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Frage Nr. 37542 von 31.10.2023

Hallo liebes Lilli Team

Ich bin M (28) und schminke mich seit 16 Jahren gerne als Frau und ziehe mich auch dementsprechend an. 99% meines Alltags bewältige ich aber als Mann. Ich hatte auch schon sexuelle Erfahrungen mit Männer, jedoch nur als Transfrau. Was mich enorm irritiert ist, dass ich mich vor und während des Geschlechtsverkehr sehr weiblich fühle. Jedoch nach dem Orgasmus ist dieses Gefühl verschwunden und es tritt wie ein Pendeleffekt ein, ich fühle mich dann komplett falsch und denke mir was ich gerade mache und möchte mir am liebsten alles weibliche vom Körper reissen. Dieser Effekt irritiert mich so sehr, dass ich mir unsicher bin ob ich den Weg zur Frau gehen soll. Grundsätzlich beneide ich viele Frauen um ihr Geschlecht und möchte auch so sein, wäre dieser Effekt nicht da sondern würde ich mich in meiner Weiblichkeit nach dem Orgasmus bestätigt fühlen, wäre ich sehr wahrscheinlich bereits eine Frau.
Meine Fragen sind folgende:
1) ist dieser "Effekt" eine normale biochemische Reaktion und bekannt unter Transgender?
2) ändert sich dies bei einer Hormonbehandlung?
3) was für Wege/Strategien gibt es damit umzugehen und diesen Effekt zu minimieren oder sogar zu eliminieren?

Vielen Dank für eure Antwort.

Unsere Antwort

Zu Frage 1) Du bist ein Individuum, und was du erlebst, ist völlig individuell. Niemand anderes erlebt genau das, was du erlebst. Es ist keine "normale" biochemische Reaktion, sondern es ist deine ganz persönliche Erfahrung. Aus sexologischer Sicht kann ich dir aber folgendes sagen: Unser Erleben und unsere Bedürfnisse sind in der sexuellen Lust und Erregung oft völlig anders als sonst. Und es ist nicht selten so, dass Menschen dann befremdet sind von dem, was sie erlebt und gewünscht haben. Bedürfnisse rund um die sexuelle Erregung und Lust sind also ganz anders als Bedürfnisse sonst im Leben. Das kann daran liegen, dass das zwei völlig unterschiedliche Zustände sind. Es kann auch sein, dass wir gewisse Gedanken oder Bedürfnisse abwerten, weil sie nicht der Norm oder unseren Idealen entsprechen. Ich glaube allerdings nicht, dass das bei dir so ist, denn du wehrst ja nicht ab, dass du eine Frau werden willst. Ich würde das also eine Ambivalenz nennen, einen Bedürfniskonflikt. Das würde heissen: Du willst rund um die sexuelle Erregung und Lust etwas anderes als im Alltag.

Zu Frage 2) Ich glaube eher nicht, dass die Hormonbehandlung das ändert. Sie führt zu körperlichen Veränderungen und verändert auch dein emotionales Erleben. Aber sie allein sollte aus meiner Sicht nicht deine Gedanken ändern.

Zu Frage 3) Ich würde dir eine Sexualtherapie empfehlen, in der du dieser Frage gezielt und vertieft nachgehst. Diese würde ich dir sowieso empfehlen, wenn du dich mit dem Gedanken an eine Operation auseinandersetzt. Links findest du auf dieser Seite.

Folgendes möchte ich dir noch mitgeben: Es ist deine Sache, ob du dich als Frau siehst oder als Mann, oder ob du für dich dein eigenes Geschlecht finden möchtest. Dafür brauchst du keine Operation. Das heisst, der Weg zur Frau oder zu deinem ganz persönlichen Geschlecht ist dein eigener. Ich würde mir da auf jeden Fall viel Zeit zum Erforschen und Ausprobieren lassen. Eine Operation würde ich nicht machen, wenn ich nicht voll dahinter stehe. Meine Erfahrung als Therapeutin ist, dass durch die Operation Ambivalenzen und innere Konflikte nicht weggehen. Weitere Tipps zum Aufbau eines guten Körpergefühls und dem Umgang mit schwierigen Gefühlen rund um deine Geschlechtsidentität findest du in diesem Text. Schau doch auch mal in unseren Text zum Cross-Dressing.

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