Stell deine Frage...

Frage Nr. 36263 von 23.01.2023

Liebes Lilli Team,
w,35. Ich bin aufgewachsen mit ziemlich viel Scham um meine Genitalien, habe mich nie selbst angefasst ausser beim Waschen. Das führe natürlich dazu, dass ich zwei eher ungute Beziehungen hatte, wo viel Sex stattfand obwohl ich keine Lust hatte. Danach habe ich aber meinen Genitalbereich erkundet. Dann kam leider eine Jahre dauernde schmerzhafte Beckenerkrankung. Mein Genitalbereich wurde mir verhasst und ich musste so vielen Ärzten darüber reden, dass es so normal wurde über die Vagina und Vulva und den Anus zu reden wie über die Nase oder die Zähne.

Jetzt habe ich alles überstanden und einen netten Partner. Mir ist aber etwas aufgefallen: Mein Partner ist extrem sexuell aufgeschlossen, auch für anale Berührungen und Spiele etc. An manchen Tagen, wenn ich ihm aber über der Hose über den Po streiche, sagt er, eeeehhh, das mag ich gerade nicht. An anderen Tagen mag er es sehr gerne. Ich denke, es kommt immer auf die Stimmung und den Tag an, ob er z.B. einen Klaps auf den Po mag oder nicht.

Ich beneide, dass er das empfinden kann. Für mich ist es immer gleich, es berührt halt jemand z.B. meinen Po. Ich kann das nicht empfinden, heute ist es schön, es fühlt sich gut an. Oder heute fühlt es sich nicht richtig an, mir ist nicht danach. Es gibt kein, ehhh, gerade nicht. Oder ein hmmmm, klaps mir doch auf dem Po. Es ist immer irgendwie neutral. Wie wenn meine Genitalien gar nichts Privates mehr sind. So neutral wie ein Händeschütteln. Nicht etwas besonderes, wo man manchmal angefasst werden mag und manchmal passt es auch nicht und man will lieber woanders berührt werden. Ich hoffe, ich konnte das einigermaßen formulieren.

Wie kann ich es schaffen, wieder ein wenig "Schamgefühl" zu bekommen, bzw. so wie mein Freund zu spüren, wann mir sexuell ist und wann nicht. Wann ich es mag, wenn mein Po berührt wird und wann nicht? Wie kann ich wieder empfinden, dass die Genitalien etwas Besonderes sind, und nicht so neutral wie z.B. Hand und Fuß.

Danke!

Unsere Antwort

Hm. Ich merke, dass ich dir in etwas grundsätzlich widerspreche: Für mich sind Hand und Fuss nicht neutraler als das Geschlecht. Umgekehrt ist der ganze Körper etwas besonderes, genauso wie das Geschlecht. Wir können lernen, jeder Stelle unseres Körpers die Aufmerksamkeit zu schenken, die Berührungen zu etwas besonderem macht.

Genauso können wir lernen, uns bei Berührungen an jeder Stelle des Körpers zu distanzieren und diese Körperstellen so gut abzuspalten, dass wir Berührungen dort als nichtssagend wahrnehmen, oder dass wir sie kaum oder gar nicht wahrnehmen.

Möglicherweise hast du das bezüglich Berührungen an deinem Geschlecht gelernt. Das machte Sinn, um die unangenehme Empfindungen und Gefühle bei deiner Beckenerkrankung und den damit verbundenen Untersuchungen und Behandlungen wegzumachen.

Jetzt ginge es darum, dass du deinem Geschlecht viel positive Aufmerksamkeit widmest – wie du das offenbar früher auch schon gemacht hast. Ziel ist, dass du es für dich "zurückeroberst" und wieder eine gute Beziehung zu ihm aufbaust.

Ich empfehle, dass du einen Brief schreibst: einen Brief von deinem Geschlecht an dich. Was erlebt dein Geschlecht mit dir? Wie geht es ihm? Was wünscht es sich? So kannst du dein Geschlecht wieder mehr "beleben".

Ich schlage dir zudem vor, dass du dich an die Erkundung deines Geschlechts machst, wie wir sie in diesem Text beschreiben. Insbesondere empfehle ich dir, dass du deinen Körper dabei bewegst – insbesondere dein Becken und die Beckenbodenmuskeln. Das heisst, du machst weniger mit der Hand, mehr mit dem Becken. Durch diese Bewegung kriegst du eher das Gefühl, dass dein Geschlecht aktiv und belebt ist. Mehr über die Vorteile der Bewegung liest du in diesem Text.

Schau mal, was du mit unserer Antwort anfangen kannst! Bei weiteren Fragen schreib uns einfach wieder. Gib dann bitte die Nummer dieser Frage an.

Schau dir mehr Antworten und Infotexte an zum Thema