gehört der Blick auf Körperteile anderer Frauen zu dieser von mir ganz frei gegebenen Zusage.", heisst das, dass der Blick auf Körperteile anderer Frauen sich mit deinen Vorstellungen von Treue und Exklusivität verträgt oder nicht? Falls nicht, warum nicht?

Du schreibst, dass dich Brüste anderer Frauen eigentlich nicht interessieren müssten. Und du schreibst, dass du einem Umweltreiz nicht folgen müsstest. Möglich. Aber auch wenn es nicht sein müsste, warum darf es nicht sein? Meine Haltung ist ganz klar: Wenn du Brüste anziehend findest, dann ist es menschlich und voll okay, wenn du diesem Reiz mit deinen Blicken entgegenkommst.

Es gibt unter Sexologen eine interessante Erkenntnis, die damit zusammen hängt, was für Männer oder Frauen das wichtigste "Futter" für ihre sexuelle Selbstsicherheit ist: Für ganz viele Männer ist es, dass sie sexuell funktionieren. Für ganz viele Frauen ist es, dass sie sexuell attraktiv sind. Viele Männer, die Frauen nachschauen, spüren, dass sich dann etwas in ihrer Hose regt. Der Penis zeigt sich lebendig, gut funktionierend. Das bestärkt sie. Viele Frauen, die die Blicke der Männer spüren, fühlen sich dann sexuell attraktiver. Natürlich läuft das sehr automatisch und unbewusst ab. Aber ganz klar ist: Das machen ganz viele Menschen – auch wenn sie in Beziehungen sind. Mit Untreue hat das aus meiner Sicht überhaupt nichts zu tun, sondern mit guten Körpergefühlen und mit Selbstbestätigung.

Du erscheinst mir gebildet und analytisch. Aber auch als jemand, der sehr streng mit sich umgeht, wenn es um etwas geht, was menschlich ist. Brüste sind sekundäre Geschlechtsorgane, und sehr viele Menschen finden sie sexuell attraktiv. Frauen tragen Ausschnitte und brustbetonende BHs, damit ihre Brüste mehr auffallen. Viele Frauen freuen sich drüber, wenn ihr Brüste Männern gefallen. Die Objektivierung, oder die Differenzierung gewisser Körperteile als sexuell reizvoll, ist grundmenschlich. Nur weil du das so erlebst, bist du trotzdem ein respektvoller Mann, der Frauen ernst nimmt.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass du ein Mann bist, der auf Brüste "starrt". Starren – also mit tonischem Auge lang irgendetwas fokussieren – ja, das wird sehr oft als belästigend erlebt. Ich stelle mir eher vor, dass du dir jegliche Blicke verbieten möchtest. Wie wäre es, du würdest deine Blicke normalisieren und integrieren? Und dir vertrauen, dass du genug feinfühlig bist, dass du nicht starren wirst, sondern wohlwollend und nicht aufdringlich schaust?

Kurz gesagt: Wie wäre es, wenn du deine Bedürfnisse normalisierst und dich als normalen sexuellen Mann siehst? Oder: Wie wäre es, wenn du zugleich vertrauensvoller Gesprächspartner und sexueller Mann sein dürftest? 

Gern kannst du uns dazu wieder deine Gedanken schreiben. Gib dann einfach die Nummer dieser Frage an.

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