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Frage Nr. 33515 von 02.09.2021

Hallo, ich bin 36 Jahre alt, weiblich. Seit ich mich erinnern kann, nutze ich meine Brüste zur Selbstbefriedigung. Als Kind und eigentlich auch bis ich ca 30 Jahre alt war, bin ich nur durch zusammenpressen der Beine im Vierfüßlerstand, Muskelspannung und rhythmischen Bewegungen plus Nippelstimulation zum Orgasmus gekommen. Oder alleinige Brustwarzenstimulation funktioniert auch. Ich habe sehr leicht harte Brustwarzen. Schon ein Luftzug oder ohne BH rumlaufen reicht. An meiner Klitoris habe ich leider nie wirklich viel gespürt.

Als ich 12 Jahre alt war, hatten wir in der Schule Sexualkunde. Da ging es auch um die Klitoris. Ich habe mich da dauernd untersucht, aber keine erogene Zone gefunden. Manche Stellen meiner Vulva sind auch leicht pelzig. An anderen Stellen spüre ich etwas mehr. Ich habe mich damit abgefunden, da ich ja zum Orgasmus kommen konnte. Aber eben nicht über die direkte Stimulation. Deshalb habe ich meine Klitoris eigentlich nie oft berührt. Ich habe es immer mal wieder versucht, aber ohne Erfolg. In meinen späteren Beziehungen zu Männern, haben einige auch immer versucht mich da zu stimulieren. Es war mir immer unglaublich peinlich zu sagen, dass ich da nichts spüre. Es kam auch immer die Rückmeldung, dass meine Klitoris sehr klein sei und nicht hart wird. Oder gar nicht zu sehen wäre. Was auch immer das heißt.

Ich habe auch nie von meinen Brüsten erzählt, weil es mir auch peinlich war, dass ich über Nippelstimulation zum Orgasmus komme. Ich weiß leider nicht, warum und woher diese Hemmungen kamen. Ich habe auch nicht jemanden gezeigt, wie ich zum Orgasmus komme. Ich konnte das mit der Muskelspannung nicht erklären. Einer meiner Freunde meinte ich sei nicht normal. Das hat mich damals ziemlich verunsichert. Natürlich hatte der auch keine Ahnung. Heute weiß ich das. Ich bin eigentlich nicht so gehemmt. Die meisten Männer haben mich immer zu grob an den Brüsten berührt oder gar nicht. Ich bin damals nie mit einem Mann zum Orgasmus gekommen. Auch mit meinem späteren Ehemann nicht. Ich dachte immer, dass wäre normal.

Seit meiner ersten Schwangerschaft spüre ich auf einmal was in der Klitoris. Früher habe ich nicht mal einen Vibrator gespürt. Wahrscheinlich haben die vielen Schwangerschaftshormone irgendetwas ausgelöst. Ich hatte in beiden Schwangerschaften auch permanent Lust auf Sex. Am Ende der Schwangerschaft war es unerträglich. Es war mir möglich zum ersten Mal mit einem Klitorisvibrator zum Orgasmus zu kommen. Mit dem Finger habe ich es nur ein einziges Mal geschafft. Ich musste aber sehr schnell und fest reiben das ich überhaupt etwas spüre. Mit meinem Mann habe ich es erst vor kurzem während der Penetration zum Orgasmus geschafft. Aber ohne Beine zusammenpressen geht es da leider nicht. Mein Mann mag kein Sexspielzeug. Er findet es abtörnend, wenn ich während dem Geschlechtsverkehr einen Klitorisstimulator benutze.

Jetzt meine eigentliche Frage. Zu welchen Arzt geht man am besten, um Sensibilitätsstörungen festzustellen? Gerade in diesem Bereich. Gibt es da spezielle Ärzte, die sowas untersuchen können. Ich habe seit 25 Jahren Diabetes Typ 1. Aber da ich ja als Kind schon nie so richtig viel Empfindung an der Klitoris hatte, glaube ich eigentlich nicht, dass es damit zusammen hängt. Tatsache ist ja, das es mit einem Klitorisvibrator klappt. Mit dem Finger oder Zunge spüre ich nur sehr wenig. Nicht so viel, wie wohl die meisten Frauen. Eine Wärmecreme, die angeblich kribbelt hat mir leider auch nichts gebracht. Ich muss auch immer die Haut stark zurückziehen, um die Klitoris überhaupt zu sehen. Wenn ich den Beckenboden anspanne, habe ich das Gefühl, dass die Klitoris etwas mehr hervortritt. Kann sowas sein? Ich war schon immer sehr sportfaul. Vielleicht bin ich zu untrainiert? Oder liegt meine Klitoris zu tief in meinem Beckenboden? Seit den Schwangerschaften verliere ich leider auch ziemlich viel Urin, wenn ich etwas schneller an der Klitoris reibe. Ich spüre dann zwar mehr, aber ich kann das Wasser nicht mehr halten. Es ist sehr viel Urin, kein Squirting. Mit dem Klitorisvibrator verliere ich keinen Urin. Liebe Grüße

Unsere Antwort

Danke für die ausführliche Beschreibung. Ich habe sie deiner Anonymität zuliebe etwas gekürzt.

Zuallererst: Du musst nicht zum Arzt. Denn so wie du deine Sexualität beschreibst, ist sie völlig normal, und in deinem Geschlecht funktioniert alles völlig normal. Du beschreibst sehr schön eine völlig normale sexuelle Lerngeschichte – in der du dich durch irgendwelche Meinungen und Vorstellungen und vielleicht auch durch Diabetes hast verunsichern lassen. Gern helfe ich dir, diesen Meinungen und Vorstellungen den Garaus zu machen. Du meinst, bei den meisten Frauen sei das anders als bei dir, und sie spüren mehr. Weit gefehlt.

Nippel können sehr erregbar sein, da bist du bei weitem nicht die einzige. Du bist auch nicht die einzige Frau, die sich so bis zum Orgasmus stimulieren kann. Schade, dass du den Männern nicht von dieser Fähigkeit berichtet hast. Ich empfehle dir, das in Zukunft zu tun. Glaub mir: Die meisten Männer stimulieren gern Nippel. Wichtig ist, dass du ihnen sagst und zeigst, wie du es gern hast.

Ebenso bist du bei weitem nicht die einzige Frau, die sich mit Muskelspannung sexuell erregen kann bis zum Orgasmus. Druck und Muskelspannung eignen sich hervorragend zur sexuellen Erregung, und wie du haben das auch andere Frauen gelernt. Das kannst du in diesem Text nachlesen.

Und schliesslich: Deine Klitoris ist völlig normal. Mag sein, dass der Schaft eher kurz ist. Das ist bei der Klitoris genau wie beim Penis oder der Nase: Es gibt längere und kürzere. Entscheidend ist, dass deine Klitoris weit mehr ist als der Knubbel, den du mal mehr und mal weniger erspüren kannst. Ich bitte dich, unseren Text über die Klitoris zu lesen und das Bild anzuschauen. Wenn du die Aufmerksamkeit nur auf die Perle der Klitoris legst, ist das so, wie wenn ein Mann nur die Eichel des Penis stimuliert. Du kannst noch viel mehr in deiner Klitoris – ja überhaupt in deinem ganzen Geschlecht – entdecken. Lies hierzu bitte diesen Text.

Du bist verunsichert, weil du im Klitoriskopf und in der Vulva nicht so viel spürst. Das hat aus meiner sexualtherapeutischen Erfahrung drei Gründe:

  1. Deine diversen Techniken der sexuellen Erregung gehen alle mit viel Muskelspannung einher. Während du die Muskeln im Becken anspannst, ist die Empfindlichkeit an der Hautoberfläche weniger, da die Durchblutung nicht so gut ist. Der Vibrator funktioniert in diesem Fall besser, weil die Stimulation intensiver ist. Auch das ist eine beliebte Erregungstechnik, die du in diesem Text nachlesen kannst. Dieses Thema der reduzierten Wahrnehmung in hoher Muskelspannung kennen viele Frauen.
  2. Du gehst von einer Erwartung aus, wie sich etwas anfühlen sollte, aber diese Erwartung basiert nicht auf klaren Tatsachen. Es gibt kein "richtig", wie sich deine Klitoris oder deine Vulva anfühlen sollte. Viele Frauen erwarten irgend eine sexuelle Erregung, irgend etwas Intensives oder Schönes. Und wenn das nicht da ist, meinen sie frustriert, sie spüren nichts. Dabei spüren sie natürlich etwas – so wie du auch etwas spürst. Es ist lediglich nicht das, was du erwartest. Es wäre gut, wenn du du deine Aufmerksamkeit auf das richtest, was du spürst. Denn nur so lernst du, mehr zu spüren. Das bringt mich zum wichtigsten Punkt:
  3. Spüren ist lernbar. Die Nervenendigungen in deinem Geschlecht müssen regelmässig stimuliert werden, damit dein Gehirn begreift, dass da was läuft. Ich bitte dich, dass du unseren Text über das sexuelle Lernen liest. Du beschreibst eine stolze sexuelle Lerngeschichte: Du hast zuerst gelernt, dich an den Nippeln und mit Muskelspannung zu erregen. Dann hast du gelernt, dich mit Vibration am Klitoriskopf zu erregen. Dann hast du gelernt, dich mit Reibung zu erregen, dann während dem Geschlechtsverkehr. Ganz schön viel, was du da gelernt hast.

Wo Lernen wichtig ist, ist Üben wichtig. Ich empfehle dir dazu diesen Text über das Üben. Wenn du ein neues Instrument spielen lernen möchtest, musst du auch üben. Und nicht frustriert sein, wenn es zunächst nach gar nichts klingt. Ich empfehle dir, dass du, ausgehend von diesem Text, dein Geschlecht erforschst und regelmässig berührst, ohne sexuelle Erregung zu erwarten. Schau was ist, nicht was nicht ist. Also guck auf den Käse, nicht auf die Löcher.

Was deine Erregungstechnik angeht, empfehle ich dir überdies, mehr in Bewegung zu kommen. Dadurch ist die Durchblutung im Geschlecht besser, und du spürst mehr. Du könntest zum Beispiel üben, die Beckenschaukel bei der Selbsterkundung oder beim Sex einzusetzen. Das ist eine gute Bewegung, wenn du lockerer werden möchtest. Tipps dazu findest du in diesem Text.

Noch etwas zum Urin: Doch, das kann man durchaus auch Sqirting nennen, also eine Ejakulation. Das Wasser kommt vor allem aus der Blase. Lies dazu bitte diesen Text. Durch die Schwangerschaften hat sich anatomisch einiges geändert. Genau wie, kann ich dir nicht sagen, denn es ist deine ganz persönliche Anatomie. Aber jetzt findet mehr Stimulation im Zusammenhang mit der Blase statt. Ich empfehle dir, dass du das "erotisierst", also darauf achtest, wie sich das anfühlt und lernst, es mit der sexuellen Erregung zu verbinden. Es ist ja hochinteressant, dass du das mit dem Finger hinkriegst, mit dem Vibrator aber nicht. Vielleicht möchtest du dich auf eine Forschungsreise machen, wo du genau hinspürst und darauf achtest, was du eigentlich machst und was ist.

Fazit: Du hast eine äusserst reichhaltige Sexualität. Du hast viel gelernt, und du kannst noch viel lernen. Viel Spass beim Üben!

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