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Frage Nr. 37851 von 19.02.2024

Hallo, ich habe euren Text zu „Warum ist Gewalt in der Familie besonders schlimm?“gelesen.
Darum dreht es sich in meinem Kopf gerade sehr viel: Wie kann ich das verstehen, wie kann ich das zusammenbringen? Wie kann es Sinn machen, dass die gleiche Person liebevoll, fürsorglich ist und im nächsten Moment bedrohlich, mir weh tut, Dinge mit meinem Körper macht?
Ich habe ein Durcheinander in mir seit die Erinnerungen hochgekommen sind. Es macht mich so traurig. Ich verstehe es nicht und ich fühle mich so einsam, aber brauche gleichzeitig die Distanz zur Familie, um mich überhaupt sicher fühlen zu können.
Ich fühle mich schlecht, schuldig, beschämt, ekelhaft.
Wie kann ich die Beziehung zu den Eltern bei so einem Durcheinander im Kopf gestalten/ aufrechterhalten? Wie kann ich aufräumen?
Bitte entschuldigen Sie mein Durcheinander.

Unsere Antwort

Dein Durcheinander ist eine gute Beschreibung dessen, was im Kopf vorgeht, wenn du Gewalt in der Familie erlebt hast, wie wir das in dem Text beschreiben, den du gelesen hast. Das Gehirn ist schlicht nicht fähig dazu, Liebe und Grausamkeit unter einen Hut zu bringen. Es findet Wege, das Schlimme auszublenden und schönzuzeichnen. Aber das Ausgeblendete kommt irgendwann hoch. Und du erkennst, was du als Kind durchgemacht hast. Diese unbeschreibliche Verwirrung und Überforderung. Jetzt spürst du sie.

Du bist jetzt älter, und du hast mehr Ressourcen. Das ermöglicht dir vielleicht, die Dinge klarer zu sehen und zu begreifen. Du scheinst nicht mehr bei deinen Eltern zu wohnen. Das hilft: Du bist auf sie nicht mehr auf Gedeih und Verderb angewiesen, das heisst, die gute Beziehung ist für dich nicht mehr überlebensnotwendig. Sie sind nicht die Eltern, die du als Kind gebraucht hättest. Von dieser kindlichen Sehnsucht nach den liebenden Eltern musst du dich aus meiner Sicht verabschieden. Möglich ist aber, dass du eine Beziehung zu deinen Eltern aufbaust von erwachsener Person zu erwachsenen Personen. Zentral ist hier, dass du eine gute Beziehung zu dir selbst aufbaust, so dass du dir selbst die Liebe und die Fürsorge geben kannst, die du als Kind gebraucht hättest.

Das ist nicht einfach. Ich empfehle dir dazu unbedingt fachliche Begleitung. Möchtest du dich vielleicht mal an eine Beratungsstelle der Opferhilfe wenden?

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