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Gefühle und Gedanken rund um einem sexuellen Übergriff

Während und nach einem sexuellen Übergriff kannst du die ganze Palette von Gefühlen haben – oder auch gar nichts fühlen. Hier liest du, was alles dazu gehören kann, warum das so ist, und was du tun kannst.

Was ist ein sexueller Übergriff?

Wenn jemand gegen deinen Willen sexuelle Handlungen mit dir macht oder dich dazu bringt, sexuelle Handlungen zu machen, nennt man das einen sexuellen Übergriff oder auch sexuelle Gewalt. Die Person kann fremd sein oder jemand, den du kennst oder gar liebst. Sexuelle Übergriffe betreffen alle möglichen Handlungen – es kann auch sein, dass du gezwungen wirst, etwas anzuschauen, und es kann auch sein, dass man dich online für Sex ausnutzt. In diesem Text beschreiben wir genauer, was alles sexuelle Übergriffe sind. Wenn du noch im Schutzalter bist und die Person ist mehr als drei Jahre älter als du, macht sie sich strafbar, auch wenn du "Ja" sagst zu irgenwelchen Sexuellen Handlungen. Dann ist das auch ein Übergriff. Die ältere Person nutzt ihre Überlegenheit ausnutzt, um ihre eigenen Bedürfnisse durch sexuelle Handlungen mit dir zu befriedigen. Lies dazu bitte diesen Text.

Welche Gefühle sind typisch?

Die ganze Gefühlspalette ist normal. Während einem sexuellen Übergriff bist du macht- und hilflos. Das kann im Nachhinein ganz viele Gefühle auslösen: Vielleicht hast du ein unklares mulmiges oder unangenehmes Gefühl. Oder du hast Angst, dass es wieder passiert oder dass es jemand erfährt. Vielleicht schämst du dich. Vielleicht empfindest du eine Riesenwut auf die Person, die dir das angetan hat. Möglicherweise fühlst du dich hintergangen, ausgenützt, wütend, traurig und verzweifelt. Ein Mensch, der Übergriffe macht, versucht damit, seine eigenen Bedürfnisse zu stillen und tut das ohne Respekt vor dir. Dieser Mensch verletzt deine sexuellen Rechte. Er*sie nutzt dich wie ein Objekt. Oder, schlimmer noch, er*sie erlebt Genugtuung dabei, dich zu quälen.

Was, wenn ich die Person liebe?

Es kann auch sein, dass du einen ziemlichen Gefühlswirrwarr erlebst. Sehr verwirrend ist zum Beispiel, wenn dich jemand zu sexuellen Handlungen gezwungen hat, den du gern magst oder gar liebst. Dein Bild von dieser Person ist erschüttert. Du fühlst dich innerlich zerrissen, verwirrt, unsicher, traurig. Am Schlimmsten ist es, wenn es durch ein nahestehendes Familienmitgied passiert, zum Beispiel deinen Vater oder deine Mutter. Warum das so schlimm ist, beschreiben wir in diesem Text.

Was, wenn ich freiwillig mitgemacht habe?

Es kann sein, dass du dir Vorwürfe machst, weil du am Anfang "Ja" gesagt hast und erst dann erst gemerkt hast, dass das für dich nicht stimmt. Die Person hat dann aber auf dein "Nein" nicht gehört. Egal wie sehr du mit ihr geflirtet hast und was sie sich von dir erhofft hat, sie darf trotzdem nicht gegen deinen Willen sexuellen Handlungen mit dir machen. Gemischte Gefühle rund um sexuelle Handlungen sind normal, und so kann aus einem "Ja" schnell mal ein "Nein" werden. Deine Partner*innen sollten das respektieren. Lies dazu bitte unseren Text über gemischte Gefühle.

Was, wenn ich selbst sexuell erregt war?

Wenn du während eines sexuellen Übergriffs sexuell erregt bist, heisst das nicht, dass du den Sex auch willst. Sexuelle Erregung kann durch starke Emotionen ausgelöst und gesteigert werden, und diese Emotionen können auch schlimm sein. Und körperliche Stimulation kann auch sexuelle Erregung auslösen und steigern, egal ob sie dir gefällt oder nicht. Bitte lies dazu diesen Text über sexuelle Erregung während eines sexuellen Übergriffs.

Wieso bin ich wütend auf mich selbst?

Wut ist eigentlich ein hilfreiches, starkes Gefühl, mit dem du dein Selbstwertgefühl wieder aufbauen kannst. Aber vielleicht bist wütend auf dich selbst, weil du findest, du hättest dich nicht genug gewehrt. Vielleicht gibst du dir die ganze Schuld – so als läge es in deiner Macht, was passiert ist. Das ist oft leichter zu ertragen als das Gefühl, ein ohnmächtiges Opfer zu sein. Gerade wenn die Übergriffe häufiger passieren, kann es sein, dass du dir so probierst, eine "Logik" herzustellen, warum das Schlimme, was passiert, eigentlich gut und gerechtfertigt ist. Umso wichtiger ist es, dass du dich unterstützen lässt von Fachpersonen, die dir helfen, wieder klar zu sehen.

Wieso fühle ich gar nichts?

Es kann auch sein, dass du gar nichts fühlst – weil alles einfach zu viel war. Diese Abspaltung von deinen Gefühlen nennt man Dissoziation. Das ist ein Selbstschutz. Das passiert sehr oft während eines sexuellen Übergriffs oder eines traumatischen Erlebnisses ganz allgemein. Falls du öfter Übergriffe erlebst, kann es sein, dass du eine richtig gehende "Gleichgültigkeit" erlebst. Auch hier ist fachliche Unterstützung ausgesprochen wichtig.

Wie geh ich mit meinen Gefühlen um?

Egal was du fühlst: Nimm die Gefühle ernst. Sie zeigen dir ehrlich, wie es um dich steht. Es bringt dir daher auf die Dauer nichts, wenn du versuchst, sie zu verdrängen – zum Beispiel mit Drogen oder Alkohol –, oder zu überspielen. Da ist es besser, du wendest dich an Fachpersonen. Sie können dir helfen, deine Gefühle zu begreifen, aus ihnen zu lernen und mit ihnen umzugehen. Bitte lies dazu diesen Text. darüber, warum Unterstützung so wichtig ist.

Ich komme mit meinen Gefühlen einfach nicht klar – was tun?

Vielleicht liegt die sexuelle Gewalt schon länger zurück. Und das Schlimme überfällt dich einfach immer wieder. Man nennt das Flashbacks. Bitte lies dazu diesen Text. Es kann auch sein, dass du Probleme mit dir und auch mit anderen Menschen bekommst. Bitte lies dazu diesen Text über die Verarbeitung von traumatischen Erfahrungen. Gern kannst du uns auch ins Fragefenster schreiben.