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Frage Nr. 37512 von 24.10.2023

Hallo, ich lebe seit 14 Jahren in einer Patchworkfamilie
Ich habe eineTochter mein Partner einen Sohn..beide mittlerweile Erwachsen. Mein Partner mit Sohn lebten in einem gesicherten Umfeld. Es gab keine Finanzielle Probleme..im Gegensatz zu mir und meiner Tochter. Wir lebten immer in Unsicherheit..

Nun ist es so das meine Tochter meisst ein schwieriges Leben führt sie wurde vergewaltigt und hat sei dem massive Schwierigkeiten Mental und Finanzielle..ich fühle mich dafür verantwortlich..

Der Sohn meines Partner wird mit dem Fühlhorn aller Zuwendung der Familie überschüttet..bei ihm läuft das Leben richtig gut er bekommt alles geschenkt aber auch beruflich läuft alles total super..

mich zerreißt das und belastet meine Partnerschaft ich fühle eine Vielzahl an negativen Gefühlen..was soll und kann ich tuen.
Liebe Grüße

Unsere Antwort

Oh, das ist eine herausfordernde Situation. Vor allem, wenn du den Erfolg des Sohnes deines Partners ständig so vor Augen geführt bekommst. Das kann stark verärgern – oder vielleicht ist es eher so, dass es dich verletzt? 

Zuerst ist es schon mal gut und wichtig, dass du erkannt hast, dass bei dir vermehrt negative Gefühle aufkommen. Es ist dir auch wichtig, dass diese negativen Gefühle nicht stärker werden und sogar deine Partnerschaft negativ beeinflussen. Das sind bereits die ersten Schritte für eine Veränderung.

Es ist vielleicht unfair, wie deine Tochter und der Sohn deines Partners unterschiedlich durch das Leben geprägt wurden. Doch keiner der beiden kann etwas dafür. Ebenso wenig du oder dein Partner. Das Leben und die Welt können leider verdammt unfair sein! 

Wir haben alle unterschiedliche Hintergründe, Stärken, Ressourcen, Schwächen und Ausgangslagen. Auch der Sohn deines Partners hat diese, ob das von außen sichtbar ist – oder nicht. 

Das Problem des Vergleichens ist jedoch immer, dass dabei die eine oder andere Seite geschwächt wird. Meistens schwächen wir unsere eigene Seite. Wir sehen uns also als "weniger als", "schlechter als"... Das hilft uns selten weiter und kann starken Frust bis zu Ohnmachtsgefühlen auslösen. Solche Gedanken schwächen und hindern uns oft, unsere eigenen Stärken, Erfolge, Leistungen und unseren Selbstwert zu erkennen.

Ich bin mir sicher, dass deine Tochter viele Stärken hat. Vielleicht sogar eben gerade, weil sie so eine herausfordernde Vergangenheit hat. Schon alleine ihr Dranbleiben, ihr Leben zu meistern, ist nach einer Vergewaltigung nicht selbstverständlich und hat viel Stolz und Hochachtung verdient.

Dass sie mehr mit mentalen und beruflichen Anliegen zu kämpfen hat, ist aufgrund ihrer Geschichte nicht verwunderlich. Umso wichtiger ist es, dass du ihre Stärken schätzt, an sie glaubst und ihr viel Mitgefühl schenkst. Pass auf mit Mitleid. Wenn du zu stark Mitleid mit ihr hast, schwächt sie das eher. Ebenso ist es für sie nicht hilfreich, wenn du dir die Verantwortung für ihr Schicksal gibst. Gerade für Opfer einer Missbrauchsgeschichte ist es wichtig, dass sie gegenüber ihren Eltern nicht das Gefühl haben müssen, dass es den Eltern ihretwegen schlecht geht. Meistens fühlen sich die Kinder sowieso selbst bereits schuldig und wenn sie sehen, dass die Eltern leiden, werden diese Schuldgefühle verstärkt.

Du beschreibst eure Vergangenheit als eher unsicher. Sicherheit könntest du ihr bieten, indem du vor allem die Beziehung zu ihr stärkst und ihr somit eine sichere Bindung bietest. Weiter können Stolz, Mitgefühl und dein Vertrauen in sie und in dich die Sicherheit stärken.

Vielleicht kannst du mal aufschreiben, was sie alles (trotz ihres Schicksals) erreicht hat? Was ist alles toll an ihr? Was magst du an ihr? Wofür kannst du stolz auf sie sein? Und auf was kannst du stolz sein, wie du sie als Mutter in all dem gestützt hast? Es ist nämlich auch extrem wichtig, dass du gut zu dir schaust und dich nicht noch mehr unter Druck setzt.

Versuche vermehrt den Fokus wieder auf die Beziehung zwischen dir und deiner Tochter zu legen. Wie kannst du sie unterstützen? Braucht es vielleicht noch mehr Unterstützung von aussen? (Therapie, finanzielle- und berufliche Beratung, und so weiter) Was könntet ihr Schönes unternehmen? Was tut ihr/dir und euch gut? 

Was deinen Partner betrifft, könntest du ihm vielleicht davon berichten? Nicht alle deine negativen Gefühle, aber dass du welche hast und dass du dich wieder mehr auf das Positive konzentrieren willst. Wichtig dabei ist, dass du immer von dir und deinen Gefühlen sprichst.  Du kannst ihm beispielsweise sagen:
„Ich bin froh, dich zu haben und ich mag deinen Sohn. Doch in letzter Zeit fällt es mir schwer, zu sehen, dass er so erfolgreich ist und meine Tochter so zu kämpfen hat. Ich möchte diese Gefühle aber nicht, da ich euch beide mag. Nun möchte ich mich wieder vermehrt um mich und meine Tochter kümmern und schauen, welche weitere Unterstützung wir organisieren können. Kannst du verstehen, dass es manchmal schwer für mich ist, die beiden im Vergleich zueinander zu sehen?“
Vielleicht kannst du ihn danach auch mal fragen, wie er die Lage empfindet? Wie geht es ihm mit seinem Sohn neben deiner Tochter? Vielleicht hat er ja auch Mühe und ihr könnt gemeinsam nach Lösungen suchen? 

Ich wünsche dir, deiner Tochter und deiner Patchworkfamilie alles Gute.

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