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Erektionsstörung: Wenn nichts mehr geht... geht noch was?

Es kann vorkommen, dass Erektionen für eine Zeit nicht möglich sind, zum Beispiel nach manchen Operationen oder Unfällen oder auch als Medikamentennebenwirkung. Jetzt kannst du deine Sexualität neu entdecken.

Keine Erektionen mehr! Was jetzt?

Wenn die körperliche Realität nun mal so ist, dass Erektionen nicht möglich sind, dann ist das dein Ausgangspunkt. Die Frage ist jetzt: Wie willst du deine Lust, deine Erregung, deine sexuelle Leidenschaft zum Ausdruck bringen? Die Suche nach Neuem kann am Anfang schwierig sein. Du siehst vielleicht eher das, was nicht mehr geht, und nicht das, was noch zu entdecken ist. Du siehst nur die Löcher, nicht den Käse. Wir zeigen dir hier ein paar Möglichkeiten, wie du deine Sexualität neu entdecken kannst.

Sex findet im ganzen Körper statt

Für Sex brauchst du eigentlich keine Erektion. Der Penis ist auch ohne Erektion eine erogene Zone. Er kann sich angenehm anfühlen, er kann sich erregt anfühlen. Wenn du in deinem Penis nichts mehr spürst, denk dran, dein ganzer Körper kann zu einer erogenen Zone werden. Und je nachdem kannst du auch ohne Erektion und ohne Gefühl im Penis einen Orgasmus haben. Dein grösstes Sexualorgan ist deine Haut, das heisst dein ganzer Körper. Und das wichtigste sexuelle Organ befindet sich zwischen den Ohren, nicht zwischen den Beinen: Deine Gedanken, deine Gefühle und Fantasien spielen eine riesige Rolle bei deiner Sexualität.

Einmal ist keinmal – du musst üben

Guter Sex fällt nicht vom Himmel. Er will entdeckt werden. Und er muss geübt werden. Bitte lies unseren Text über das sexuelle Lernen. Deinen Penis neu entdecken oder eine neue erogene Zone entdecken ist wie ein neues Instrument spielen lernen. Das braucht Übung. Übung heisst, dass du etwas häufig wiederholst. Die Knacknuss dabei ist: Du musst dich von der Erwartung verabschieden, dass du jetzt eine Erektion hast. Oder dass du gleich sexuelle Erregung empfindest, oder dass diese bis zu einem Orgasmus ansteigt. Wenn du dich von dieser Erwartungshaltung verabschiedest, kannst du das entdecken, was ist: schöne, angenehme, lustvolle und auf eine neue Art erregende Wahrnehmungen. Damit dein Gehirn das wirklich lernt, braucht es viele Wiederholungen. Du siehst das auf diesem Bild.

Zeitstrahl zu schrittweisen Veränderungen beim Fühlen-Üben

Wieso fühle ich mich nicht mehr als Mann?

Vielleicht hast du im Laufe deines Lebens irgendwo gelernt, dass Männer immer können und immer wollen. Du merkst selbst, was das für ein Blödsinn ist. Aber vielleicht verunsichert es dich. Vielleicht findest du, wenn du "nicht kannst", bist du kein richtiger Mann. Wenn deine Männlichkeit von deiner Erektion abhängig ist, ist das tatsächlich verunsichernd. Du könntest aber auch sagen: Ich finde meine Männlichkeit, meine Potenz in etwas anderem.

Wie mache ich meine Männlichkeit unabhängig von meiner Erektion?

Je nachdem, in welchem Zustand dein Körper ist, kannst du mit einer aufrechten Körperhaltung vieles machen. Wir meinen jetzt nicht durchstrecken und anspannen, sondern etwas, das locker und mit viel Kraft von innen kommt. Wenn es möglich ist, könntest du zum Beispiel einen Kampfsport machen. Hier kannst du daran arbeiten, Kraft von innen zu holen und zuzustossen. Eigentlich geht es darum. Das kann auch ein Ballsport sein. Zum Beispiel Tennis oder Fussball. Überleg mal, was da für dich möglich sein könnte. Wichtig ist auch, dass du in deine Selbstsicherheit investierst. Dazu gehört deine Fähigkeit, dich um dich selbst zu kümmern und dich gegenüber anderen durchzusetzen. Hier können dich Therapeut*innen unterstützen. Das können Psychotherapeut*innen oder Körpertherapeut*innen sein.

Wie kann ich Sex zu zweit ohne Erektion haben?

Zum einen kannst du natürlich auf viele Art und Weisen Sex haben, wo keine Penetration nötig ist. Zum Beispiel Sex mit den Händen, mit dem Mund oder mit Spielzeugen. Also der sogenannte "outercourse". Du kannst auch schauen, welche Möglichkeiten Tantra und erotische Massagen bieten. Wenn du penetrieren möchtest, kannst du die Hände oder den Mund verwenden oder einen Dildo oder sonst ein Spielzeug. Es gibt auch die Möglichkeit, ohne eine Erektion zu penetrieren. Hierfür kannst du in einer Suchmaschine den Begriff "weiche Penetration" eingeben. Du wirst Tipps, Techniken und Stellungen dazu finden. Je häufiger du die Erfahrung machst, dass Sex auch ohne Erektion sehr schön und befriedigend sein kann, desto weniger stresst du dich, wenn die Erektion nicht da ist. Du kannst dir auf jeden Fall auch in einer Sexualtherapie Tipps und Unterstützung holen. Hier findest du Adressen & Links.

Wie erlebe ich den Sex lustvoller?

Wir schlagen dir ein Experiment vor: Spann mal deinen Oberkörper fest an. Mach also die Bauchmuskeln, die Oberarme, den Nacken und die Schultern fest. Und jetzt versuche dir eine emotionale, lustvolle Begegnung vorzustellen. Und dann lass im Oberkörper locker und bewege ihn ganz leicht. Du kannst die Bewegung auch durch eine tiefe und langsame Atmung erzeugen. Wie ist es jetzt? In welchem Zustand fällt es dir leichter, dir eine emotionale, lustvolle Begegnung vorzustellen? Beim Sex ist dein ganzer Körper beteiligt, nicht nur deine Beckenregion. Und unser Körper beeinflusst unser Erleben. Du kannst dir Zugang zu deinem lustvollen emotionalen Erleben verschaffen, wenn du den Oberkörper nicht fest machst, sondern locker bewegst.

Weg vom Ziel, hin zum Genuss

Das heisst: In manchen körperlichen Zuständen liegen lustvolle Gefühle viel näher als in anderen. Wenn du beim Sex im Oberkörper locker bewegst, statt anzuspannen, ermöglichst du dir, beim Sex mehr Lust und Genuss zu erleben. Angespannt ist der Blick meist auf das Ziel gerichtet. Beim Lockerlassen rückt das Ziel – der Orgasmus – weniger in den Vordergrund. Du kannst den Weg dahin mehr geniessen. Und wenn ein Orgasmus nur ein krönender Abschluss ist und nicht mehr Ziel der Veranstaltung, öffnen sich neue Gestaltungsmöglichkeiten.

Warum braucht das Übung?

Wir alle haben unsere Gewohnheiten beim Sex. Es ist daher logisch, wenn es dir erstmal komisch vorkommt, beim Sex deinen Oberkörper locker zu bewegen. Wenn du es aber wiederholst, wird es irgendwann ganz automatisch kommen. Das ist wie beim Autofahren lernen auch. Beobachte mal, welche Auswirkungen das lockere Bewegen für dich hat und ob du bereit bist, eine Weile zu üben für dieses Erleben.

Guter Sex ist Teamwork

Rede mit deinen Partner*innen. Es geht auch darum, gemeinsam zeitweise Abschied zu nehmen von manchen Praktiken. Das kann traurig machen, wütend, resigniert, ängstlich, verzweifelt und vieles mehr. Aber ihr seid immer noch da, ihr könnt lernen, neue Wege zu gehen, und ihr müsst weder auf Zärtlichkeit noch auf Geilheit/sexuelle Erregung verzichten. Auch mit neuen oder wechselnden Partner*innen kann experimentierfreudiger Sex gut funktionieren. Bei einem offenen Gespräch wirst du feststellen, wer bereit ist, mit dir diese Wege zu gehen.