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Frage Nr. 35728 von 06.10.2022

Hallo,

ich bin w, 26 und in einer erfüllenden, heterosexuellen Beziehung. Seit ein paar Jahren fühle ich mich immer wieder und immer öfter eher bisexuell. Seit ich vor zwei Jahren mit einer anderen cis Frau geschlafen habe, geht mir diese Erfahrung nicht mehr aus dem Kopf. Obwohl mein Partner diese 'Seite an mir' akzeptiert und mir vielleicht auch Freiräume zum Ausprobieren lassen würde, weiß ich nicht, wie ich mir in meiner sexuellen Identität/Orientierung sicherer werden kann.

Ich frage mich oft, wie sich Bi oder Pan eigentlich anfühlt? Ich habe vereinzelt 'Crushs' auf andere Cis und Trans Frauen oder nichtbinäre Personen. Außer dieser einen 'Gelegenheit' hat sich aber bisher nichts ergeben, weil ich da einfach so wenig aus mir herauskomme. Was kann ich tun, um einen besseren Zugang zu mir zu bekommen, mir sicherer zu werden, besser zu wissen was ich eigentlich bin? Die Vorstellung ist so überfordernd wenn auch zugleich aufregend für mich.
Danke vorab!

Unsere Antwort

Versuch, dir nicht so viel Druck zu machen. Niemand zwingt dich dazu, eine Aussage über deine sexuelle Orientierung zu treffen. Du bist es niemandem schuldig, dir selbst ein Etikett zu verpassen. Genieß stattdessen das Aufregende daran und bleib neugierig. Du schreibst, dass du nicht weißt, was du „eigentlich bist“. Du bist in allererster Linie einfach du. Sexualität ist höchst individuell, und niemand anderes kann dir sagen, wie es sich für dich anfühlt, bisexuell oder pansexuell zu sein. Die Vorstellung, dass jemand „eigentlich“ bi- oder pansexuell ist, ist Quatsch. Labels wie hetero, lesbisch und bi sollen der Person, die sie nutzt, ein gutes Gefühl geben. Sie sind kein Käfig, kein dunkles Geheimnis und auch keine Verpflichtung. Du hast immer die Freiheit, Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht zu lieben oder attraktiv zu finden. 

Außerdem ist die sexuelle Orientierung ohnehin nicht in Stein gemeißelt und kann sich im Laufe des Lebens ändern. Die Wissenschaft vermutet, dass die meisten Menschen irgendwo zwischen „ganz heterosexuell“ und „ganz homosexuell“ sind. Lies doch mal diesen Text dazu. Das heißt also, es ist ganz normal solche Fantasien und Crushs zu haben, wie du sie beschreibst.

Du schreibst, dass deine fehlende Erfahrung vielleicht eine Rolle spielt. Da hast du recht. Gedankenexperimente können sexuelle Erfahrungen nicht ersetzen – was uns in unseren Fantasien erregt, ist manchmal in der Wirklichkeit gar nicht erregend. Für mehr Zugang zu dieser Seite deiner Sexualität brauchst du also mehr Erfahrungen. Ich empfehle dir sehr, dazu diesen Text zu lesen. Besprich doch mal mit deinem Partner, wie ihr das konkret umsetzen könntet. Vielleicht könnte es dir helfen, dich auf Dating-Apps anzumelden und dort transparent zu schreiben, was du suchst. Einige Apps sind ja genau darauf angelegt, Sexpartner*innen zu finden statt Beziehungen. Und in vielen dieser Apps kannst du dich auch als „bi-curious“ oder „heteroflexible“ beschreiben, falls dir bi- oder pansexuell noch nicht so passend erscheinen. Aber noch einmal: solche Labels sollen dir dienen. Niemand anderes entscheidet, welches davon deine momentane Sexualität am besten beschreibt.

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