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Frage Nr. 36119 von 05.01.2023

Hallo,

ihr könnt die Frage gerne kürzen.

Ich weiß, dass das ein bisschen weg von euren Themengebieten ist, aber ich habe so oft panische Angst vorm Autofahren.
(...)
Ein Grund für diese Angst ist auch das mangelnde Vertrauen meiner Mutter. Schon seitdem ich meinen Führerschein habe, möchte sie nicht, dass ich regelmäßig fahre und redet mich schlecht, dass ich noch zu wenig Erfahrung hätte etc.

Dadurch war es mir unangenehm Auto zu fahren. Wenn ich fahre - was selten vorkommt -, dann nur alleine und gewiss nicht mit meiner Mutter.

Ich habe ihr von meiner Angst erzählt und sie reagierte nur genervt und will auch, dass ich nicht mehr mit ihrem Auto fahre und dass sie es nicht gebrauchen kann, wenn ich so Stress schiebe. Mein Vater hält die Reaktion meiner Mutter für übertrieben. Er sicherte mir zu, dass nichts dafür spricht, dass ich einen Kratzer reingemacht habe und dadurch, dass er auch manchmal mein Beifahrer ist, weiß er, dass ich doch ganz gut Auto fahren kann. Die Fahrkunst an sich ist hierbei nicht das Problem. Ich rede mich oft einfach schlechter als ich wirklich bin und bin nervös, wenn es zu einer stressigen Verkehrssituation kommt.

Generell tendiere ich dazu, große und unrealistische Ängste zu haben. Auch habe ich sehr stark mit einer Schwangerschaftsangst zu kämpfen, die so stark ausgeprägt ist, dass ich keinen Sex mehr trotz zuverlässiger Verhütung haben kann (Pille + Kondom + Coitus Interruptus). Ich habe eure Texte wirklich „durchstudiert“ und bin dank euch gut aufgeklärt.

Zuletzt hatte ich mit meinem Freund im Oktober Sex. Er weiß, dass ich große Angst habe und passt deswegen sehr darauf auf. Er hat einen verhältnismäßig großen Penis und die Kondome, die wir benutzt haben, waren ihm von der Länge her bisschen zu kurz, bzw. reichten nicht bis zur Peniswurzel (wenn man es so nennt). Deshalb hat er immer aufgepasst, dass er nicht zu tief reingeht etc. und ich durfte auch immer nachfühlen, ob das Kondom noch sitzt. Ich kann meine Kontrolle da einfach nicht abgeben und wenn ich nicht weiß, was in der Sekunde passiert, dann fühle ich mich unsicher, was nichts mehr mit Genuss zu tun hat. Das führte auch - denke ich-dazu, dass das Kondom ein wenig verrutscht war, weil er so auf mich und meine Ängste Acht gab, dass sein Penis ein wenig erschlaffte.
(...)
Zu der Pille: durch meine Angst rede ich mir ein, dass sie aus verschiedensten Gründen nicht funktionieren kann, weil ich mir dann Krankheiten einrede etc., die die richtige Aufnahme der Pille beeinflussen könnten.

Wie dem auch sei, habe ich mich dazu entschlossen, dass ich erstmal keinen Sex haben werde, weil das für mich nichts mehr mit Genuss zu tun hat. Ich verspüre nicht mal mehr Lust. Ich verbinde Sex mit etwas Destruktivem. Etwas, was nur Leid und Sorgen bringt. Mein Freund kritisiert, dass ich oft im „Einzelkämpfermodus“ bin und mich nicht wirklich fallen lassen kann.

Auch dazu fällt mir eine Geschichte ein, die meine Mutter betrifft. Als ich -trotz Verhütung - Angst hatte, schwanger zu sein und einfach Rat brauchte, wurde ich von ihr abgewimmelt und mir wurde gesagt, dass ich sie damit in Ruhe lassen soll und sie ihre eigenen Probleme hat. Mir sei einfach zu langweilig und deshalb fallen mir solche Sorgen ein. Bin ja selbst Schuld, wenn ich Sex habe etc.

Immer, wenn ich daran denke, kommen mir die Tränen. Ich habe mich so hilflos gefühlt und war davor wochenlang fast allein mit meinen Gedanken. Ich wohne momentan alleine und hatte so viele schlaflose Nächte, Panikattacken etc. Konnte nicht mal mehr essen und habe deswegen einiges an Gewicht abgenommen. Habe sehr viele Tests gemacht etc.

Seitdem diese Angst nicht mehr so groß ist, weil ich eben länger kein Sex mehr hatte und die deswegen nicht aktuell ist, wurde die „Fahrangst“ stärker. Es ist fast so, als bräuchte meine Angst immer etwas Neues, woran sie sich festnagen kann.

Ich weiß wirklich nicht mehr weiter. Ich habe keine Ahnung, wie ich mit meinen Ängsten umgehen soll. Die belasten mich so sehr, dass ich das Gefühl habe, manchmal nicht mehr weitermachen zu können. Mein Freund ist der einzige, der mich unterstützt, aber ich fühle mich manchmal trotzdem alleine.

Unsere Antwort

Deine Ängste belasten dich offenbar stark und beeinträchtigen dein Leben sehr. Du weißt, dass sie übertrieben sind, aber du kommst nicht von ihnen los. Das hat wahrscheinlich etwas mit deinen Kindheitserfahrungen zu tun. Es klingt zum Beispiel danach, dass deine Mutter deine Gefühle und Bedürfnisse generell nicht ernst nimmt, sondern sie abwertet und dich niedermacht. Es ist also logisch, dass du dadurch nicht gelernt hast, mit schwierigen Gefühlen umzugehen. Und es ist auch logisch, wieso du oft im „Einzelkämpfermodus“ bist – du wurdest vermutlich oft mit deinen Gefühlen allein gelassen und musstest irgendwie allein klarkommen.

Momentan versuchst du, angstmachende Situationen zu vermeiden: zum Beispiel Geschlechtsverkehr und Autofahren. Das ist verständlich, lässt die Angst aber langfristig nur wachsen. Das merkst du ja bereits: Die Angst sucht sich immer was Neues, worin sie sich krallen kann. Du brauchst eine gute und professionelle Begleitung, um einen anderen Umgang mit deiner Angst zu lernen. Ich empfehle dir daher sehr, dir psychotherapeutische Unterstützung zu suchen. Wenn du in Deutschland lebst, hilft dir diese Website vielleicht weiter. Du kannst es auch erstmal mit deiner Hausärztin besprechen. Falls du noch über deine Eltern krankenversichert bist, frag vielleicht deinen Vater, ob er dich bei der Suche nach einem Therapieplatz unterstützt.

Vermutlich kennst du bereits unseren Text zur Schwangerschaftsangst. Ich empfehle dir auch sehr unseren Text Wie beruhige ich mich selbst? Dort findest du ein paar Erste-Hilfe-Tipps für Angst. Auch die Website der Deutschen Angst-Hilfe bietet viele Informationen und Tipps zum Thema Angst, die dir in der Zeit bis zum Start der Therapie helfen können.

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