Stell deine Frage...

Wie entdecke ich, was ich will und was ich fühle?

Deine eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu erforschen und ernst zu nehmen, ist sehr wichtig. Aber vielleicht weißt du gar nicht so recht, wo du anfangen sollst. In diesem Text findest du Tipps.

Wie finde ich mein „wahres Ich“?

Zunächst einmal kannst du mit weniger Druck rangehen. Denn es gibt kein „Ich“, was nicht durch dein bisheriges Leben geprägt ist. Das heißt, die Einflüsse aus deiner Umwelt musst du nicht rausrechnen oder ausblenden. Wir alle sind geformt durch unsere Umwelt. Ja, einige Dinge sind angeboren, aber Sachen wie Werte, Ziele und Interessen – das formt sich im Laufe des Lebens, und zwar durch unsere Interaktion mit der Umwelt. Kein Mensch existiert in einem Vakuum – zum Glück! Denn wir sind sehr soziale Wesen und brauchen andere, die uns spiegeln und uns inspirieren.

Was, wenn ich mich selbst nicht kenne oder spüre? 

Es kann allerdings passieren, dass du dich zu stark auf die Zustimmung und Anerkennung von anderen fokussierst und dadurch das Gefühl für dich selbst verlierst. Wenn man das auf Dauer macht, dann wird das Gespür für sich selbst ziemlich leise gedreht. Es ist aber nicht weg. Du kannst es wieder laut drehen. Dafür musst du nur den Lautstärkeregler finden. Hier sind ein paar Tipps, die dabei helfen können:

  • Journaling: Schreib deine Gedanken und Gefühle auf. Schreiben ist eine sehr wertvolle Tätigkeit, die uns hilft, Emotionen zu erkennen und zu verarbeiten. Außerdem kannst du so deine Reise nach innen dokumentieren und hast immer vor Augen, wie weit du schon gekommen bist. Nimm dir vielleicht morgens und abends Zeit für einen kurzen Check-in mit dir selbst. Was fühlst du? Woran denkst du? Was spürst du körperlich? Vielleicht hilft es dir, dafür jeweils eine kleine Achtsamkeitsmeditation zu machen. Anleitungen dafür findest du im Internet.

Es kann sein, dass dir für den Gefühlsteil momentan noch ein bisschen die Vokabeln fehlen. Dann empfehlen wir dir, mal eine Gefühlsliste im Internet zu suchen und sie beim Check-in zu nutzen. Das macht es leichter, passende Worte für deine Gefühle zu finden. Beim abendlichen Check-in kannst du noch hinzufügen, was am heutigen Tag gut war: Was hat dir Freude gemacht? Wann hast du dich kompetent, entspannt oder lebendig gefühlt? So bekommst du nach und nach ein Bild von den Dingen, die wichtig und wohltuend für dich sind.

  • Hör deinen Gefühlen zu: Durch das Journaling bekommst du einen besseren Draht zu deinen Gefühlen. Im nächsten Schritt kannst du schauen, was sie dir sagen wollen. Denn Gefühle sind Wegweiser. Sie zeigen dir, ob deine Bedürfnisse, Werte, und Anliegen erfüllt oder verletzt sind. Auch unangenehme Gefühle, wie zum Beispiel Neid, sind dabei hilfreich. Neid zeigt zum Beispiel genau darauf, was wir wollen, aber nicht haben.
  • Mach Gedankenexperimente: Stell dir zum Beispiel vor, es ist dein 100. Geburtstag, und all deine geliebten Menschen sind bei dir. Was möchtest du sehen, wenn du auf dein Leben zurückblickst? Wofür willst du stehen? Was sollen die Menschen an dir schätzen? Solche Fragen führen dich näher ran an deine Werte und Ziele. Vielleicht sind deine Ideen dazu noch sehr vage. Das ist in Ordnung. Mit der Zeit werden sich Dinge klarer herauskristallisieren, wenn du am Ball bleibst.
  • Frag andere: Frag deine Partner*innen, deine Freund*innen, oder deine Familie, was sie an dir schätzen. Diese Informationen können eine wichtige Ressource sein für dich. Vielleicht gibt es Menschen, die du für ihre Selbstsicherheit bewunderst oder für ihre selbstbestimmte Art, ihr Leben zu leben. Frag sie doch mal, wie sie dazu gekommen sind, ihr Leben so zu gestalten. Wie sie ihre Hobbys gefunden haben. Wie sie Selbstvertrauen entwickelt haben. Wie sie mit Unsicherheiten umgehen. Sei dir dabei bewusst, dass das ein anderer Mensch ist als du. Es geht nicht darum, so zu werden wie diese Personen. Du bist einzigartig und brauchst vielleicht andere Dinge, um erfüllt zu sein. Dennoch könnten die Erfahrungen anderer dir helfen, das für dich herauszufinden.
  • Nimm dir Zeit: Erlaube dir Langsamkeit. Es ist okay, nicht immer gleich zu reagieren. Erlaub dir die Zeit, in dich reinzuhören, bevor du bestimmte Angebote ablehnst oder annimmst. Oder wenn dich zum Beispiel jemand fragt „Magst du das?“, dann nimm dir die Zeit, die ehrliche Antwort herauszufinden, bevor du antwortest. 
  • Vielleicht hast du Angst, Personen zu verlieren, wenn du aufhörst, dich ständig zu verbiegen. Ja, das kann passieren. Die Frage ist aber, ob du von diesen Menschen momentan wirklich das bekommst, was du brauchst. Bedürfnisse nach Freundschaft, Nähe und Wertschätzung sind völlig normal und menschlich. Aber bekommst du das tatsächlich, wenn du dich den Menschen gar nicht wirklich zeigst? Oder sind sie vielleicht mit einem Scheinbild befreundet? Wie nah kann dir jemand wirklich sein, wenn du nicht authentisch bist? Wie echt fühlt sich Wertschätzung an, wenn sie nur vorgespielte Qualitäten wertschätzt? Mach dir klar: Authentische Menschen sind attraktiv. Das heißt, selbst wenn Leute sich im Laufe dieser Reise von dir abwenden, wirst du neue Menschen finden, die dich für das mögen und schätzen, wie du tatsächlich bist.
  • Die innere Reise, vor der du stehst, wäre sehr gut aufgehoben in einer psychologischen Beratung, einem Coaching oder einer Therapie. Denn dort geht es ja genau um Persönlichkeitsentwicklung und darum, sich selbst kennenlernen. Vielleicht schaust du mal nach Beratungsstellen in deiner Umgebung oder nach Möglichkeiten für Therapie und Coaching.