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Frage Nr. 37095 von 18.06.2023

zu 36983

Danke für eure Antwort!!!
Nunja, warum habe ich ohne Erregung Sex? Ich habe schon Erregung, aber nur im Kopf. Körperlich geht es aufgrund Duloxetin nicht.
Und ich ihr habt Recht, mein Partner sagt, für ihn es total wichtig dass es mir gefällt.
Aber ich will ja auch dass es ihm gefällt! ich hab irgendwie so einen Druck, dass ich genauso gut sein will wie die Exfreundinnen. Aber das kann ich nicht sein, weil man bei mir weniger spürt. Es ist total ein Teufelskreis. Der natürlich noch weiter die Lust raubt.
Ich habe schon den Vaginismus besiegt und könnte eigentlich stolz auf mich sein. Ich dachte damals immer, sobald Penetration schmerzfrei ist, ist alles gut und ich kann endlich genießen und bin genauso gut wie die anderen. Aber dann kam das, dass ich irgendwie zu weit bin. Das hat mich in meinem Selbstwert total verunsichert. Und der war ja durch den Vaginismus schon angeknackst.
Ich würde manchmal nach dem Sex am liebsten weinen wenn ich merke, er konnte wieder nicht kommen weil ich nicht "richtig" bin. Dabei hat er nie so etwas gesagt. Er hat mir nie nen Vorwurf gemacht oder so, er findet es im Gegenteil ziemlich unsexy wenn ich versuche irgendwelchen Anforderungen zu genügen. Hat auch Jahre gewartet bis ich den Vaginismus besiegt hatte. Es ist wirklich alleine ein Konflikt in mir. Dieser Wunsch, einmal einen Mann zufrieden zu machen. Diese enttäuschte Hoffnung, nach dem Besiegen des Vaginismus nicht genauso zu sein wie die anderen, sondern schon wieder nicht so dass ein Mann in mir kommen kann.
Vielleicht ist es auch die Angst, dass ich irgendwann einer offenen Beziehung zustimmen muss, weil ich es nicht "bringe". Und dann total raus bin, weil was will man mit mir wenns dann ne andere gibt, die die Spezifikation erfüllt?
Ich war schon in Psychotherapie wegen des niedrigen Selbstwerts, aber das hat mich nicht weitergebracht, leider.

Mit vielen Grüßen und Danke...

Unsere Antwort

Vielen Dank für deine Offenheit!

Erstmal Glückwunsch, dass du es geschafft hast, den Vaginismus zu überwinden! Das ist nicht so einfach und verlangt Durchhaltevermögen.

Ich nehme an, dass du Duloxetin nimmst, weil du unter einer depressiven Erkrankung leidest. Durch eine depressive Erkrankung kann die Sexualität sehr eingeschränkt werden. Das Gleiche gilt für Duloxetin, es kann Nebenwirkungen haben, die sich auf den sexuellen Bereich auswirken, was du ja auch geschrieben hast. Beides kommt relativ häufig vor. Allen voran tritt oft Lustlosigkeit auf, aber auch dass die Genitalien nicht so ansprechen, wie man das selber vom Kopf her erwartet. Das ist ja auch ein bisschen, was du beschreibst.

Du schreibst, dass du schon eine Psychotherapie gemacht hast, die dir in Bezug auf deinen Selbstwert nichts gebracht hat. Ich weiss nicht, welche Art von Psychotherapie du gemacht hast. Ich würde dir trotzdem empfehlen, dich nochmal an eine neue Psychotherapie zu wagen. Ich denke, dass es für dich gut wäre, wenn es eine körperorientierte Psychotherapie wäre. Oft kann man ein besseres Selbstwertgefühl bekommen, wenn man den Körper wieder besser wahrnehmen kann. Also wenn du lernst, deinen Körper wieder positiv zu fühlen. Den Körper positiv zu fühlen oder überhaupt zu fühlen, ist etwas ganz anderes als ihn positiv zu sehen oder ihn positiv zu bewerten. Ihn positiv zu sehen oder zu bewerten ist mehr was „von aussen“ vom Verstand her, das hilft nicht allen Leuten weiter. So wie das bei dir ja auch nicht funktioniert hat.

Hast du schon mal darüber nachgedacht, wie anstrengend das für deinen Partner sein muss, dass du nur zufrieden bist, wenn er kommt. Das heisst, die ganze Verantwortung für deinen Selbstwert liegt auf seinen Schultern. Er muss dir eigentlich beweisen, dass du was wert bist. Das ist auf die Dauer für die meisten Menschen eine zu grosse Belastung. Das heisst, dein Partner gerät auch unter Stress. Er kann nicht zum Orgasmus kommen, weil er seine Erregung nicht genug steigern kann. Vielleicht weiss er selber nicht genau, warum er seine Erregung nicht besser steuern kann und sucht nach einer Begründung. Und ja, er spürt DICH nicht, weil du beim Sex ja nicht „anwesend“ bist. Du bist dann, wie du es beschreibst, in irgendwelchen Gedankenkonstrukten von wer wann wie besser ist. Im Prinzip geht es in deinem Kopf nur um dich, um deinen Selbstwert. Das ist sehr zermürbend sowohl für dich als auch für deinen Freund.

Ich würde dir empfehlen, den Fokus zu wechseln, um weiterzukommen. Du bleibst dabei, dass es in deinem Kopf nur um dich geht und das ist gut. Aber das Thema ändert sich, es ist DEIN körperliches Fühlen. Sobald du anfängst, körperlich wieder mehr zu empfinden, wird automatisch dein Selbstwert steigen und dein Freund ist nicht mehr verantwortlich für deine Zufriedenheit. Und er wird dich dann auch im Sex wieder „spüren“ können, das ist die logische Folge. Ich weiss, dass es unter deinen Medikamenten schwieriger ist, aber du hast grossen Durchhaltewillen und Ehrgeiz, das hast du ja schon bewiesen. Und es ist möglich, das zu verbessern, auch unter den Medikamenten.  Also das heisst, ich empfehle dir einerseits unsere Übungen regelmässig zu machen, um mehr zu empfinden. Und ich lege dir auch wirklich eine körperorientierte Psychotherapie ans Herz.

Und vielleicht willst du ja auch schon mal versuchen, den Gedanken zu widerstehen, die sich immer in deinem Hirn drehen. Es ist schwierig, weil du es gewohnt bist. Sie sind quasi deine besten Bekannten, die sich da täglich in deinem Gehirn vergnügen. Du kannst versuchen Stopp zu sagen, wenn wieder der Frau „ich bin schlechter als die Exfreundin“ vor der Tür steht. Und ersetze sie bewusst durch jemanden anderen, zum Beispiel Herrn „du bist bezaubernd“. Auch wenn du Herrn „du bist bezaubernd“ vielleicht noch nicht kennst und er sich nicht vertraut anfühlt oder gar lächerlich, denke es trotzdem weiter. Du kannst sicher sein, dass kurze Zeit später wieder Frau „ich bin schlechter als die Exfreundin“ vor der Tür stehen wird, weil sie das ja noch nie erlebt hat, dass sie einfach so abserviert wurde. Dann machst du wieder die Tür zu und wählst bewusst irgendeinen anderen neuen Gedanken. Es ist recht anstrengend am Anfang, weil du es anders gewohnt bist. Und Gewohnheit ist zwar nervig, aber auch vertraut. Also schau dir deine Gedanken als „Gäste“ in deinem Gehirn an. Sie sind nicht du und sie sind auch nicht die Realität. Schau, welche Gäste du haben willst. Sei wählerisch.

Du kannst dich gerne wieder bei uns melden, wenn du weitere Fragen hast oder dir etwas unklar ist.

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