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Frage Nr. 38153 von 12.04.2024

Hallo, ich bin m, 28 und musste mir vor kurzem selbst eingestehen, dass ich an einer Pornografiesucht leide. Also nicht in dem Maße dass ich dafür bewusst andere Dinge vernachlässige. Aber nachdem ich eine Weile die Podcasts vom Neurowissenschaftler Andrew Huberman und vom Psychotherapeuten "Dr. K." (von "HealthyGamerGG") gehört habe die beide sagen dass erhöhter Pornografiekonsum auch zu Problemen beim knüpfen sozialer Kontakte führen kann (besonders bei romantischen Kontakten), versuche ich Pornografie bewusst zu meiden. Besonders da es mir schwer fällt mich anderen richtig zu öffnen und ich die Vermutung habe dass es abgesehen von einem Trauma das ich langsam verarbeite (stark eskalierte Familienstreits in meiner Kindheit) auch am Pornografiekonsum liegt. Jedoch habe ich 2 Probleme/Fragen:

Ich mag persönlich "softe", subtile Erotik. Ich bin selbst Künstler und finde Bilder (Fotografie und gemalt) die vor allem schöne Kunst sind und erst an zweiter Stelle einen subtilen erotischen Part haben sehr angenehm. Nicht als Vorlage zum selbstbefriedigen, sondern einfach an sich als Bild. Vorzugsweise von Frauen, aber auch von Männern (ich bin selbst aber hetero). Ich finde es einfach schön das Attraktive an verschiedenen Menschen und gezeichneten Charakteren in Bildern festzuhalten. Das Problem ist: wenn ich mich wieder damit beschäftige, habe ich die Befürchtung dass ich leicht wieder in Pornografie-suchende Verhalten abrutschen kann (gerade durch die verschwimmenden Grenzen zwischen künstlerischer subtiler Erotik und direkter Pornografie im Internet). Ich weiß, jeder Mensch ist unterschiedlich und es gibt keine perfekte Lösung für alle, aber vielleicht könnt ihr mir ein paar Tipps geben wie ich es mental schaffe wieder der Kunst auch in dem Bereich nachzugehen, ohne direkt wieder ins extrem abzurutschen.

Und der zweite Punkt ist: wie sieht es eigentlich mit Selbstbefriedigung ohne Pornografie aus? Also einfach zu schönen und angenehmen eigenen Fantasien? Im Netz liest man leider immer nur NoFap und NoPorn gekoppelt, um sein Leben wieder mehr in den Griff zu kriegen, aber quasi nichts (außer ein paar unqualifizierten Forenbeiträgen) zu NoPorn aber dennoch Selbstbefriedigung. Denn ich denke die eigene Sexualität ist doch etwas Gutes, dem man ab und zu nachgehen können sollte. Ich weiß halt nur nicht ob die Fantasie am Ende vielleicht den gleichen Effekt wie Pornografie haben kann.

Ich hoffe ihr könnt mir dabei helfen einen Weg zu finden mit meiner eigenen Sexualität und mit subtil erotischer Kunst umzugehen, ohne wieder in die Probleme von Pornografie abzudriften.

Unsere Antwort

Als Sexologin und Sexualtherapeutin finde ich sowohl NoPorn als auch NoFap sehr ungünstige, resp. überhaupt nicht hilfreiche Bewegungen. Was Huberman und "Dr. K." sagnen, ist bedenklich, wenn sie behaupten, sie berufen sich auf wissenschaftliche Fakten. Wenn man in Studien Zusammenhänge zwischen Porno-Schauen und Probleme mit sozialen Kontakten gefunden hat, sagt das noch überhaupt nichts darüber aus, dass die zwei einen ursächlichen Zusammenhang haben. Einmal-Befragungen bringen überhaupt nichts. Man müsste Menschen über viele Jahre, beginnend in der Kindheit, immer wieder befragen, um herauszufinden, was in der Entwicklung zuerst passiert ist und was als nächstes. Über die Schwächen vieler Studien über Pornokonsum sind selbst schon wissenschaftliche Artikel geschrieben worden, z.B. dieser Artikel.

Ich sehe hingegen auch, dass deine familiäre Vergangenheit und die damit verbundene Beziehungslerngeschichte ursächlich an deinen Problemen beteiligt ist, dich zu öffnen. Vielleicht interessiert dich dazu dieser Text.

So wie du dein Porno-Schauen beschreibst, und angesichts der oben erwähnten Überlegungen, sehe ich die Pornos bei dir nicht als das Problem an. Das bringt mich zu deiner ersten Frage. Dazu frage ich zurück: Wo hört Kunst auf und wo beginnt Pornographie? Kann das eine nicht auch das andere sein? Dazu gibt es ein interessantes Buch: Erotica Universalis, von Gilles Néret. Du bist ein sexuell normal funktionierender Mensch. Visuelle Reize können bei dir den Erregungsreflex auslösen. Ich empfehle dir, dass du das als Fähigkeit ansiehst.

Deine Idee, Pornos auf jeden Fall zu vermeiden, ist auch bei deiner zweiten Frage nicht sinnvoll. Pornos sind eine Erregungsquelle, die für dich gut funktioniert. Es ist sinnvoll, wenn du sie als Erregungsquelle nimmst, solange du sie brauchst, und dir gleichzeitig ein Menü an neuen Erregungsquellen aneignest. Lies dazu bitte diese Tipps.

Noch etwas: Du schreibst vom "Extrem", wenn du über Pornos schreibst. Sind für dich Pornos an sich ein Extrem, oder findest du die Inhalte, die du suchst, extrem? Hast du ein Problem, die Inhalte der Pornos mit deinem Wertesystem oder deiner Vorstellung über dich als Mensch zu vereinbaren? Es würde mich interessieren, welche Inhalte du erregend findest. Sicherlich sind pornographische Inhalte eher intensiv und übertrieben – genauso wie sexuelle Fantasien übrigens auch. Denn sexuelle Erregung mag nun mal das Intensive mehr als das Subtile.

Falls du uns wieder schreiben möchtest, gib bitte die Nummer dieser Frage an.

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