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Frage Nr. 36956 von 29.05.2023

Ich habe Probleme damit, Kontrolle abzugeben und das auch in meiner aktuellen Partnerschaft und auch in anderen Lebensbereichen.

Dies zeigt sich in meinem Essverhalten. Ich muss Kalorien tracken ind wenn ich zum Mittag mit meiner Familie esse und ich nicht weiß, wie viele Kalorien es hat, werde ich nervös.

Generell wenn irgendetwas in meinem Leben passiert, worüber ich keine Kontrolle habe, werde ich fast schon verrückt und kriege eine immense Panik.
In meiner Partnerschaft zeigt es sich in meiner extremen Angst vor einer Schwangerschaft. Ich selbst nehme zur Verhütung die Pille, sogar im Langzyklus. An sich vertraue ich der Pille, aber oftmals vertraue ich mir selbst nicht mit der korrekten Einnahme, obwohl es keinen Anlass dazu gibt. Ich überlege mir immer Szenarien, die auf ein wirkungsverlust hindeuten. Wie: konnte mein Körper das so richtig verdauen, war es der Pille zu heiß und sie könnte die Wirkung verloren haben? ist die Pille mir unbemerkt aus dem Mund gefallen etc.? Zusammengefasst vertraue ich der Pille dann doch nicht so. Aber ich denke, dass das sich auch auf andere Verhütungsmittel übertragen würde.

Wir benutzen noch Kondome. selbst da möchte ich die Kontrolle übernehmen. Ich ziehe das Kondom immer an, weil ich meinem Partner einen korrekten Umgang irgendwie nicht zutraue und das selbst machen will. Ich achte kleinlichst genau, dass alle Schritte passen (Kondom und Hände nochmal abgetrocknet, um sie von lusttropfen zu befreien etc.)
Ich habe mit meinem Partner eure Seite durchstöbert und ihn damit auch aufgeklärt, wie Kondome sicher und richtig verwendet werden. Er hatte zwar davor schon häufig Sex und keine ist schwanger geworden, dennoch war er anfangs sehr unbeholfen, was das Kondom angeht. So wusste er trotz jahrelanger Erfahrung nicht, wie man das richtig abrollt (also dass der Ring außen sein muss- das war für ihn immer eine Glückssache) und manchmal war ein kleines bisschen Luft im Reservoir drin. Das hat mich so verunsichert, dass ich es einfach selbst mache. Dabei möchte ich das eigentlich nicht. Ich wünschte, ich könnte vollkommen meine Kontrolle abgeben und meinem Partner da vertrauen. Ich bin bereits zuständig dafür, mich um die Pille zu kümmern, dann möchte ich nicht noch fürs Kondom zuständig sein.

Immer wenn ich beim sex denke, dass die Pille aus welchen Gründen auch immer nicht gewirkt haben könnte, wird mein Partner schon sauer, dass ich ihm nicht vertraue mit dem Kondom. Er meint immer, dass er extrem aufpasst und meine Ängste wahrnimmt etc., aber ich habe trotzdem Angst und kann sie nicht abstellen. Irgendwie habe ich manchmal das Gefühl, dass ich fast schon so eine Mutterrolle einnehme und wir einfach keine Partnerschaft auf Augenhöhe führen.

Ich habe das Gefühl, dass ich mich nicht fallen lassen kann. Ich denke das liegt auch daran - und nein ich möchte nicht über ihn herziehen- dass er in meinen Augen noch zu sehr im Hotel Mama lebt. Er lässt sich noch bekochen, die Wäsche waschen etc., und hat nicht viel Ahnung von solchen Dingen, obwohl er ü25 ist. Ich selbst bin halt 20 und und mach das alles selbst. Ich muss ehrlich gestehen, dass mir Hilfe auch guttun würde, weil ich sehr überfordert bin mit dem Haushalt, weil meine Ängste mich zurzeit extrem zurückhalten, aber dennoch mach ich das alleine.

Um nochmal zum eigentlichen Thema zurückzukehren: er nimmt es mir sehr übel immer, dass ich ihm da nicht vertraue, aber ich weiß nicht, wie ich das ändern kann. Für mich ist deswegen Sex keine schöne Zeit Erfahrung und meide es auch. Habe keine Libido mehr und distanziere mich auch immer mehr von meinem Partner. Das problem ist ja auch, dass ich mir selbst nicht mal vertraue, wie es sich ja im Vertrauen zur Pille zeigt. Ich weiß echt nicht, was ich tun soll und wo ich ansetzen muss. Ich weiß nicht mal, ob ich die Beziehung überhaupt noch so fortführen kann

Unsere Antwort

Du hast einen beeindruckend ehrlichen Blick auf dein Verhalten. Vielen Dank für deine Beschreibungen, dadurch kann ich mir ein gutes Bild machen.

Das, was ich jetzt schreibe, klingt wohl etwas hart. Aber ich glaube, das ehrliche Hinschauen bringt dich weiter.

So wie du schreibst, fällt es dir sehr schwer, mit dem umzugehen, was das Leben mit sich bringt. Wir wissen nie, was morgen sein wird. In jedem Augenblick kann uns das Leben Spielbälle hinwerfen, die sich unangenehm anfühlen. Sei es dass du dadurch verunsichert bist, sei es dass du Angst oder sonstige unangenehme Emotionen erlebst. Entscheidend ist aber: Du bist es, die reagiert. Du bist es, die sich verängstigen lässt. Und hier hast du eine Wahl: Wir haben keine Kontrolle über das, was an uns herangetragen wird. Aber wir haben Kontrolle darüber, was wir daraus machen.

Ich vermute, du selbst fühlst dich nicht in Kontrolle über dich selbst, das heisst du vertraust dir nicht. Du kannst sicher sein: Alles, was du tust, tust du, weil du dazu motiviert bist. Ich vermute, du verstehst dich noch nicht so gut, und drum vertraust du dir nicht so. Ich denke, es ist wichtig, dass du dich selbst besser kennenlernst. Das heisst, dass du dich dir selbst zuwendest und das spürst und erforschst, was tiefer in dir ist. Welche Motive, welche Emotionen, welche Konflikte. Welche Gründe für deine Ängste. So kannst du lernen, damit klar zu kommen.

Mit Angst ist das so: Weil sie sich so unangenehm anfühlt, weichen wir ihr gern aus. Aber wenn wir ihr ausweichen, lernen wir nicht, sie zu verstehen und zu managen. Wir sind ihr immer mehr ausgeliefert. Du erlebst das bei der Verhütungsfrage jetzt grad sehr deutlich. Du sicherst dich gegen eine Schwangerschaft ab wie eine Weltmeisterin – und trotzdem reicht das nicht. Daran merkst du ja, dass das nicht die Lösung deines Problems ist.

Es ist auch nicht die Lösung, wenn du ihm Verantwortung zuschiebst. Dein Freund sorgt objektiv gesehen genug für Verhütung. Er ist aber nicht der absolut verlässliche Fels in der Brandung, den du dir jetzt wünschst. Aber kein Freund kann das immer sein. Entscheidend ist, dass du selbst lernst, ein Fels in der Brandung zu werden. Entscheidend ist, dass du lernst, dich selbst aufzufangen. Es wäre aus meiner Sicht schade, wenn deine Beziehung an deiner Angst zerbricht. Ich würde dir unbedingt raten, dass du dir fachliche Unterstützung holst, um mit deiner Angst klarzukommen.

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