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Frage Nr. 32059 von 03.02.2021

Hallo Lilli,

vielen Dank für die Beantwortung meiner vorigen Frage 31908. Allerdings würde ich gerne nochmals eure Meinung wissen: Ihr schreibt, viele Menschen behalten sexuelle Phantasien für sich.

Dass ich natürlich nicht proaktiv mit meinen Phantsien "hausieren" gehe, ist klar. Aber was sagt man, wenn der Partner fragt: Sagmal, was schaust du denn so an an Sexfilmchen? Zeig mal! Oder wenn man zusammen masturbiert oder auch alleine, und man wird gefragt, sagmal, was stellst du dir denn im Allgemeinen so vor dabei? Das waren dann die Momente, in denen ich zu lügen begann.

Auch wenn ich mir wünsche, dass ich in meiner Sexualität angenommen werde, auch wenn dem anderen das Eine oder Andere nicht passt. Es gehört nunmal zu mir. Da hilft auch kein: Das wird bestimmt weggehen, wenn du dich anders erregst mit weniger Spannung, oder wenn du mal richtig tollen xy Sex hattest. Ich finde es gehört zu mir, und ich will es gar nicht "loswerden", denn es bereitet mir ja Lust und Freude. Das Repertoire stetig erweitern- klar gerne, noch weitere neue Möglichkeiten und Phantasien kennelernen. Aber nicht als "Medizin" gegen die Alten. Das finde ich schwierig, da meine Meinung zu vertreten. Ich könnte einen Partner gut verstehen, wenn ich in echt Gang Bangs etc. machen würde. Aber in Gedanken finde ich das ehrlich gesagt gar nicht schlimm, sich in der Phantasie auch "Verbotenem" zu widmen...

Zum Glück ist das jetzt ja anders, aber es beschäftigt mich doch immer noch. Die Frage, was ok ist und was nicht. Denn man will dem anderen ja kein schlechtes Gefühl geben, sich unzureichend zu fühlen, weil er das nicht bietet. Wie erreicht man, dass man bei anderen dann nicht dieses Gefühl auslöst, sondern wirklich sagt, es fehlt mir nicht, nur weil ich es mir gerne vorstelle. Du bist ausreichend. Ich will nichts anderes. Nur in der Phantasie, da mag ich es, auch so etwas zu tun. Du musst deshalb nicht denken, dass mir mit dir etwas fehlen würde oder du mich nicht richtig befriedigst...

Unsere Antwort

Für dich gibt es offenbar nur die Option, alles zu erzählen oder zu lügen. Aber wie wäre es mit der Option, dass du ihm ganz ehrlich sagst: «Ich möchte das für mich behalten»? Findest du, dass du verpflichtet bist, deinem Partner alles über dein sexuelles Innenleben zu erzählen? Oder gibt es für dich auch die Möglichkeit, dass du dein Eigenes, ganz für dich selbst, haben darfst? Und dass du deinem Partner gegenüber dazu stehst? In meiner letzten Antwort habe ich dir unseren Text über Eigenständigkeit empfohlen. Ich empfehle ihn dir noch einmal.

Du schreibst im Grunde ziemlich herablassend über deine sexuellen Fantasien. Wie kommt es dazu? Wie kommst du darauf, dass du sie loswerden solltest? War das dein Exfreund? Frag dich, ob du einem Mann so einen grossen Einfluss über dich geben möchtest. Deine sexuellen Fantasien sind nicht schlechter oder «loswerdenswerter» als andere. Sie haben einfach nicht seinen entsprochen, und damit seid ihr beide nicht konstruktiv umgegangen.

Sexuelle Fantasien mit «harten» Inhalten sind häufig, und sie hängen tatsächlich mit höherer Muskelspannung in der sexuellen Erregung zusammen. Wegen dem sind sie nichts, was man loswerden sollte. Genauso wie du deine sexuelle Erregungstechnik nicht ändern musst. Auf dieser Website schreiben wir über Probleme, die bei hoher Muskelspannung auftreten KÖNNEN. Wir wissen aus der sexualtherapeutischen Praxis, dass die Muskelspannung zu Problemen führen KANN. Aber sie muss es nicht. Wenn sie es nicht tut, besteht kein Bedarf, die Erregungstechnik zu erweitern. Und in der Regel besteht auch kein Bedürfnis danach. Die Arbeit an der Erregungstechnik macht nur dann Sinn, wenn mit ihr Probleme auftreten.

Das gleiche gilt für die sexuellen Fantasien: Viele Menschen akzeptieren ihre sexuellen Fantasien und sehen sie als etwas, das ganz einfach den Zweck hat, die sexuelle Erregung zu steigern. Es gibt aber auch Menschen, die fühlen sich durch die Inhalte ihrer sexuellen Fantasien gestört. Sie passen nicht in ihr Bild von sich selbst als Mensch oder in ihr Bild von Sexualität. Diese Menschen können durch Arbeit an ihrer Erregungstechnik etwas dafür tun, dass sie neue Fantasiebilder kreieren. Die anderen werden vermutlich nicht das Bedürfnis danach haben.

Wenn du sexuell Neues dazulernst, geht es immer um ein Erweitern des Repertoires: Was du dir einmal angeeignet hast, kannst du in der Regel ein Leben lang. Wenn du neue Erregungstechniken lernst, und auch wenn diese neue Bilder in deinem Kopf auslösen, kannst du bei Bedarf immer auf die alten Techniken und Bilder zurückgreifen. Wenn du das lang nicht mehr gemacht hast, sind sie vielleicht etwas «eingerostet», aber mit etwas Übung holst du sie dir wieder zurück. So funktioniert das sexuelle Lernen.

In sexuellen Fantasien finden oft Dinge statt, die im richtigen Leben gar nicht umsetzbar sind, und oft kommen die eigenen Partner*innen darin nicht vor. Wenn dein Partner selbstsicher und sexuell offener eingestellt ist, wird er mit deinen sexuellen Fantasien lockerer umgehen. Er wird sich von den sexuellen Fantasien nicht gestört oder als dein Liebhaber bedroht fühlen.

Es ist also sehr stark die Sache deines Partners, wie er mit deinen sexuellen Fantasien umgeht. Falls sich ein Partner dafür interessiert, und falls du Lust hast, sie ihm zu erzählen, kannst du ja erst mal ausloten, wie offen er gegenüber den verschiedensten Fantasieinhalten ist. Und du kannst andeuten, dass es in deinen Fantasien nicht um «Blümchensex» geht. Du merkst an seiner Reaktion wahrscheinlich sehr schnell, ob er gegenüber deinen Fantasieinhalten offen sein könnte.

Übrigens: Manchmal ist es auch so, dass Menschen sehr in ihre sexuellen Fantasien abdriften in der Paarsexualtiät, und dann spüren die Partner*innen, dass man gar nicht mehr dabei ist. Das kann störend sein. Dann könnte es wiederum Sinn machen, an der Erregungstechnik zu arbeiten, damit man in der Paarsexualität nicht mehr so konzentriert auf die sexuellen Fantasien zugreifen muss.

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