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Frage Nr. 40129 von 04.09.2025

Hallo lilli

Ich werde bald 36.
Habt ihr Tipps dafür wie man diese totalverzweiflung als mann überwinden kann. Diese Verzweiflung unbedingt bei frauen landen zu müssen, diese verzweifelte Suche nach weiblicher Bestätigung und diese verzweiflung unbedingt sex haben zu müssen um als mann durchgehen zu können.
Viele männer die ich kenne, verhalten sich so. Ich bin zwar cis männlich doch nervt mich hetero männlichkeit. Es wirkt einfach so erbärmlich wie männer um Frauen werben. Wie sie diese besingen und mit Komplimenten überschütten,während man selber im Schatten steht oder sogar als Konkurrent schlecht behandelt wird.
Hetero männlichkeit ist komisch. Da sind die homosexuellen männer viel weiter. Von denen bekomme ich öfter Lob und höre Komplimente, die mir Frauen und hetero männer nie gemacht haben. Ich bin zwar nicht homosexuell aber oft gefällt mir diese Art. Die müssen sich nicht dauernd krass machen. Da gibt es diese lächerliche ritterlichkeit nicht.
Ich beneide frauen weil sie keine richtigen kerle sein müssen. Mein Vater machte es nicht besser. Er war auch so verzweifelt. Schon als kleiner Junge konkurierte er mit mir um die Aufmerksamkeit meiner Mutter. Er machte meine Erfolge immer runter, immer dann wenn sie mich lobte. Bei meiner Schwester war das nicht so. Sie hatte nie das Gefühl mit jemandem um was kämpfen zu müssen. Es tat weh. Frauen kommen mir oft mächtig vor, weil man vor ihnen gegen andere verzweifelte männer bestehen oder kämpfen muss. Könnt ihr mich verstehen. Mich versteht irgendwie keiner wenn ich mit jemandem darüber rede. Gibt es auch andere männer die ähnlich denken wie ich.

Unsere Antwort

Viele Männer kennen die Verzweiflung, die du beschreibst, auch wenn sie selten offen darüber sprechen. Das Gefühl, dass die eigene männliche Identität an Anerkennung durch Frauen und an sexuellen Erfolg gebunden ist, entsteht nicht von allein, sondern wird von klein auf vermittelt. Schon als Junge lernen viele, dass ihr Wert daran gemessen wird, ob sie stark, erfolgreich oder begehrenswert wirken. Dieses Bild von Männlichkeit erzeugt Druck, weil es ständig nach Bestätigung verlangt. So wie du schreibst haben deine Erfahrungen mit deinem Vater hat dieses Gefühl noch verstärkt: Dadurch ist dieser Gedanke, ständig beweisen zu müssen, dass du etwas wert bist, noch tiefer geworden.

Es ist sehr verständlich, dass du dich davon entfremdet fühlst und dass dich das Verhalten vieler Männer irritiert. Das Buhlen um weibliche Aufmerksamkeit, das Überhäufen mit Komplimenten, wirkt nicht nur anstrengend, sondern tatsächlich auch erniedrigend. Denn dahinter steckt das Gefühl, Frauen seien Richterinnen darüber, ob man ein richtiger Mann ist. Frauen sind aber keine Jury. Sie sind Menschen mit eigenen Wünschen und Unsicherheiten. Und es ist befreiend, sich von der Vorstellung zu lösen, seinen Wert über andere Menschen definieren zu müssen. Es kann hilfreich sein, dich bewusst mit alternativen Männlichkeitsbildern auseinanderzusetzen. Dabei ist allerdings Vorsicht wichtig: Es gibt Männergruppen und Online-Communities, die ein sehr negatives Bild von Frauen und von Männlichkeit verbreiten. Oft entstehen dort frauenfeindliche Einstellungen und eine Art „Wir gegen die“ – Haltung, die zwar kurzfristig Zusammenhalt geben kann, langfristig aber die eigene Verzweiflung noch verstärkt.

Entscheidend ist, dass du den Selbstwert nicht daran knüpfst, ob du bei Frauen landest. Dein Wert steht für sich, unabhängig von Sexualität oder Bestätigung. Wenn dir homosexuelle Männer Komplimente machen, dann zeigt das, dass du Qualitäten hast, die gesehen werden – auch wenn sie nicht von der Gruppe kommen, von der du es bisher erwartest. Es gibt also viele Quellen von Anerkennung und du kannst wählen, welche dir guttun. Schuld oder Neid auf Frauen sind dafür nicht nötig, vielmehr kann dein Gefühl von Anerkennung in Freundschaften, in deiner Arbeit, in kreativen Projekten, oder Selbstfürsorge wachsen.

Es ist kein leichter Weg, weil sich in dir Erlebnisse aus Kindheit und Jugend tief eingeprägt haben. Aber allein, dass du diese Fragen stellst und dich kritisch mit Männlichkeit auseinandersetzt, zeigt, dass du innerlich schon aus diesem Kreislauf heraustrittst. Wenn dich diese Gedanken belasten oder du das Gefühl hast, dass dich die Verzweiflung sehr einschränkt, kann es helfen, mit jemandem ausführlicher darüber zu sprechen. Ein vertrautes Gespräch, zum Beispiel mit einer Beratungsstelle oder einer Therapeut*in, kann dir Raum geben, deine Sicht auf Männlichkeit und Beziehungen zu sortieren und eigene Wege zu entwickeln.

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