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Frage Nr. 35083 von 20.05.2022

Hallo ich bin männlich und 23 Jahre alt. Mich beschäftigen seit langem meine sexuelle Fantasien und habe hier bereits vieles nützliches dazu lesen können. Dennoch ist mein Problem ein bisschen komplizierter weswegen ich mich beschlossen habe eine Frage an euch zu senden.

Ich habe mit ca 13 Jahren angefangen Pornos zu schauen und habe bereits dort eine Fantasie für mich entdeckt die mir bei der Selbstbefriedigung einen extremen Kick gegeben hat. Ich habe mir immer vorgestellt eine attraktive Frau zu sein in Bezug auf sexuelle Handlungen. Das heißt ich habe mir immer vorgestellt in den Pornos die Frau zu sein und wie sie penetriert wurde. Meistens ging es darum das die Frau von dem Mann dominiert wurde. Ich habe das ganze über Jahre hinweg gemacht, die Filme wurden auch immer extremer mit Vergewaltigungen usw.

Schwulen Pornos haben mich nicht gereizt sondern eher abgeturned, wenn sich zwei Männer näher kommen, bei mir musste immer eine Frau in den Filmen dabei sein. Ich habe schon irgendwie gewusst das es ein bisschen komisch ist aber ich hab mir darüber nicht groß Gedanken gemacht das war einfach meine Art mich zu befriedigen die mir auch einen extremen Kick gab. Ich habe ab und zu auch Pornos aus der Männer Sicht geschaut aber das gab mir nicht den gleichen Kick wie aus der anderen Perspektive.

Ich habe in meinem Alltag aber immer darauf gefreut ganz normal Sex mit einer Frau zu haben, die Fantasie war eher ein separates Thema womit ich mich halt erregt habe. Bei meinem ersten Mal mit 21 mit einer Frau hab ich dann gemerkt das ich kaum erregt werde durch meine aktive Männerrolle. Ich habe gemerkt das ich mich in die Fantasie komplett verrannt habe und das was ich eig will, mit einer Frau eine Beziehung führen und Sex zu haben irgendwie nicht richtig geht. Ab dem Moment habe ich aufgehört Pornos zu schauen und die Fantasie weiter zu reizen.

Jetzt komme ich aber zu meinem eigentlichen Problem. Irgendwo in diesem Zeitraum hat meine Fantasie angefangen sich auf meine Realität auszubreiten. Ich habe eine Möglichkeit gefunden meine Fantasie auszuleben in dem ich mit Männern schlafen würde. Die Vorstellung das ein Mann mich richtig wie eine Frau penetrieren würde hat in meinem ganzen Körper totale Erregung ausgelöst. Ich war zu dem Zeitpunkt extrem verwirrt weil ich Männer eig nicht als Sexualobjekte seh sondern als Kollegen und Freunde. Ich find Männer auch nicht attraktiv oder anziehend wie bei Frauen. Trotzdem habe ich mir zu dem Zeitpunkt viele Gedanken gemacht ob ich einfach Schwul oder Bi bin.

Ich habe angefangen mir im Internet Profile anzulegen um mit Männern zu schreiben und auch zu treffen zum Sex. Ich war dabei wie im Rausch, wie in meiner Fantasie, dass ich eine Frau jetzt bin und mit Männern mich zum Sex treffe. Als ich mich dann aber wieder beruhigt habe, habe ich mich selber gefragt was grad passiert ist, ich habe keine Kontrolle mehr über mich gehabt. Bei der Auswahl von den Männern hab ich einfach alles genommen was da war, mir ging es hier überhaupt nicht um Attraktivität oder Präferenzen sondern nur um den Zweck, ich wollte begehrt werden wie eine Frau und auch Sex haben wie eine.

In der Realität find ich die Nähe zu anderen Männern unangenehm, ich find sie auch nicht attraktiv aber die Fantasie zwingt mich dazu sexuelle Handlungen auszuüben, um den Kick zu erleben. Einmal habe ich mich mit einem anderen Mann schlussendlich getroffen und war danach komplett fertig. Ich war nicht selbstbestimmt in meinem Kopf sondern eher gezwungen es endlich zu erleben. Es hat Monate gebraucht um damit zurecht zu kommen. Ich habe genau gemerkt das ich bei dem Treffen will, das er mich wie eine Frau behandelt, ich habe mich nicht als Mann gesehen in dieser Situation.

Meine jetzige Freundin hat mir dabei sehr geholfen, sie hat mir Zeit gegeben und durch sie habe ich angefangen den Sex mit Frauen extrem zu genießen und eine neue Seite kennenzulernen. Ich habe auch gemerkt das ich eine Dominante Rolle sehr reizend finde. Also eig genau das was ich immer aus der anderen Perspektive in der Fantasie erlebt habe. Am Anfang der Abstinenz von Pornos war es extrem schlimm, ich habe extreme Reize in meinem ganzen Körper wahr genommen wenn ich an den Sex mit einem Mann dachte so dass ich extrem Probleme hatte dagegen zu widerstehen. Ich denke mir dann immer, warum auch? Es ist doch komplett normal auch mit Männern zu schlafen heutzutage.

Das Problem ist, dass die Fantasie alles andere verdrängt. Ich bekomme mich einfach nicht mehr erregt, wenn ich der Fantasie Platz gebe. Die Folge ist, dass ich in meiner Realität, in der ich Frauen liebe und sexual anziehend finde, nicht mehr richtig leben kann und nur noch auf der Suche nach dem nächsten Kick bin durch die Fantasie. Die Reize haben seit der Abstinenz extrem abgenommen, ich sehe Männer so wie früher, als Kollegen und Freunde. Frauen finde ich noch anziehender als früher. Als ich die Fantasie angefangen habe in der Realität auszuleben, kann ich mich auf nichts anderes mehr konzentrieren, ich bin wie im Rausch, alles geht den Bach runter, meine sozialen Kontakte, und mein Selbstbewusstsein.

Aus den ganzen Erfahrungen die ich gemacht habe, gibt es keine Möglichkeit die Fantasie ansatzweise auszuleben. Wenn ich über einen Strap On mit meiner Freundin nachdenke geht das schnell wieder über zu dem Sex mit Männern, es also richtig zu erleben. Ich habe es oft versucht und auch geschaut das ich hier nichts verdränge oder sowas, aber es gibt einfach keine Möglichkeit. Ich bin sowas von glücklich wenn ich nicht an die Fantasie denken muss und ganz und gar ich selbst bin, Selbstbewusst, viele soziale Kontakte und glücklich. Nur schleicht sich manchmal die Fantasie trotz der geringen Reize noch ein und will erlebt werden. Es fühlt sich so komisch an weil der Körper dir sagt das er es unbedingt braucht aber ich ganz genau aus meinen Erfahrungen weiß das der Weg kein gutes Ende nimmt.

Ich bin hier um nach Strategien zu fragen die Fantasie besser von der Realität zu trennen. Was für Möglichkeiten gibt es hier? Ich habe schon oft darüber nachgedacht eine sexual Therapie zu machen, gerade während meiner schlimmen Zeit vor einem Jahr. Ich habe seit dem aber mit der Abstinenz einen richtig guten Weg gemacht und spüre überall positive Veränderungen, nur ist es noch ein langer Weg um die angelegten Reize in Kopf neu zu strukturieren. Ich hoffe ich habe euch mit meiner Geschichte nicht zu sehr erschlagen. Ich weiß das es ein kompliziertes Thema ist, trotzdem würde ich mich über eine Rückmeldung sehr freuen.

Unsere Antwort

Möglicherweise verstehe ich dich nicht ganz richtig, daher schreibe ich hier kurz, was ich verstehe: Du hast bis jetzt nur mit Frauen gute sexuelle Erfahrungen gemacht, nicht mit Männern. Es gelingt dir nicht, deine Fantasien auf eine befriedigende Weise mit Männern auszuleben. Richtig? Kannst du die sexuellen Fantasien in der Selbstbefriedigung geniessen?

Ich verstehe, dass du deine Geschichte als sehr kompliziert erlebst. Vielleicht beruhigt dich, dass sie aus sexualtherapeutischer Sicht nicht besonders kompliziert ist. Ich sehe darin zwei Hauptthemen: Erstens geht es um das sexuelle Lernen – also die Fähigkeit, sich Erregungsquellen "anzutrainieren" und sie immer besser in uns zu verankern durch Wiederholung. Zweitens geht es um Gedanken und Einstellungen rund um Sex – also eine Haltung darüber, wie Sex sein sollte und wie nicht.

Was dich betrifft, so sehe ich rund um das sexuelle Lernen einen ganz normalen Mann. Rund um deine Einstellungen sehe ich eher ein Problem: Du verbaust dir einerseits viel Spass, und andererseits drängen sich Sachen genau dann eher auf, wenn man versucht, sie zu verdrängen. Wie wäre es, wenn du all deine Fantasien als Fähigkeiten ansehen würdest, denen du für dich, bei der Selbstbefriedigung, Raum und Zeit gibst?

Die Sexualität wird besser und erfüllender, wenn das "Menü" unserer Erregungsquellen grösser ist. Sie wird stressig, wenn wir bestimmte Dinge brauchen, um uns sexuell zu erregen. Wenn ich richtig verstehe, was du geschrieben hast, dann hast du die Wahl. Du kannst das eine und das andere. Das ist wie wenn du zwei Sprachen kannst. So kannst du die Vorstellung geniessen, als Frau penetriert zu werden, und du kannst die Vorstellung geniessen, eine Frau zu penetrieren.

Wenn du Sex mit Frauen mehr geniessen willst, macht es Sinn, dass du die sexuellen Fantasien ausbaust, in denen du selbst eine Frau penetrierst. Hier kannst du mit dem Körper nachhelfen. Bitte lies diesen Text über Methoden der sexuellen Erregung. Möglicherweise spielt bei dir eine hohe Muskelspannung eine grosse Rolle in der sexuellen Erregung. Wenn du übst, dich mit lockeren, intensiven Bewegungen aus dem Becken/Körper zu erregen, entwickelst du eher Fantasien davon, dass du mit einer Frau über die Penetration in eine erotische und emotionale Begegnung gehst. Dazu empfehle ich dir auch unsere Tipps zum Üben für den Geschlechtsverkehr.

Ausserdem möchte ich dir das Buch "Klappt's" von Michael Sztenc empfehlen. Einerseits ist das voll guter Übungstipps, andererseits gibt es gute Anregung zur Auseinandersetzung mit deiner Männlichkeit.

Schau mal ob dich das weiterbring. Bei weiteren Fragen schreib uns einfach wieder. Gib dann bitte die Nummer dieser Frage an.

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