Stell deine Frage...

Frage Nr. 37660 von 04.01.2024

Liebes Lilli-Team

Soeben habe ich Fr. 100.- an Lilli gespendet, mit Freude.
Es betrifft: Frage und Antwort 36770, "Onanie", ich bin 71 Jahre alt, männlich. Frage und Antwort datieren vom Frühling 2023.

Warum antworte ich erst jetzt? Weil ich Angst davor hatte, eure Antwort zu lesen. Bis ich vor 2 Wochen die Idee hatte, meinen Psychiater (den ich leider nur eher selten sehe) als Vorkoster einzusetzen. Seine Antwort: "Lilli hat toll geantwortet! Wird dir guttun und hilft, Schuldgefühle abzubauen, und du hast Gelegenheit, dich gegen schwierige Inhalte abzugrenzen und daran zu wachsen."
Nach Lektüre bin ich der gleichen Meinung: Eure Antwort tut mir sooo gut! Ganz herzlichen Dank! Wobei die Ängste noch tief sitzen. Eure am Schluss vorgeschlagenen Beiträge werde ich selbstverständlich lesen.

Ihr fragt, warum ich mich schäme und Schuldgefühle entwickelt habe. Das ist erstens einer Depression geschuldet, die ich seit der Pensionierung vor 6 Jahren mit mir herumtrage (träumte, ein Bagger lege einen 300-kg-Stein in mein kleines Auto). Trotz vieler Aktivitäten habe ich Zeit zum Gedanken-kreisen-lassen und kann es nicht abstellen. Und zum zweiten liegt der Grund im "grossen Schweigen". Mir fehlt die Vergleichsbasis, ich weiss nicht, ob andere "auch sowas tun". Deshalb schwanke ich zwischen "halb so schlimm" und "monströs". Wüsste ich, dass ich nichts allzu Ungewöhnliches tu, wär ich auf einen Schlag aus dem Gefängnis entlassen.

Schuld- und Schamgefühle....leider ja. Und da ist ein Impuls, "es einfach auf den Tisch zu legen", der weh tut. Je peinlicher die Bilder und je näher das Gegenüber, umso schmerzhafter ist's. Schamgefühle lösen sich auf, wenn man über die Auslöser spricht? Aber das tu ich ja, wenn ich Lilli schreibe! Bei uns in AA heisst es im 5. Schritt, "Wir gaben Gott, uns selbst und einem anderen Menschen unverhüllt unsere Fehler zu." (Manchmal vor allen...). Der Gedanke macht mich fertig - und verfolgt mich obsessiv: Ich MUSS es (allen) sagen, wenn ich frei werden will. Bekenntniszwang. Wären Diebstähle oder Ess-Brechsucht oder ein Mord das Thema, ich könnte mit links darüber berichten. Aber über Onanie mit ungewöhnlichem Einschlag? Da gibt es für mich eine Grenze. Man würde mich falsch verstehen, und ich würde mich extrem verletzen.
Manchmal gelingt mir zum Glück der Humor und ich kann ein paar Schritte zurücktreten. Dann ist der Zwang weg.

Das dritte, was ich euch unterbreiten will, sind (waren) pädophile Fantasien. Keine Übergriffe in Realität in keinster Art und Weise, weder in Wort noch in Tat. Es waren "gesichtslose" Fantasien mir unbekannter Leute und ohne Internet und ohne Bezug zu den fast erwachsenen Personen, die mir nahestanden.

Danke, dass ihr mir noch einmal zugehört habt. Und noch einmal tut es so gut! Ich werde jetzt nicht mehr schreiben. Ein allfälliges Echo wär schön! Gaaaanz vielen Dank, dass es euch gibt.

Unsere Antwort

Danke für deine grosszügige Spende laughDas freut uns sehr!

Es freut uns auch sehr, dass unsere Antwort dir helfen konnte. Du berichtest etwas, was viele Besucher*innen dieser Website kennen: diese Einsamkeit rund um die Sexualität, verbunden mit dem Gefühl, die eigene Sexualität und das eigene sexuelle Erleben seien "ungewöhnlich" oder gar "monströs". Wenn dir Menschen rund um dich erzählen würden, wie ihre Sexualität und ihr sexuelles Erleben insgeheim aussieht, würdest du dich möglicherweise in guter Gesellschaft fühlen. Und wenn's um Fantasien geht – ja, die eigenen Fantasien finden ganz viele Menschen abartig, pervers, verboten. Pädophile Fantasien kommen immer mal wieder vor – meistens bei Menschen, die nie Kindern irgend etwas antun würden. Fantasien machen eben das, was sie wollen, nicht was unsere Wertvorstellungen wollen. Sie sind nicht die Wirklichkeit. Ich empfehle dir diesen Text über sexuelle Fantasien.

Diese Website bietet Menschen ein Forum, Dinge auf den Tisch zu legen, ohne sich outen zu müssen. Denn mit anderen über sexuelle Inhalte zu sprechen braucht Vertrauen und einen sicheren Rahmen. Wir machen uns sehr verletzlich, wenn wir uns über unsere Sexualität öffnen, weil es uns so nahe geht, weil es so intim ist. Und ich denke, die Scham rund um das Reden ist eben auch dazu da, uns zu schützen. Ich hoffe, dass dir durch das Schreiben hier eine Last abgefallen ist. Und für das persönliche Gespräch has du in deinem Psychiater ja offenbar eine gute Ansprechsperson.

Du schreibst über Fehler. Also, aus sexualtherapeutischer Sicht sehe ich überhaupt nicht, dass du irgendwelche Fehler gemacht hast. Ich sehe deine Sexualität als normal an. Deine Selbsteinschätzung ist es, die deine eigene Sexualität so abwertest. Ich hoffe, du überwindest die Depression. Ich hoffe, du findest einen guten Umgang mit der Pensionierung und findest gute Inhalte für dich. Ich hoffe, dein Humor blüht und gedeiht weiter. Und ich hoffe, du machst weiterhin Selbstbefriedigung. Vielleicht interessieren dich unsere Tipps, wie du sie neu erforschen kannst.

Schau dir mehr Antworten und Infotexte an zum Thema