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Frage Nr. 40416 von 18.11.2025

Ich habe eine Frage, die mir schwer fällt zu stellen. Es geht um „mir wehtun“. Ich habe sexualisierte Gewalt erlebt. Ich habe Unterstützung, aber traue mich nicht, über das zu sprechen, weshalb ich es euch schreibe.
Könnt ihr den Teil hier kürzen?
[...]
Ich bin unsicher, wie ich das einordnen soll? Eine Art „Reenactment“? Oder Ausdruck meiner Gestörtheit?
Habt ihr Ideen, was ich tun kann? Kommt so etwas auch bei anderen vor? (w, 28)
Aktuell habe ich auch den Drang, meinen Körper
irgendwo anzubieten bzw. zu bewirken, dass ein Mann ihn wieder so braucht wie früher.

Ich habe das nie gemacht und bis jetzt habe ich mich auch noch nie so nah an einer Handlung gefühlt. Es macht mir irgendwie Angst; Ich lebe ein ganz anderes Leben, bin ein ganz anderer Mensch und möchte das eigentlich nicht. Es ist wie ein anderer Anteil in mir, der findet, dass ich nur das verdient habe, nur dazu zu brauchen bin.

Unsere Antwort

Du merkst bei den beschriebenen Szenen selbst, dass du dir nicht irgendwelche beliebige Verletzungen zufügst. Du spielst immer wieder die gleichen Szenen durch. Darin kommen zwei emotionale Persönlichkeitsseiten vor. Eine kontrollierende, tätliche Seite verletzt. Die andere leidende Seite schluchzt und fleht. Das entspricht deinem Erleben während der Gewalttaten. Man könnte es Reenactment nennen. Es könnte aber auch als komplexe posttraumatische Belastungsstörung (ICD-11/6B41) beschrieben werden. Ein wesentliches Symptom ist dort: «schwere und anhaltende Überzeugungen über die eigene Person als erniedrigt, unterlegen oder wertlos, begleitet von Scham-, Schuld- oder Versagensgefühlen im Zusammenhang mit dem traumatischen Ereignis». Dieses Symptom ist nicht auf Gedanken und Gefühle beschränkt. Menschen, die ein sehr negatives Selbstbild haben, behandeln sich selbst auch schlecht. Du kennst das.

Du schreibst, dass du Unterstützung hast. Wir gehen davon aus, dass du eine psychotherapeutische Fachperson meinst. Wenn sie traumatherapeutisch erfahren ist, solltest du dich mit ihr zusammen an die Arbeit machen. Du hast schon vieles verstanden. In der Psychotherapie kannst du lernen, die erlittenen Gewalttaten als eine Realität in deiner Biografie anzusehen. D.h. Du lernst zu akzeptieren und dich innerlich zu distanzieren. Genauso wichtig ist, dass du dich selbst genau verstehst. Dein Verhalten zeigt dir, was du erlebt hast. Du hast das ja selbst schon herausgefunden. Du darfst es nicht vergessen, weil die traumatisierte Seite in dir, deine Unterstützung braucht. Dazu musst du lernen, zu dir selbst freundlich und zugewandt zu sein. Und dazu brauchst du psychotherapeutische Begleitung, weil du in dem Bereich noch nicht viele Möglichkeiten zu denken, zu fühlen oder zu handeln gelernt hast.

Zur Sexualität: Du wiederholst die harte sexuelle Erregung in der Selbstbefriedigung, weil du nichts anderes kennst. Da Sex lernbar ist, könntest du selbst schon in kurzen Übungen ausprobieren, in welchem Mass du weichere Selbstberührungen erträgst. Beginn mit einfachen Körperberührungen. Wie wohl fühlst du dich mit feinem Streicheln, mit versicherndem Auflegen der ganzen Hand oder festem Kneten der Muskulatur? Wie lange hältst du die verschiedenen Berührungen aus? Versuch solche Übungen wie eine interessierte Forscherin zu machen. Quäl dich nicht, sondern hör auf, wenn es unangenehm wird. Dann kannst du deinen ganzen Körper kräftig schütteln, um das unangenehme Gefühl abzustreifen. Am besten übst du jeden Tag. Denn wir lernen nur, wenn wir Sachen oft und möglichst regelmässig wiederholen. Du findest auf unserer Seite viele Übungen. Schau mal, was dich interessiert.

Unsere Vorschläge zielen auf die Verarbeitung deiner traumatischen Erfahrungen. Du hast auch klug verstanden, dass du gelernt hast, viel Schmerz zu ertragen. Typischerweise fällt dir ein, das Gelernte in der Sexarbeit zu verkaufen. Wir raten dir davon ab. Wir wünschen dir, dass du deine Kraft für deine Entwicklung einsetzt und Geduld mit dir hast.

Diese Antwort gilt auch für Frage 40430.

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