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Frage Nr. 37012 von 03.06.2023

Guten Tag,
Ich bin etwas verzweifelt und hoffe, ein Rat zu bekommen.
Mein Partner und ich sind seit 2 Jahren ein paar. Es war ein auf und ab, mehr schlechte als gute Tage.
Nach 2 Jahren bin ich an einem Punkt, wo es mir nicht mehr gut geht, und ich mich trennen möchte. Allerdings ist mein Partner depressiv, Alkohol und Drogen Abhängig. Ich wäre die einzige für die es sich zu leben lohnt.
Aber ich bin einfach am Ende. Ich kann nicht mehr.
Wenn ich Schluss mache, habe ich Angst das er sich dass Leben nimmt.
Ich weiß mir kein Rat mehr. Wie schaffe ich es mich zu trennen, ohne mir 10000 Schuldgefühle aufbürgen zu lassen?
Was ist wenn ich mich trennen, und er tut sich was an?
Ich weiß nicht mehr weiter.
:-(

Unsere Antwort

Du steckst in einer wirklich schwierigen Situation. Es ist sehr verständlich, dass du dich vor noch mehr Schuldgefühlen schützen möchtest. Wahrscheinlich hast du in den vergangenen zwei Jahren viel getan, um deinem Partner Halt zu geben. Du hast dir gewünscht, ihn beim Ausstieg aus seinen Süchten zu begleiten und wohl auch, dass seine depressiven Phasen seltener und die Symptome weniger einschränkend werden. Für eine solche Begleitung brauchst du als Partnerin Kraft. Dauerhaft kannst du das nur leisten, wenn du genügend Entlastung erlebst.

Dazu könnte dein Partner einiges beitragen. Er könnte aktiv für seine Eigenständigkeit sorgen. Dazu gehört, dass er Hilfsangebote wie Therapien wahrnimmt und Interesse an der Verbesserung seiner Selbstfürsorge zeigt.

Wenn er dauerhaft darauf beharrt, dass du als Partnerin der einzige Sinn in seinem Leben bist, ist es sehr verständlich, dass du die Partnerschaft verlassen willst. Er macht sich dir zur Last. Er bürdet dir die Verantwortung für sein Leben auf. Das führt bei allen Menschen, die mitfühlen können, zu starken Schuldgefühlen. Durch die Schuldgefühle verlierst du deine Eigenständigkeit. Und dein Lebens- und Entscheidungsraum wird zu eng. Du nimmst das selbst gut wahr. Deine Lebenswünsche und -ziele werden immer unwichtiger und wertloser. Das ist unerträglich!

Mit der Last, die dein Partner dir aufbürdet, verlierst du auch die Quellen, aus denen du Kraft für die Begleitung eines chronisch kranken Partners schöpfen könntest.

Die Situation ist ein Dilemma: Entweder trägst du die Last der Begleitung und bleibst in der Beziehung. Allerdings hast du deine Kraft für die Begleitung bereits verbraucht, wie du schreibst. Oder du trennst dich und trägst die Last der Schuldgefühle.

Das hast du alles schon selbst gefühlt und erkannt. Und du wünschst dir jetzt, dich für deine Eigenständigkeit und die Loslösung von den Schuldgefühlen zu entscheiden. Überleg mal, wie du selbst deine Schuldgefühle bewegen kannst. Im Moment liegen sie noch in der Hand deines Partners. Du schreibst: «Was ist, wenn er sich was antut?» Meinst du, du könntest fühlen lernen, dass niemand einem anderen mit Suizid drohen darf? Meinst du, du könntest erkennen, dass dein Partner in grosser Hilflosigkeit steckt, wenn er dich als «einzige, für die sich Leben lohnt» bezeichnet? Und dass er sich um seine Hilflosigkeit kümmern müsste, wenn er die Beziehung zu dir erhalten möchte. Meinst du, du könntest das Wissen in dir festigen, dass dein Partner dich bedroht und dir Angst macht, wenn er seine Eigenständigkeit aufgibt? Er verhält sich aggressiv gegen sich selbst, weil er sein Leben nicht in die Hand nimmt. Und er greift auch dich an, wenn er dich zum Sinn seines Lebens macht.

Die Trennung von deinem Partner wird sicher nicht leicht. Sie wird dir gelingen, wenn du deinen Schuldgefühlen immer wieder erklärst, dass dein Trennungswunsch richtig ist. Man kann einen Partner sehr gernhaben und muss trotzdem gehen, wenn er sich zur unerträglichen Belastung macht. Vielleicht wird es für dich leichter, wenn du ihm deine Gefühle und Trennungsgründe erklärst. Wenn du vor seiner Reaktion Angst hast, solltest du ein solches Gespräch in einem geschützten Rahmen einer Therapie führen. Hat er einen Psychotherapeuten, der ihn in Krisen begleitet und bei dem ihr miteinander reden könnt?

Um dir die Trennung zu erleichtern, wäre auch für dich eine Psychotherapie zu empfehlen. Du könntest dort über deine Belastungen reden und die einzelnen Trennungsschritte so planen, wie du sie ertragen und bewältigen kannst. Ausserdem ist es entlastend, wenn es eine Person gibt, die deine Belastung und dein Handeln versteht und dich in deiner Eigenständigkeit bestärkt. Es ist auch gut, wenn es eine Zeugin gibt, die dir hilft, deine Schuldgefühle in Grenzen zu halten.

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