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Frage Nr. 37329 von 30.08.2023

Hallo,
Ich bin weiblich, 33j., wurde als Kind sexuell missbraucht und mich plagen seit meinem 18. Lj starke Selbstbefriedigungszwang. Mit einem Mann zusammen hatte ich noch nie einen Orgasmus, da der Ekel tief in mir steckt und ich Angst habe, dass sich mein Sex Partner vor mir ekelt, wenn ich komm.

Jedenfalls ist es zur Zeit so, dass ich nun seit 3 Jahren fast gar kein Sex mehr habe und werde morgens geweckt von Selbstbefriedigungszwang. Es geht über 2-3 Std und ich höre einfach nicht auf damit. Wenn ich gekommen bin fühle ich mich nicht befriedigt. Mein Körper nimmt das ganz schön mit, bisher konnten mir Psychotherapeuten auch nicht helfen, trotz mehrerern Therapien.

Ich bin verzweifelt und ekl mich vor mir selbst mittlerweile. Alles fängt an sich zu verschlechtern an meinem Körper. Die Beine kriegen eine Fehlstellung durch die Anspannung und mein Kreislauf ist total fix und alle danach.

Wie finde ich einen Zugang zu meinen sexuellen Bedürfnissen und wie gehe ich mit der Fantasie um, die ich dabei habe? Welche sich dann auch um Missbrauch handelt. Ich fühle mich gefangen in meiner Fantasie und in dem Bedürfnis zu kommen, da ich es als Krankheit ansehe. Es ist mir da, weil ich was schlechtes erlebt hab und ich kann es nicht steuern. Lg

Unsere Antwort

Ich kann mir gut vorstellen, wie sehr du leidest. Drum möchte ich dir zuerst sagen: Du kannst etwas machen, damit das Leiden vorbei geht. Du kannst den Zugang zu deinen sexuellen Bedürfnissen finden und du kannst die sexuellen Fantasien begreifen und dich mit ihnen versöhnen. Das wichtigste aber: Du kannst wieder Kontrolle über deine Sexualität erhalten – Herrin über dein weibliches Geschlecht und deine Sexualität werden.

Wichtig ist zuerst, dass du verstehst, warum das jetzt bei dir so ist, wie es ist. Ich weiss nicht, ob du dich daran erinnerst, was genau passiert ist, als du sexuell missbraucht wurdest. Möglicherweise bist du gelegen. Möglicherweise warst du stark angespannt. Möglicherweise wurde bei dir körperliche sexuelle Erregung ausgelöst. Dies ist bei sexuellen Übergriffen nicht selten. Das kannst du in diesem Text nachlesen.

Dein Gehirn und dein Körper haben abgespeichert, was passiert ist. Überleg dir mal, wie du dich jetzt jeden Morgen sexuell erregst. Möglicherweise liegst du. Ganz sicher bist du ziemlich angespannt. Dein Körper erlebt Dinge, die ihn an den Missbrauch erinnern. Dazu kommt, dass in hoher Muskelspannung eher Gewaltfantasien und negative Gefühle auftauchen. Du kannst das ganz einfach mal austesten: Spann dich ganz stark an. Von Kopf bis Fuss. Halte die Spannung. Und stell dir dann vor, du bist an einem sonnigen Strand und machst einen liebevollen Tanz mit einem Traumprinzen.

Na, wie ging das?

Und jetzt spann dich stark an und stell dir vor, dass dich etwas ärgert, beschämt oder ekelt.

Und, wie ging's?

Und jetzt steh auf und hüpf locker umher, dehn dich und mach ein bisschen Hampelmann. Dann stell dir vor du bist eine Wasserpflanze. Die sich so richtig schön schlängelnd im langsam fliessenden Wasser bewegt. Schau dass dein Oberkörper in eine lockere, flüssige Bewegung kommt. Schau, dass du möglichst tief atmest. Dabei stell dir vor du bist an einem sonnigen Strand und tanzt mit deinem Traumprinzen.

Wie ging das?

Während du dich so bewegst, probiere, dir vorzustellen, dass du dich ärgerst, schämst, oder ekelt.

Ging das?

Anders gefragt: Was ging besser? Wahrscheinlich hast du bemerkt, dass es in der Bewegung leichter ist, angenehme Gefühle zu haben und im Stillhalten und in der Anspannung leichter ist, unangenehme Gefühle zu haben.

Was du bei der Selbstbefriedigung erlebst, erleben nicht wenige Menschen, die sexuelle Übergriffe erlebt haben: In der sexuellen Erregung sind sie eher angespannt und liegen still, statt sich locker zu bewegen. So werden Erinnerungen an das Körpererleben während der Übergriffe wachgerufen. Und sexuelle Erregung wird mit Gewaltgedanken und negativen Gefühlen verbunden.

Genauer beschreiben wir das in zwei Infotexten, die ich dir sehr empfehle: Muskeln beim Sex sehr anspannen: Vor- und Nachteile und Wie komme ich mit meinen sexuellen Fantasien besser klar?

Daher ist es für dich absolut wichtig, dass du bei der Selbstbefriedigung in Bewegung kommst. Bitte lies dazu diesen Text und diesen Text. So erlebst du eher Gedanken und Gefühle, die angenehm, lustvoll und eben nicht mit Gewalt verbunden sind. Du brauchst das auch, dass du positive Gefühle dir selbst und deinem Geschlecht und deiner Sexualität gegenüber entwickeln kannst.

Nun fragst du dich vielleicht: Schön und gut, aber was ist mit dem Zwang? Zwang – wir nennen das dranghaftes sexuelles Verhalten – passiert, wenn du beim Sex nicht satt wirst. Satt wirst du, wenn du den Sex genussvoll erlebst, und wenn er dich richtig erfüllt. Auch hier spielt es eine grosse Rolle, dass du beim Sex in Bewegung kommst. Denn Genuss braucht Lockerheit. Vielleicht interessiert dich auch unser Text über dranghaftes sexuelles Verhalten.

Wie kannst du vorgehen?

1) Verstehen. Das heisst, beobachte genau, was du bei der Selbstbefriedigung machst, und schau, wo du dich in dem hier Gelesenen und in den Texten, die du gelesen hast, wiedererkennst. Verstehst du die Logik?

2) Neues dazu lernen. Also: Lernen, dich auf eine Art selbst zu stimulieren, bei der du angenehme und positive Gefühle erlebst. Lies dazu bitte den Text über das sexuelle Lernen. Du trainierst jeden Morgen, dich auf eine bestimmte Weise zu erregen. Jetzt kannst du dich auf einen Weg machen, dir etwas neues anzutrainieren. Hierzu ist eine Sexualtherapie nach Sexocoroporel sehr hilfreich. Du kannst in Google schauen, ob da jemand in deiner Nähe ist. Oder ob du jemanden findest, der Online-Therapien anbietet. Du kannst auch auf der Website sexocorporel.com nachschauen. Sexocorporel ist eine Therapiemethode, bei der Leute bei diesem Lernen begleitet werden. Das heisst, du kriegst viele Übungen, die du zuhause machst und Anregungen, was du bei der Selbstbefriedigung machen kannst. Ich empfehle dir unbedingt auch unsere Tipps zum Üben.

Ich kann dich so aus der Ferne nicht so gut begleiten, aber wenn du Lust hast, könnten wirs mal probieren mit einigen ersten Übungen:

  • Beobachte dich bei der Selbstbefriedigung. Was ist deine Technik? Lies hierzu diesen Text.
  • Fang an, dich zu stimulieren, wie du dich gewöhnt bist. Probier, wie das ist, wenn du nicht mehr liegst, sondern kniest. Probier dich mal so zu stimulieren. Was erlebst du?
  • Fang an, dich zu stimulieren, wie du dich gewöhnt bist. Fang dann an, deinen Körper zu bewegen. Was erlebst du?
  • Leg dir eine eher langsame, schöne Musik auf und beweg dich dazu und streichle deinen Körper. Schau mal, ob du auch deine Brüste und dein Geschlecht streicheln kannst. Setze dazu ein Lächeln auf. Was erlebst du?
  • Lass dir Zeit für die Pflege deines Geschlechts. Während du dein Geschlecht wäschst und einölst, sorge dafür, dass du lächelst und mit dem Oberkörper leicht in Bewegung bist. Weitere Tipps liest du in diesem Text.

Gern kannst du uns zu diesen Übungsanregungen – nachdem du jede mindestens dreimal ausprobiert hast – deine Gedanken schreiben. Ausserdem kannst du uns weitere Fragen stellen. Gib einfach die Nummer dieser Frage an.

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