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Frage Nr. 38238 von 21.04.2024

Hallo liebes Lilli-Team,
ich bin w, 22 und seit mittlerweile fast 3 Jahren in einer (bis auf das folgende Problem) sehr glücklichen Beziehung. Mein Partner (m, 25) ist mein erster sexueller Partner, weshalb ich nicht auf vorige Erfahrungen zurückgreifen kann.

Die Kommunikation mit meinem Partner ist sehr gut - ich habe das Gefühl, ihm alles sagen zu können, was ich denke, auch wenn es um Sex geht. Überhaupt fühle ich mich sehr wohl mit meinem Partner.

Allerdings war unser Sex für mich bisher immer enttäuschend. Egal was wir tun, es fühlt sich für mich nicht gut an. Auch nicht schlecht, einfach nach nichts. Es liegt nicht daran, dass mein Partner sich keine Mühe gibt, im Gegenteil - er versucht wirklich sehr, Sex für mich so schön wie möglich zu machen. Ich würde ihm auch gerne sagen, was er anders machen soll, damit es für mich besser wäre, aber ich weiß es selber nicht, da ich ja bisher nie eine "befriedigende" Erfahrung gemacht habe. Auch wenn ich versuche, beim Masturbieren herauszufinden, was mir gefällt, finde ich doch nichts, wobei ich mir danach denke "ja, das war gut!".

Ich habe sogar beim Masturbieren und gar nicht so selten auch beim Sex mit meinem Partner einen Orgasmus (oder zumindest denke ich, dass es einer ist). Ich kann dann deutlich die Muskelkontraktionen im Beckenboden spüren und danach wird mein Schritt sehr empfindlich, sodass weitere Berührung unangenehm ist. Allerdings fühle ich auch dabei kein positives Gefühl. Auch kein negatives. Einfach keins eben.

Außerdem komme ich beim Sex nicht in einen "triebgesteuerten Modus", wie ihn andere mir beschreiben haben. Stattdessen denke ich darüber nach, was ich grade fühle, und warum es sich nicht besser anfühlt.

Meinem Partner ist das alles bewusst, wir haben darüber schon viel gesprochen, und er unterstützt mich so gut er kann. Er sagt, dass es ihm auch eigentlich egal ist, ob wir Sex haben oder nicht, weil ihm unsere Beziehung so viel mehr bedeutet als das. Ich wünschte, es wäre mir auch egal, aber irgendwie schaffe ich das nicht. Vielleicht ist es leichter zu sagen, dass Sex nicht so wichtig ist, wenn man weiß, wie sich befriedigender Sex anfühlt.

Könnt ihr mir irgendwelche Tipps geben? Wie kann ich etwas finden, was sich gut anfühlt? Wie kann ich in den "Modus" kommen? Warum fühlt sich mein Orgasmus nicht gut an? Muss ich einfach akzeptieren, dass sich Sex für mich nicht gut anfühlt (Stichwort Asexualität?) und es einfach sein lassen?

Vielen Dank für eure Hilfe!

Unsere Antwort

Erst mal gratuliere ich dir zu deiner tollen Beziehung! Es ist schön, dass ihr über alles sprechen könnt und glücklich miteinander seid.

Körperlich ist bei dir offenbar auch alles in Ordnung, denn du bekommst orgastische Entladungen, wie man den Orgasmus nennt, wenn das entsprechende Gefühl dazu fehlt.

Und du schreibst eigentlich schon selber woran es liegt :"Stattdessen denke ich darüber nach, was ich grade fühle, und warum es sich nicht besser anfühlt." Es scheint, dass du körperlich relativ wenig dabei bist. Du gehst wie in eine Beobachterposition oder Kommentatorinnenrolle. Sobald du irgendetwas fühlst, gehst du weg von dem was du fühlst, indem du anfängst alles zu beurteilen und zu analysieren. Das Problem ist, dass wir unsere Aufmerksamkeit nur auf eine Sache richten können. Also als Beispiel, du hörst Musik und dann fängst du währendessen an darüber nachzudenken, warum der Songwriter, wohl diesen Text  ausgewählt hat und ob ein anderer Text nicht besser wäre und in dem Moment läuft die Musik nur noch im Hintergrund und du kriegst einiges nicht mit. Warum das bei dir so ist, dass du dich in deine gedankliche Analyse flüchtest, weiss ich natürlich nicht. Es kann sein, dass du es einfach so gewohnt bist und auch bei anderen (körperlichen) Themen so ist. Es kann auch sein, dass du unbewusst die Befürchtung hast, du würdest die Kontrolle verlieren und deine Gedanken geben dir eine Art Sicherheit und es gibt sicher noch zig andere Möglichkeiten.

Was ich dir empfehlen kann, dass du lernst deine Aufmerksamkeit bewusst zu steuern. Also sagen wir mal, dein Freund berührt dein Genitale. Dann spürst du, dass er dich berührt. Und dann wird es wahrscheinlich direkt losgehen mit der Beurteilung: ich sollte das jetzt erregender finden, es wird so laufen wie immer, soll ich mich so oder so rum drehen etc. Sobald du das merkst, gehst du wieder mit deiner Aufmerksamkeit auf deinen Körper, einfach nur pur auf das, was du spürst. Dann wird es recht schnell wieder losgehen mit beurteilen und verurteilen. Das macht nichts, das ist normal. Dann gehst du wieder zurück und konzentrierst dich einfach darauf was du fühlst. und bleibst dabei, egal ob es als neutral und nicht wertvoll beurteilt wird. Das Gleiche machst du auch bei der Selbstbefriedigung, die du am besten mit Bewegung machst, damit das Fühlen im Körper stärker ist. Es ist ein Lernprozess. Du musst deinen Kopf/Verstand dazubringen mit deinem Körper zusammenzuarbeiten. Und du solltest weitermachen egal ob die Kritikerin jetzt sagt, das ist schön, nicht schön, bei anderen ist es anders etc. Und dann solltest du dir auch darüber bewusst werden, dass die Gedanken, die du denkst nichts besonderes sind, die sind schon Milliardenmal von zig verschiedenen Menschen gedacht worden. Das was du wirklich körperlich fühlst, ist etwas ganz besonderes und einzigartiges, denn das kannst in deinem Körper nur du fühlen. Das heisst, die körperlichen Empfindungen müssten aufgewertet werden. Also nicht ob es schön ist oder nicht, sondern die Empfindung ganz allgemein. Ein Beispiel, das vielleicht ,wie alle Beispiele, etwas hinkt: du hast Hunger und spürst das körperlich. Auch beim Hunger kann man das (bis zu einem gewissen Grad) wegschieben. Du denkst irgendwas darüber, dass das jetzt nicht passend ist, dass du später dies oder jenes isst, dass du noch eben schnell das fertig machst. So oder ähnlich gelingt es manchmal den Hunger für eine Zeit auszublenden. Du könntest dich aber auch darauf konzentrieren, was fühlst du gerade in der Magengegend, wie fühlen sich zum Beispiel deine Hände gerade an, oder dein Körper allgemein.

Es geht also darum, dass du deinem Körper und damit deinen körperlichen Empfindungen mehr Raum und Wichtigkeit gibst und sie nicht von deinen Gedanken verklaven lässt. Es ist am Anfang anstrengend und du wirst auch zunächst das Gefühl haben, das bringt alles nichts. Bleib dran, es lohnt sich. Und wie schon erwàhnt, wie du dich beim Sex und bei der Selbstbefriedigung bewegst, hat einen grossen Einfluss darauf, wie stark du etwas empfindest und auch wie gut du deine Aufmerksamkeit darauf halten kannst.

 

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