Frage Nr. 38648 von 22.08.2024
Ich erlebte vor kurzer Zeit Mobbing an der Schule. Alles begann als ich bei einer Gruppenarbeit erst kurz davor informiert wurde und gesagt habe, dass ich nicht informiert wurde. Der Mobber hat auch während der Arbeit nie mit mir gesprochen, sondern getuschelt über mich. Ich habe dann erlebt, wie er mich als dumm beschimpft hat und mir die Schuld gegeben hat, als ich mit ihm das Gespräch gesucht habe, um die Arbeit zu beenden. Die anderen Gruppenmitglieder fanden das Ganze einfach mühsam. Ich hatte dann ein Gespräch mit der Schulleitung, bei der mir der Mobber die Schuld gab und meinte, es brauche immer zwei. Er sei nicht bereit sich zu entschuldigen, obwohl ich mich entschuldigt habe, falls ich ihn gekränkt hätte. Er versprach es nicht mehr zu tun, bewarf mich aber weiterhin mit Essen. Als ich der Schulleitung sagte, ich könne unter solchen Umständen keine Prüfungen schreiben, meinten sie, es werde Erziehungsmassnahmen geben, da mein Fehlen von der Prüfung nicht in Ordung sei, obwohl ich mich abgemeldet habe. Sie meinten, sie werden sich einsetzten und ich sollte lernen zu vertrauen. Für den Mobber hatte die ganze Geschichte keine Konsequenzen. Mir wurde gesagt, dass sie über ein Klassenwechsel nachdenken müssen und falls dieser vollzogen werden sollte, ist dies die letzte Bitte, welcher sie nachgehen. Ich hatte das Gefühl lästig zu sein. Ich habe dann die Schule gewechselt, da ich nicht mehr vertrauen konnte. Habe ich etwas falsch gemacht? Weshalb wird der Täter so stark geschützt?
Unsere Antwort
Manchmal gibt es nur die Möglichkeit die Schule zu wechseln. Das finden wir nicht richtig. Aber leider sind manche Schulleitungen nicht bereit, in ihren Schulen eine Anti-Mobbing-Charta oder Massnahmen zur Konfliktlösung zu entwickeln. Und wenn die Struktur von Mobbing nicht erkannt wird, bekommt oft die mobbende Partei recht. Die achtet von Anfang an darauf, dass sie keine Formfehler macht. In deinem Fall schrieb der Mobber seine Prüfung. Du warst diejenige, die konsequent ihr Recht vertreten hat, die ein Konfliktgespräch gesucht hat, die bereit war sich zu entschuldigen und aufgrund der Störung nicht zur Prüfung kam. Das war mühsam; vor allem für dich. Wenn bei der Schulleitung in einem solchen Konflikt nicht das "Mobbing-Lämpchen" aufleuchtet, sehen sie den Konflikt nicht strukturell, sondern nur formell an. Du warst nicht in der Prüfung. Bei dir wird an Erziehungsmassnahmen gedacht. Sie fühlen sich dann grosszügig, wenn sie dir einen Klassenwechsel anbieten. All das gibt dem Mobber Auftrieb und ermutigt ihn, dich weiterhin zu plagen. Du hast nichts falsch gemacht, sondern bist nicht verstanden worden.
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Frage Nr. 38626 von 19.08.2024
Ich beziehe mich auf die Frage/Antwort Nr. 38605 von 16.08.202. Ich habe das Gefühl gehabt, etwas falsch gemacht zu haben, da sich die ganze Schule nachher gegen sich gewendet hat, nicht nur einzelne Personen. Die Klasse hat mich ignoriert und von den anderen Schülern wurde ich persönlich oder über Facebook beleidigt. Ich wurde als dumm, dick und hässlich beschimpft und habe das Gefühl ich hätte das alles aufhalten können, wenn ich mich nicht komisch gekleidet hätte oder kommisch gewesen wäre. Ich habe mich dann auch versucht anzupassen. In der Klasse wurde es besser aber von der Schule wurde ich noch immer belächelt. Ich habe seit diesem Erlebnis Schuldgefühle und das Gefühl, dass es meine Schuld war. Es tauchen auch immer wieder Erinnerungen auf. Wie kann ich damit umgehen?
Unsere Antwort
Du kannst die Schuldgefühle nicht einfach abstellen. Schuldgefühle entstehen nämlich nicht nur, wenn du etwas Falsches tust oder andere verletzt. Leider können sie besonders lästig werden, wenn du zu Unrecht beschuldigt wirst. Dann fängst du an nachzudenken. Du fragst dich, warum dich die Anderen so behandeln. Du studierst, was du für Kleidung trägst, wie du dich verhältst, wie du auf andere wirken könntest. Und schon bis du in der Schuldgefühl-Falle gelandet. Einerseits entstehen dadurch Ideen, dass z.B. Anpassung eine Lösung sein könnte. Andererseits kannst du aber auch grundsätzlich ins Zweifeln geraten. Und wenn die mobbende Gruppe nicht aufhört, wirst du auch Angst bekommen. Schon macht sich das Schuldgefühl wieder auf die Suche nach Lösungen. Dabei ist die eine Frage: «Was kann ich tun, damit das aufhört?», immer wieder aber wird aber auch die Frage: «Habe ich vielleicht doch etwas falsch gemacht und mit meinem Verhalten das Mobbing verursacht?» auftauchen.
Die Schuldgefühle ignorieren geht nicht, weil sie da sind und dich quälen. Du hast richtig beobachtet, dass eine mobbende Gruppe Anpassung fordert. In deiner Klasse hat deine Anpassung geklappt, weil die Schulkolleg*innen dich persönlich kennen. Sie haben offensichtlich genügend Mitgefühl, dass sie dich jetzt in Ruhe lassen. Mit der ganzen Schule bist du nicht so persönlich bekannt werden. Es steht dir eine Gruppe gegenüber, die dich nicht kennt und darum auch wenig oder kein Mitleid fühlt. Es scheint unter den Schüler*innen ein Gruppendruck entstanden zu sein. Viele machen beim Mobben mit, um dazuzugehören, weil es viele tun und weil sie selbst nicht nachdenken oder mitfühlen. Sie trauen sich auch mehr, weil sie sich in der grossen Schulgruppe verstecken können und wahrscheinlich niemals zur Rechenschaft gezogen werden. Das ist leider oft so. Unserer Meinung nach ist es Aufgabe der Schule eine Anti-Mobbing-Kultur zu pflegen. Dazu gehört, dass jede*r Schüler*in wissen sollte wie sich Mobbing-Opfer fühlen. Dazu gehört auch eine Nulltoleranz gegenüber Bleidigungen, Body-Shaming und Beschimpfungen.
Dein Schuldgefühl kann vielleicht einsehen, dass eine Gruppe unter Gruppendruck Dinge tut und sagt, die falsch, verletzend und vielleicht kriminell sind. Die Schuld trägt daran jeder Einzelne der Gruppe, auch wenn niemand zur Rechenschaft gezogen wird. Möglicherweise erleichtert dich diese Einsicht.
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Frage Nr. 38623 von 19.08.2024
Ich beziehe mich auf die Frage 38602, in der es um das Thema belastende Erinnerungen geht. Ich erlebe in letzter Zeit häufig, dass die Bilder an belastende Ereignisse immer wieder ins Gedächnis kommen. Ich merke auch erst langsam, wie belastend es war. Ist es also ein gutes Zeichen, wenn ich wieder Zugang zu Belastungen erhalte?
Unsere Antwort
Es ist so, wie ich es in der letzten Antwort geschrieben habe: Es ist weder ein gutes noch ein schlechtes Zeichen, es ist einfach. Manche Leute gehen durchs Leben, ohne sich an ein bestimmtes belastendes Ereignis zu erinnern, und es geht ihnen gut dabei. Andere erinnern sich nicht, und sie merken aber trotzdem, dass etwas in ihrem Leben nicht stimmt. In diesem Fall ist es gut, wenn der Zugang zu den Belastungen wieder möglich wird. Wenn sich diese Erinnerungen melden, wird es möglich, sie zu verarbeiten und sauber im chronologischen Gedächtnis, d.h. in der Vergangenheit, abzulegen. Das machst du am besten in einer Traumatherapie. Ich bitte dich, dass du dich bei einer Beratungsstelle der Opferhilfe meldest. Dort kann man deine Situation mit dir besprechen und dir helfen, eine Therapeutin zu finden.
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Frage Nr. 38618 von 19.08.2024
Zunächst einmal vielen herzlichen Dank für die ausführliche Antwort zur Frage Frage Nr. 38582 vom 13.08.2024! Es hilft, dass ich die Situation jemand anderem erzählen konnte. Ich habe momentan Schuldgefühle, mache mir Selbstvorwürfe und habe auch von meinem Umfeld Vorwürfe erhalten. Ich hatte auch das Gefühl, als ich die Therapie verlassen habe, etwas Falsches zu machen und habe mir selber die Schuld an allem gegeben. Die Therapeutin meinte auch, dass ich die Übungen zuhause machen muss, ansonsten merke sie es. Ich habe die Übungen immer gemacht und hatte Angst etwas flasch zu machen. Wie kann ich mit diesen falschen Schuldgefühlen umgehen? Danke für eure Antwort!
Unsere Antwort
Du kannst diese Gefühle nicht einfach abschaffen. Du kannst aber das ernst nehmen, was du über deine Therapie geschrieben hast. Deine Therapeutin hat dir auf verschiedene Weise eingetrichtert, dass du ohne sie keinen Therapieerfolg haben wirst. Sie behauptet auch, dass sie merkt, wie du geübt hast. Sie ist sehr von ihrer eigenen Wirkung und ihren Fähigkeiten überzeugt und lässt nichts anderes gelten. Deine Meinung schon mal gar nicht. Zudem hast du sie mit deinem Abbruch enttäuscht. Und sie hat dir Angst gemacht. Deine Therapeutin war nicht mit dir zufrieden! Da ist es doch ganz verständlich, wenn du jetzt Schuldgefühle hast. Dir gelingt es noch nicht, dich darin zu bestärken, dass du richtig gehandelt hast. Du weisst aber, dass die Therapie dir nicht gut tat. Darum musstest du abbrechen. Deine Therapeutin hat dir den Abbruch sehr schwer gemacht. Das war falsch. Jetzt musst du nämlich ganz allein einen Weg finden, wieder selbstsicher und zufrieden zu werden. Wir sind gern bereit, dich zu weiterhin in deiner Entscheidung zu bestärken.
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Frage Nr. 38605 von 16.08.2024
Ich habe an der neuen Schule zunächst nicht viele Freunde gefunden, weshalb ich mir Facebook geholt habe und dann Leute aus der Schule angeschrieben. Danach kannte mich die ganze Schule und ich wurde gemobbt. Ich komme mir kommisch vor. Ich habe das Gefühl etwas falsch gemacht zu haben. Bin ich schuld an meiner Situation?
Unsere Antwort
Du hast nichts Falsches getan. Wenn alle Schüler*innen deiner Schule auf Facebook sind, besteht die Möglichkeit, dass sie viele kennen. Wahrscheinlich hat eine*r von denen, die du angeschrieben hast, auf dich aufmerksam gemacht. Du hast dich durch deine Veröffentlichung aus Facebook bekannt gemacht. Das hast du getan, weil du Freund*innen suchtest. Das ist richtig!
Die Person die mobbt, macht etwas falsch. Sie handelt asozial. Mobbing ist psychische Gewalt. Arbeitgeber und Schulleiter müssen Mobbing ernstnehmen und möglichst verhindern. Beim Mobbing werden immer Sachen gesagt, die demütigen, schikanieren, blamieren und die den Kontakt erschweren oder unmöglich machen. Dein Gefühl etwas falsch gemacht zu haben, ist darum ganz verständlich. Ein Schuldgefühl entsteht nämlich auch, wenn jemand dich beschuldigend behandelt und nicht nur, wenn du etwas Falsches getan hast. Schuldgefühle zeigen also nicht immer an, dass du etwas falsch gemacht hast. Du bekommst sie auch, wenn du falsch behandelt wirst. Solche Schuldgefühle können sehr quälend sein. Leider sind sie auch hartnäckig. Darum wäre es gut, wenn du eine vertraute Person hättest, mit der du deine Situation besprechen könntest.
Du findest auf unserer Seite zwei Texte zu «Mobbing» und «Cybermobbing». In beiden Texte bekommst du Tipps, wie du dich verhalten kannst, wo du dir Hilfe holen kannst und wie du deine Gefühlen bewältigst. Lies sie doch bitte in Ruhe durch und nimm dich ernst. Du hast nichts Falsches getan! Hol dir Hilfe und Unterstützung - vielleicht bei einem deiner Lehrer*innen und möglicherweise auch in professionellen Beratungsstellen.
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Frage Nr. 38602 von 16.08.2024
Ich habe in letzter Zeit das Gefühl, dass belastende Erinnerungen wieder auftauchen und wie ein Film in meinem Kopf ablaufen. Teilweise fühlt es sich sehr schwer an, teilweise auch nicht. Es tauchen auch vermehrt intensive Gefühle und Körperreaktionen auf. Ist das ein gutes oder schlechtes Zeichen?
Unsere Antwort
Ein Zeichen für was? Ich wünsche es keiner Person, dass sie so belastende Erinnerungen hat, dass sie nicht sauber im Gedächtnis abgelegt sind, sondern so wie du das beschreibst, als Flashbacks auftauchen. In sofern sind die Bilder/Gefühle/Empfindungen ein Zeichen dafür, dass du in hohem Stress schwierige/schlimme Dinge erlebt hast. Im Bezug auf deine Kindheit/Vergangenheit könnte man das dann ein "schlechtes" Zeichen nennen.
Oder meinst du deine Frage so: "Wenn eine Person in der Vergangenheit schlimme/traumatische Erlebnisse hatte, ist es dann gut, wenn die Erlebnisse als Bilder, Gefühle und Reaktionen wieder auftauchen?" Meine Antwort dazu ist: Es ist weder ein gutes noch ein schlechtes Zeichen, es ist einfach. Es liegt aber auch eine Chance darin: Wenn sich diese Erinnerungen melden, wird es möglich, sie zu verarbeiten und sauber im chronologischen Gedächtnis, d.h. in der Vergangenheit, abzulegen. Das machst du am besten in einer Traumatherapie.
Ich bitte dich, dazu auch unseren Text über Flasbacks zu lesen.
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Frage Nr. 38598 von 14.08.2024
Ihr habt ja einen Text dazu, dass Gewalt innerhalb der Familie besonders schlimm sein kann. Ich finde es schwierig zu verstehen: Die Person war nicht nur böse oder „schlecht“, sondern hatte auch eine liebevolle und fürsorgliche Seite. Wenn Schwieriges passiert, habe ich oft danach das Gefühl, vielleicht ist es gar nicht passiert, weil es fühlt sich so „nicht real“ an und die Erinnerungen so schwer greifbar. Dazu kommt eben diese Verwirrung, dass es auch Gutes gab. Ich finde es schwer, das Bild eines Elternteils mit dem Inhalt der Erinnerungen (sexuelle Handlungen) zusammenzubringen. Ich fühle mich verrückt, ekelhaft und abstossend, dass ich überhaupt solche Dinge in meinem Kopf habe. Wie geht man mit so etwas um?
Wie kann ich das hinter mir lassen/ überwinden, wenn zwischendurch immer wieder Zweifel an der eigenen Wahrnehmung aufkommen? Das Wegschieben hat die ganzen „Symptome“ nämlich nicht weggemacht, aber ich weiss nicht, ob ich stark genug bin, dieses Thema aufzumachen und voll zuzulassen. (Weiblich, 25)
Unsere Antwort
Du beziehst dich auf diesen Text. Du schreibst, du findest das schwierig zu verstehen, dass Gewalt in der Familie besonders schlimm ist, weil die Person nicht nur böse oder "schlecht" war, sondern auch eine liebevolle und fürsorgliche Seite zeigte. Aber darin liegt ja genau das Schlimme: Dadurch wird das Kind in eine totale Verwirrung gestürzt, weil das Gehirn zwei derart unterschiedliche Seiten einfach nicht unter einen Hut bringen kann. Hinzu kommt, dass das Kind von den Eltern auf Gedeih und Verderb abhängig ist. Es muss alles tun, um die Eltern in einem Licht zu zeichnen, wo sie gut sind. Denn die Bindung zu den Eltern ist lebensnotwendig. Das Kind kann nicht einfach davonrennen. Ganz oft passiert dann, was du beschreibst: Das Kind nimmt sich nicht ernst und wertet seine eigene Erfahrung ab. Es sieht die Eltern als gut und sich selbst als schlecht.
Deine Chance als Erwachsene liegt darin, dass dein Überleben nicht mehr von den Eltern abhängig ist. Du kannst es dir leisten, dich von ihnen abzulösen und zu emanzipieren. Das kindliche Gefühl schwingt aber noch sehr stark mit. Das hängt damit zusammen, dass du das, was du erlebt hast, nicht sauber in deinem Gedächtnis abgelegt hast. Bitte lies dazu diesen Text. Und daher hast du immer noch dieses kindliche Erleben, das den Eltern gegenüber sehr loyal ist. Du nimmst dich und deine Erfahrung nach wie vor nicht ernst und glaubst deiner Erinnerung nicht. Du wertest dein eigenes Erleben ab, du machst dich selbst schlecht für deine Erinnerung.
Frag dich, was dir wichtiger ist: dein Leben und dein Glück, oder das Leben und Glück deiner Eltern. Der Schritt in die Emanzipation ist, wie du selbst sehr gut spürst, schwierig. Es ist ein anspruchsvoller Prozess, Autonomie, Mitgefühl und Fürsorge für sich selbst zu entwickeln. Vielleicht interessiert dich dazu dieser Text. Ich würde dir da unbedingt fachliche Begleitung durch eine Traumatherapeutin empfehlen. Erfahrene Traumatherapeutinnen arbeiten sorgfältig und legen grossen Wert auf Stabilisierung, d.h. du lernst Techniken, wie du dich selbst beruhigen kannst und mit schwierigen Gedanken und Bildern besser umgehen kannst.
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Frage Nr. 38592 von 14.08.2024
Ich habe gemerkt, dass meine Kindheit sehr belastend war. Es ist aber so, dass ich vor allem Gefühle habe, welche belastend sind. Es handelt sich nicht um singuläre belastende Ereignisse, sondern eher um die Atmosphäre. Die Gefühle sind auch nicht wirklich zugänglich. Es sind Gefühle, wie beispielsweise nie endende Traurigkeit. Gibt es eine Möglichkeit meine Kindheit aufzuarbeiten?
Unsere Antwort
Die Atmosphäre in der Kindheit kann sehr belastend sein. Denn sie kann dazu führen, dass du damit dauerhaft einen Umgang finden musst. Zum Beispiel indem du deine Gefühle abspaltest. Da das ein Dauerzustand ist, lernt dein Gehirn dieses Verhalten besonders gut. Denn es lernt durch Wiederholung.
Möglicherweise hast du als Kind keinen oder kaum Trost für deine Gefühle bekommen. Du kannst auch viele Jahre später noch lernen, dir Trost zu spenden, wenn du schwierige Gefühle erlebst.
Lies dazu bitte unsere Texte Wie hab ich mich an mein Elternhaus angepasst? und Wie beruhige ich mich selbst?.
Es kann eine sehr herausfordernde Aufgabe sein, die eigene Kindheit aufzuarbeiten. Wir empfehlen dir dafür psychotherapeutische Unterstützung.
Kann es sein, dass du uns diese Woche mehrere Fragen gestellt hast? Es hilft uns für die Beantwortung, wenn du dann die Fragenummern der jeweils anderen Fragen angibst.
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Frage Nr. 38582 von 13.08.2024
Ich habe vor einiger Zeit eine Therapie bei einer Therapeutin gemacht, welche nicht von der Krankenkasse zugelassen war. Ich hatte das Gefühl, dass die Therapeutin versucht hat mich emotional abhängig zu machen. Sie meinte, zunächst, dass ich alle momentanen Therapien beenden müsse. Sie hat mich das erste Mal mit dem Auto vom Bahnhof abgeholt. Die Sitzungen fanden bei ihr zuhause statt. Sie teilte mir mit, dass meine belastenden Erlebnisse nicht sehr schlimm seien, da sie andere Patienten habe, welche das Gefühl haben ihr Mann verlasse sie. Ausserdem, meinte sie, dass ich sie bei Problemen kontaktieren kann. Als ich sie dann kontaktiert habe, hatte ich das Gefühl sie wäre genervt. Als ich auf Anraten von meinem Umfeld die Therapie abgebrochen habe, meine sie, sie brauche bis in zwei Stunden eine Antwort, damit sie Menschen auf der Warteliste aufnehmen kann. Sie sagte mir, ich werde für die nächsten Jahre mit der Gesprächstherapie nicht viel erreichen.
Kann es sein, dass sie mich versucht hat abhängig zu machen? Wie kann ich eine vertrauenswürdige Person finden, um meine Belastungen aufzuarbeiten? Danke für deine Hilfe!
Unsere Antwort
Deine Therapeutin hat sich in verschiedenen Formen unprofessionell verhalten.
- Dass sie dich vom Bahnhof abholt, ist sehr ungewöhnlich. Hierfür bräuchte es gute Gründe und dein ausdrückliches Einverständnis.
- Wenn Therapeut*innen in ihren privaten Wohnungen arbeiten, müsste auch hier besprochen werden, wie es den Patient*innen damit geht und ob das für sie möglich ist. Ich bin der Meinung, dass es für psychotherapeutische Arbeit ein professionelles Sitzungszimmer braucht, dass im gleichen Haus sein kann. Es muss aber den Patient*innen Raum für ihr eigenes Innenleben geben.
- Wenn sie über andere Therapien, die du machst bestimmen will, ist das falsch. Sie kann dir so etwas vorschlagen, muss dir dann aber sehr gute Gründe bieten. Und du bleibst immer diejenige, die die Entscheidungen trifft. Wenn sie der Meinung ist, sie könne nicht mit dir arbeiten, wenn du auch noch andere Therapien machst, sollte sie das mit dir diskutieren, Du müsstest es verstehen und bleibst wieder die, die entscheidet.
- Falsch ist auch, wenn die Therapeutin bestimmt, wie schlimm deine Situation für dich sein darf. Deine Situation als ‚nicht schlimm‘ zu beurteilen, weil es anderen auch so geht wie dir, ist kontraproduktiv und nimmt dir dein Selbstvertrauen. Es zeigt, dass sie nicht bereit ist, dich ernst zu nehmen und/oder dass sie keine Ahnung von Trennungsangst hat. Es interessiert sie wohl auch nicht, wie die Ängste sich in dir verhalten und wie sie entstanden sind. Sie zeigt sich so als eine Therapeutin, die nichts wissen muss, aber alles heilen kann. Das hilft dir bei der Bearbeitung deiner Themen überhaupt nicht weiter.
- Merkwürdig ist, dass sie dir ein Kontaktangebot für Krisensituationen macht, wenn sie der Meinung ist, es ginge dir gar nicht schlecht. Passen dazu ist, dass sie dann genervt wirkt, wenn du sie anrufst. Du wirst dich dann wie eine Belästigerin fühlen.
- Dass sie es zum Schluss eilig hat, dich los zu werden, passt ins Bild. Sie hat wohl nicht mal versucht, deine Gründe oder dein Befinden anzuhören. Sehr unprofessionell, unverschämt und schädigend ist ihr ‚Zukunftsbann‘, dass du ‚mit der Gesprächstherapie nicht viel erreichen‘ wirst. Das kann sie nicht wissen!
Du fragst, ob sie dich abhängig machen wollte. Sicher ist, dass das Nicht-ernst-nehmen wie ein Beschuldigung wirkt. Patient*innen beginnen dann bei sich selbst den Fehler zu suchen. Meistens denken Patient*innen dann nicht nur, dass sie nichts wert sind und nichts können. Sie werden auch überzeugt, dass die Therapeutin eine Alleskönnerin und Alleswisserin ist. Sie versuchen dann, der Therapeutin besonders gut zuzuhören, ihr möglichst alles recht zu machen, um schliesslich von ihr gelobt zu werden. So entsteht aber kein Selbstvertrauen, sondern Abhängigkeit. Ob die Therapeutin die Abhängigkeit geplant herstellen wollte oder ob sie unprofessionell oder schlecht ausgebildet ist, können wir nicht beurteilen. Ihr Job wäre gewesen, dich bei der Suche nach deinen persönlichen Bewältigungsstrategien zu unterstützen. Gut, dass du die Therapie abgebrochen hast.
Wir haben unter Adressen&Links auch einige Portale, auf denen du Psychotherapeut*innen suchen kannst. Wir empfehlen immer, Probesitzungen zu vereinbaren. Professionelle Psychotherapeut*innen bieten Probesitzungen an und machen mindestens einen zweiten Termin, in dem sie die Rückmeldung besprechen. Manchen verabreden mehrere Sitzungen, um die Wünsche und Bedürfnisse der Patient*innen zu erfassen und erklären ihre Arbeitsweise. Dann werden die Arbeitsziele gemeinsam erarbeitet und beide Seiten bestätigen, dass sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen können. Sowohl die Arbeitsziele, wie auch das Befinden der Patient*in und der Therapiefortschritt werden regelmässig evaluiert.
Auf jeden Fall solltest du deine nächste Therapeutin gut prüfen. Du hast sehr gut wahrgenommen, was in deiner letzten Therapie falsch oder unprofessionell war. Du kannst deinem Gefühl und deiner Wahrnehmung also vertrauen und wirst merken, wenn dein Gegenüber vertrauenswürdig ist. Nimm dich bei einer neuen Wahl ernst und bleib nur da, wo du dich wohl fühlst.
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Frage Nr. 38578 von 12.08.2024
Hallo Lili
Ich habe das Gefühl, dass meine Eltern toxisch sein könnten, da ich immer wieder an Männer gerate, welche mir nicht gut tun. Meine Mutter kritisiert mein Körper seit ich 12 Jahre alt bin. Als ich unter Ängsten und Depressionen litt, wurde mir gesagt, dass es kein Grund gäbe sich schlecht zu fühlen und das Ängste normal seien. Heute bin ich erwachsen, jedoch frage ich mich, wie ich solche Bindungsverletzungen aufarbeiten kann?
Unsere Antwort
Es ist schlimm, dass deine Mutter so mit dir umgeht. Es ist sinnvoll, das aufzuarbeiten und dich davon zu befreien.
Du verdienst es, dass deine Mitmenschen gut mit dir umgehen. Seien es Männer, deine Eltern oder Fachpersonen.
Ich weiss nicht, wem du dich anvertraut hast mit deinen Ängsten und Depressionen. Die Person hat dich offenbar nicht ernst genommen. Das ist schade. Es ist eine gute Idee, dir Unterstützung zu suchen bei Ängsten und Depressionen.
Wenn du als Kind Gewalt erlebt hast, ist das besonders schlimm. Denn du hattest noch gar nicht die Klarsicht oder Lebenserfahrung, um mit schlimmen Situationen umzugehen. Du musstest dich irgendwie anpassen.
Egal wie merkwürdig oder schwierig dein Verhalten oder Erleben auch ist: Du hast es aus gutem Grund entwickelt. Und weil es dir mal geholfen hat, hast du es beibehalten. Es wurde zur Gewohnheit. Um davon loszukommen, ist es zunächst wichtig, dass du verstehst und anerkennst, warum dein Erleben und dein Verhalten so ist, wie es ist. Es ist wichtig, dass du Mitgefühl für dich und dein Leiden entwickelst und dir Achtung dafür schenkst, dass du es geschafft hast, zu überleben. Gleichzeitig solltest du Verständnis dafür entwickeln, dass es alles andere als leicht ist, dein Erleben und Verhalten zu verändern. Wir empfehlen dir deshalb psychotherapeutische Unterstützung.
Lies dazu bitte auch unseren Text Probleme mit mir und anderen nach Gewalterfahrungen.
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Frage Nr. 38552 von 06.07.2024
Ich weiss nicht genau, wie ich meine Frage formulieren soll. Ich habe das Gefühl, nicht wirklich zu leben. Es gab Schwieriges in der Kindheit und nun bin ich seit 15 Jahren in psychotherapeutischer Behandlung (ich bin 27). Als nächstes soll es eine Traumatherapie sein.
Ich bin mir aber nicht sicher, ob sich die Investition an Zeit, Energie und Hoffnung lohnt. Ich habe Angst, dass es immer ein Überleben, sich von Tag zu Tag hangeln, bleibt.
Dinge, die mein Leben bereichern könnten, sind extrem schwierig für mich (zB Partnerschaft/ Intimität gab es noch nie, Freundschaften, mehr Hobbies/ Rausgehen etc.). Manchmal ist es auch nur schon schwer, die Wohnung zu verlassen.
Und nur schon dieses relativ stabile Überleben hat sehr viel Arbeit und Energie gekostet. Nur fehlt die Lebensfreude.
Kann Traumatherapie daran etwas ändern? Wie ist das, wenn solche Muster und Folgen schon so lange bestehen?
Unsere Antwort
Die Frage ist ja, ob es dir ohne Trauma-Therapie besser geht? Oder ob du eine eine bessere Idee hast, deine Zeit, deine Energie und deine Hoffnung zu investieren? Du hast Wünsche: Dinge finden, die dein Leben bereichern und leicht(er) aus der Wohnung rauszukommen. Du hast bereits viel investiert. Dir ist ein einigermassen stabiles Überleben gelungen. Ob Psychotherapie bei Änderungen begleiten kann, ist also schon beantwortet. Deine Muster haben sich ein wenig beweglich gezeigt. Einige Folgen konnten gemindert werden. Die nächsten Investitionen könnten jetzt deiner Lebensfreude gehören. Dafür solltest du dir eine geeignete Begleitung suchen. Vielleicht ist das eine Psychotherapie mit der Spezialisierung auf Psycho-Traumatisierung. Dafür spräche, dass eine auf Trauma spezialisierte Psychotherapeutin deine Lebenserfahrungen versteht, d.h. Du fühlst dich verstanden. Dagegen könnte sprechen, dass du auf die vergangenen Traumatisierungen und ihre Folgen fokussiert bleibst und den Schatten der früheren Täterschaft nicht verlässt. Wir würden dir raten, nimm dein Leben mit all deinem Mut und deiner Kraft in die Hand. Zentral ist die Frage an deine Innenwelt, was deine individuellen Freuden sein könnten. Was könnte dich ganz persönlich bereichern? Vielleicht sind das andere Sachen, als allgemein als Bereicherung angesehen wird. Du willst ja deinen Lebensraum füllen und nicht wieder soziale Normen erfüllen, die eventuell nicht zu dir passen.
Wenn du in ein eigenständiges Leben investierst, lohnt sich das immer. Wichtig ist noch, dass du alle Hilfen, die du brauchst, annimmst und Unterstützung suchst, wo sie Dir wichtig ist.
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Frage Nr. 38544 von 05.07.2024
Hallo Lilli-Team
Bei mir steht bald die erste gynäkologische Untersuchung an. Ich habe diese bisher (w, 26) vermieden aufgrund Dingen in der Kindheit.
Die Untersuchung wäre aber wichtig, da der Verdacht auf Endometriose besteht und meine Monatsblutung zu stark ist.
Meine Angst ist, dass ich komplett in einen Flashback o.ä. versetzt werde und/ oder dissoziiere. Allein schon Rückenlage geht für mich (auch zuhause) nicht deswegen.
(Eine Traumatherapie ist geplant.)
Auch wird es ein männlicher Arzt sein (ich kann nicht wählen), was es nochmals schwerer macht.
Habt ihr irgendwelche Ratschläge, wie ich das überstehen kann?
Unsere Antwort
Von der gynäkologischen Praxis kannst du erwarten, dass sie sich auf ihre Patient*innen einstellen. Du solltest vorher eine längere Behandlungszeit vereinbaren, damit du dich ohne Zeitdruck entspannen und konzentrieren kannst. Den Arzt kannst du bitten, dich nicht zur Eile zu drängen. Wenn er dich mit Ruhe, Zuversicht und Verständnis unterstützt, erleichtert dir das die Untersuchung.
Auch an dich kannst du Erwartungen haben. Du kannst dem Arzt oder der Praxis zeigen, dass du zur Mitarbeit bereit bist. Du kannst mit dir vereinbaren, dass du handlungsfähig bleibst. Vergiss Folgendes nicht: 1. Es ist nicht der Arzt, der dir die Traumatisierungen zugefügt hat. 2. Du möchtest wissen, ob du eine Endometriose hast.
Die jetzige unangenehme Untersuchung ist für die Diagnose notwendig! Falls sich eine Endometriose herausstellt, soll sie so gut wie möglich behandelt werden. Die Behandlung ist in Deinem Interesse!
Bleib also fokussiert auf deinen Plan, dich konstruktiv für dich selbst einzusetzen. Vergiss nicht: es geht nur um dich.
Gut ist sicher, wenn du dich gut informierst. Darum verlinken wir dich: Frauengesundheitsportal, Lilli-Kapitel: Besuch bei der Frauenärztin, Lilli-Text: Endometriose. In den Texten zum Besuch bei der Frauenärztin erhältst du Tipps, wie du dich vorbereiten kannst. Der erste Besuch fällt jeder Frau schwer.
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Frage Nr. 38506 von 27.06.2024
Ich habe eine Frage:
Ich befinde mich in einer Traumatherapie. Wir habe letzte Woche zum ersten Mal mit EMDR gearbeitet. Bereits die imaginative Übung hat zu einer Bearbeitung geführt. Ich hatte das Gefühl, dass ich etwas entlastet wurde. Ich fühlte mich danach aber müde und erschöpft.Ich hatte aber vor zwei Tagen das Gefühl in einen Flashback zu fallen. dieser war sehr intensiv. In der Nacht bin ich mit Panik aufgewacht. Nach ca. 48h kam ich wieder zu mir. Ich hatte das Gefühl zu bemerken, wie schlecht es mir als Kind ging. Ich bin momentan in den Ferien, weshalb ich nicht mit meiner Therapeutin darüber sprechen kann. Ist es aber normal, dass auch nach einer Woche Flashback auftauchen und man sich müde fühlt?
Unsere Antwort
Flashbacks werden durch Trigger ausgelöst. Diese können durch eine Wahrnehmung im Umfeld ausgelöst werden, aber durchaus auch durch innere Bilder. Darum kann es sein, dass du nicht schon während der Sitzung durch die Imaginationen getriggert wurdest, sondern Tage später. Es kann aber Tage später auch ein ganz anderer Trigger im Spiel gewesen sein. Das kannst du nur selbst oder mit deiner Therapeutin herausfinden. Dass die imaginative Übung etwas ausgelöst hat, hast du an deiner Müdigkeit und Erschöpfung gemerkt. Solche Übungen lösen innere Prozesse aus, die oft eine deutlich spürbare Wirkung haben. Wenn du dich mit EMDR noch weiter beschäftigen willst, findest du hier Infos dazu.
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Frage Nr. 38504 von 27.06.2024
Ich bin 50 Jahre, weiß, dass eine CPTBS habe und frage mich, ob ich mit meiner Therapeutin noch offene Anliegen angehen sollte? Wir haben vieles aufgearbeitet, nur nicht sexualisierte Grenzüberschreitungen. Ich erinnere mich nicht sehr gut und glaube, dass diese nicht den gleichen traumatischen Impact auf mich hatten wie andere Dinge; meint: ich finde sie weniger schlimm.
Kann das sein?
Unsere Antwort
Das kann sehr gut sein. Wahrscheinlich liegen die sexuellen Übergriffe in der Zeit deiner Kindheit und Jugend. Inzwischen bist du 50 Jahre alt geworden und hast viele Erfahrungen gemacht. Darunter werden auch sexuelle Erfahrungen sein, die du nicht als gewalttätig erlebt hast. Du hast dich jetzt in deiner Psychotherapie mit vielen Aspekten deiner traumatischen Erfahrungen beschäftigt. Ziel einer solchen Therapie ist es sich Bewältigungsmöglichkeiten und eine gewisse Resilienz zu erarbeiten. Wenn du ungenaue Erinnerungen an sexuelle Gewalt hast und sie ‚weniger schlimm‘ einordnest, könntest du mit deinem bisherigen Therapieerfolg zufrieden sein und dich auf deine Zufriedenheit im aktuellen Leben konzentrieren.
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Frage Nr. 38503 von 27.06.2024
Hallo liebes Team von lilli! Ich bin weiblich und 31 Jahre. Ich habe ein Problem mit meinem Körperbild bzw. Veränderungen meines Körpers. Als junges Mädchen hatte ich eine Magersucht, die ich überwinden konnte. Jedoch blieb das Gefühl meinen Körper kontrollieren zu müssen. Es folgten Grundregeln beim Essen (z.B. am Abend keine Kohlenhydrate) und z.T. ein straffes Sportprogramm.
In der Vergangenheit erlebte ich viele depressive Episoden. Aktuell bin ich auch in Behandlung wg. Depressionen. Dieses Mal so, dass ich mich auch wirklich darauf einlassen kann und mit vollem Programm wie Antidepressiva (Mirtazapin). Jetzt ist es so, dass es mir besser geht und ich wieder mehr Lust auf das Leben habe in jeder Hinsicht und auch immer besser in meine Rolle als Mama hineinwachse (habe 2 Kinder).
Schwierig für mich ist, dass ich dadurch auch zunehme. Ich habe keine Heißhungerattacken, versage mir aber auch nichts und habe keine Lust ein extra Essen für uns Erwachsene zu machen um z.B. am Abend keine Pfannkuchen mit den Kindern zu essen. Der erste Impuls war erstmal, dass ich jetzt abnehmen muss (bin 165 cm und wiege ca. 57/58 kg, hab keine Waage zu Hause).
Dann ist mir aufgefallen, dass ich mich schon immer beim Essen kontrolliere und lange Zeit meines Lebens sehr dünn war (52/53 kg) weil ich durch schwere Zeiten gegangen bin (schwierige Kindheit, frühe Mutterschaft mit allen Anstrengungen die dazu gehören, immer wieder Depressionen). Mir fällt es sehr schwer, mich in einer anderen Form zu mögen als sehr dünn.
Die Therapie bringt mich aber auch dazu, zu reflektieren. Nur lebe ich schon immer so und es fühlt sich so an als ob ich die Kontrolle verliere wenn ich mich nicht ständig beim Essen kasteie. Zusätzlich werde ich natürlich auch älter und die 2 Schwangerschaften haben natürlich auch ihre Spuren hinterlassen und es gesellen sich immer mehr Cellulite und Besenreißer dazu. Also es fällt mir immer schwerer zusätzlich dazu jetzt auch nicht mehr dünn zu sein.
Ich merke auch, dass ich mich mit sehr jungen Mädchen vergleiche oder anderen sehr dünnen "schicken" Mamas und mein Gefühl mir selbst gegenüber ist irgendwie immer, dass ich minderwertig und weniger schön und begehrenswert bin als andere Frauen.
Ich frage mich aber auch, ob mein Körper ein anderes Gewicht hätte wenn ich mich nicht ständig kontrolliere und ihm nicht so viel abverlangt wird wie in meinen 20ern. Also ob ich jetzt eher endlich in einen gesunden Normalzustand komme.
Meine Frage ist: wie ist ihre Einschätzung nach dem Lesen meiner Zeilen und was könnte ich tun für mich? Gerade in Bezug auf mich selbst fällt mir das sehr schwer. Mit meinen Freundinnen bin ich natürlich sehr mitfühlend und auch gerade bei meinen Kindern achte ich darauf, dass Körper nicht kommentiert werden (mache ich auch nicht mit mir selbst vor den Kinder). Nur meine eigene Geschichte ist in der Hinsicht eben sehr belastet. Viele Grüße und Danke im Voraus!
Unsere Antwort
So wie ich das sehe, geht es darum, dass du ein Gefühl von Kontrolle über dich bekommst, das nicht vom Gewicht ahängig ist, und dass du eine wirklich wohlwollende Haltung dir gegenüber entwickelst.
Wie gross ist dein Mitgefühl für dich als das Mädchen, das du in deiner Kindheit warst? Dieses Mädchen hat die Kindheit überlebt und eigentlich Unglaubliches geleistet – denn du bist jetzt selbst zweifache Mutter. Um die Kindheit zu überleben, musstest du wahrscheinlich bestimmte Seiten von dir unterdrücken, und andere wurden stärker. Wahrscheinlich wurde auch eine selbstkritische Seite wichtig, die dich angetrieben hat. Ich fände es sehr gut, wenn ihr all diese "Anteile" in der Therapie anschauen könntet, so dass du Verständnis und Mitgefühl für alles in dir entwickeln kannst. Vielleicht interessiert dich dazu auch dieser Text.
Bei dem Gefühl von Kontrolle spielt das Körpergefühl eine grosse Rolle: Wie gut spürst du deinen Körper, wie sehr ist er für dich ein sicheres Haus? Wenn du gestresst oder depressiv bist, fehlt dir dieses Gespür möglicherweise, oder der Körper fühlt sich unangenehm an. Es ist also hilfreich, wenn du dich und deinen Körper in einen lockeren, entspannt-belebteren Zustand bringst. Da fühlt er sich einfach besser an. Hier spielt Bewegung eine zentrale Rolle. Machst du da etwas? Ich empfehle dir dazu auch diesen Text.
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Frage Nr. 38489 von 25.06.2024
Hallo, ein großes Dankeschön das ihr diese Seite hier betreibt!!!!
Ich (w,24) bin schon seit einer Weile in Traumatherapie. Meine Therapeutin & ich arbeiten daran meine inneren Wächter zu bezwingen, um dann die eigentlichen Traumata zu bearbeiten. Leider sind meine inneren "Stimmen" sehr stark, so dass teilweise die Therapie stagniert. Es gibt die Stimmen "Angst", "Scham", "Misstrauen" und "Vernunft". Oft melden sich alle gleichzeitig zu Wort, wenn es darum geht in der Therapie einen Schritt weiter zu gehen und ich habe dann eine innere Unruhe und kann keinen klaren Gedanken fassen bzw. eine Entscheidung treffen.
Habt ihr eine Idee, wie ich Ruhe in mein inneres Chaos bringen kann? Wie schaffe ich es, mehr auf die Vernunft zu hören, als mich von dem Misstrauen leiten zu lassen? Herzliche Grüße
Unsere Antwort
Es ist normal, dass es in der Bearbeitung von Traumata nicht immer im gleichen Tempo voran geht. Es ist ein wichtiger Schritt, dass du die innere Unruhe bei dir erkennst. Es ist okay, dir Zeit einzuräumen, um deine Gedanken und Gefühle zu sortieren.
Deine Therapeutin kann dir helfen, zu dosieren. Ihr könnt euch zusammen in einem Bereich bewegen, in dem du durch die Bearbeitung zwar herausgefordert bist, aber sie noch gut bewältigen kannst. Erlebst du deine Therapeutin dabei als hilfreich? Falls nein, wäre das eine wichtige Rückmeldung an die Therapeutin. Sie braucht dein Feedback, um gut mit dir arbeiten zu können. Ich ermutige dich sehr, ihr das zu sagen, was du uns geschrieben hast.
Ein nächster Schritt könnte sein, dich selbst zu trösten. Trösten heisst: dich in den Arm nehmen, das Gefühl ernst nehmen, seine Ursachen mit dir besprechen und dir klarmachen, dass es vorbeigehen wird. Du kannst lernen, dich selbst zu trösten. Das ist Übungssache.
Stell dir vor, du hast Angst. Überleg dir etwas, was dir Angst macht. Wo im Körper meldet sich das Angstgefühl? Wo spürst du es am stärksten? Stell dir vor, du nimmst den Körperteil in den Arm. Sträube dich nicht gegen das Gefühl, sondern erlaube ihm, da zu sein. Probiere, dort hin zu atmen. Sag dir, dass das Gefühl wohl einen guten Grund hat. Was will es dir sagen? Dann sag dir: „Es ist nur ein Gefühl. Ich bin nicht das Gefühl. Es ist nicht absolut und immer da. Sondern es kommt, will mir was sagen, und geht dann wieder“.
Vielleicht merkst du, dass schon diese Zuwendung zu dir selbst bewirkt, dass du dich etwas beruhigst und es dir besser geht. Du lernst so, das Gefühl besser auszuhalten. Zudem hilft es dir, wenn du eine stabile, lockere Körperhaltung hast. Bitte lies dazu diesen Text darüber, wie du deine Stimmung über den Körper beeinflussen kannst. Ich empfehle dir ausserdem unseren Text Wie beruhige ich mich selbst?
Wieso ist es besser auf die Vernunft zu hören? Auch das Misstrauen möchte beachtet werden. Wie stehst du zu deinem Misstrauen? Es ist in Ordnung, wenn du gemischte Gefühle gegenüber deinem Misstrauen hast. Es war dir in der Vergangenheit mit Sicherheit schon dienlich und in anderen Situationen nicht. Es hilft dir, dich zu beruhigen, wenn du beides anerkennst.
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Frage Nr. 38467 von 21.06.2024
Hallo Lilli
Ich hatte Frage Nr. 37924 gestellt, vielen Dank für eure Antwort. Ich mache noch keine Traumatherapie, habe aber eine allgemeine Therapie.
Ich habe stark das Gefühl, mehrere Anteile zu haben: Eine erwachsene Frau, die mehr Abstand und Sicherheit hat und eben auch ein Interesse an Sexualität.
Und dann einen kindlichen Antwil, der sehr viel schmerzliche Bilder, Gefühle und Körperwahrnehmungen hat.
Die Person war mein Vater, was es emotional schwierig macht. Ich habe deutlich mehr Abstand, aber Familienzusammenkünfte sind schmerzhaft und aufwühlend.
Leider komme ich nicht so richtig weiter: Ich mache die Beckenschaukel, versuche bewegt und aktiv zu sein und eben auch wohlwollend statt verletzend. Trotzdem passiert es eigentlich jedes Mal, dass es (danach) fast wie in eine Art Reinszenierung geht, in der ich mir weh tue. Manchmal kommt infolge auch ein Flashback. Ich kenne allgemein dissoziative Symptome, „einfrieren“/ Kontrollverlust und Derealisation. Gestern kam es aber zu etwas neuem, sehr beängstigendem: Zunächst fühlte ich mich als sei gerade ein Übergriff passiert. Ich habe die Kontrolle verloren und der Körper hat gezuckt, die Augen haben sich weggedreht, die Atmung war ganz seltsam. Ich wollte, dass es aufhört, aber nichts half.
Ich weiss nicht, ob das bedeutet, ich sollte damit lieber warten? Vielen Dank für eure Antwort :)
Unsere Antwort
Es ist aus meiner Sicht absolut notwendig, dass du deiner Therapeutin von den Flashbacks und von dem Anfall erzählst. Es klingt wie ein dissoziativer Anfall. Solche Anfälle kann es bei PTBS geben. Es ist wichtig, dass du lernst, die Flashbacks und Anfälle in den Griff zu bekommen. Kannst du mit deiner Therapeutin anschauen, mit wem du diese Arbeit machen kannst?
Was deine Sexualität angeht: Schau bitte in diesem Text nach, was deine Erregungstechnik ist. Ich vermute, du machst nicht automatisch die Beckenschaukel und bewegst deinen Oberkörper auch nicht automatisch. Vielleicht beginnst du so, aber sobald die sexuelle Erregung ansteigt, nehmen hohe Muskelanspannung und kurze Atmung überhand.
Auf diese Weise aktivierst du deinen Sympathikus sehr und bringst dich in den Kampf-Flucht-Zustand. Danach kippst du möglicherweise in ein Loch, in dem der dorsale Vagus stark überhand nimmt. Das kann auch mit derartigen Anfällen einhergehen. Ich bitte dich, diesen Text über das Autonome Nervenssystem zu lesen, um besser zu verstehen, was das heisst. Lies bitte auch die Texte, die in dem Text verlinkt sind. Je besser du verstehst, was bei dir abläuft, desto besser kannst du das beeinflussen.
Wir verändern unsere sexuelle Technik nicht von einem Tag auf den anderen. Sondern das braucht Zeit und viele Wiederholungen. In deinem Fall würde ich dir eine Sexualtherapie empfehlen nach dem Ansatz des Sexocorporel. Das ist eine körperorientierte Sexualtherapie-Methode. Therapeut*innen findest du auf dieser Seite.
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Frage Nr. 38447 von 17.06.2024
Hallo
Ich habe ein Problem, für das ich mich sehr schäme, ich hab auch noch nie mit jemandem drüber gesprochen. Es geht um meinen Nachbarn der unter mir wohnt, er fängt mich immer ab wenn ich nach oben gehe, er will dann immer sex mit mir, ich will das aber nicht und sag ihm das auch aber er wird dann immer wüdent und schlägt mich dann und dann erstarre ich und lasse es über mich ergehen. Ich weiss nicht was ich tun soll ich schäme mich so dafür, es passiert jetzt fast jeden tag und er fängt auch immer mehr an mich zu schlagen.
Unsere Antwort
Es tut mir sehr leid, dass du so etwas Schreckliches erleben musst. Es ist wichtig, dass du weisst: Du bist nicht Schuld daran, dass du Gewalt erlebst, und du musst dich nicht schämen. Dein Nachbar missbraucht dich und das ist absolut nicht in Ordnung. Du kannst die Verantwortung für dein Wohlergehen übernehmen und Menschen finden, die dir helfen, damit es dir besser geht. Es ist toll, dass du den ersten Schritt schon gemacht hast, indem du uns geschrieben hast.
Gibt es in deinem privaten Umfeld eine Person, der du vertraust? Deine Eltern, andere Verwandte, Freund*innen, Lehrer*innen, Betreuer*innen oder Arbeitskolleg*innen? Bist du minderjährig? Dann suche dir unbedingt Erwachsene als Vertrauenspersonen.
Oft ist es besser, mit einer Fachperson zu reden. Fachpersonen sind ausgebildet zum Thema Gewalt und wissen aus beruflicher Erfahrung, was du durchmachst. Sie haben eine gute Vorstellung davon, was du jetzt brauchst. Und das Gespräch ist absolut vertraulich. Sie erzählen es niemandem weiter.
Es lohnt sich, dir Unterstützung zu suchen. Denn dann bist du nicht mehr allein, du kommst mit deinen Gefühlen besser klar, du kannst ärztliche Soforthilfe bekommen und du kannst vor weiterer Gewalt geschützt werden. Weitere Informationen über Unterstützung und Beratung bei Gewalt, findest du in diesem Text.
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Frage Nr. 38416 von 12.06.2024
Hallo Lilli,
Im Rahmen meiner letzten Beziehung wurde ich leider Opfer eines Narzissten. Das Gaslighting hat mir besonders zugesetzt, da ich nichts richtig machen konnte. Ein Beispiel: Nach der Arbeit habe ich ihn immer mit einem selbstgekochten Essen empfangen. Wenn ich einen Nachtisch gemacht habe, bekam ich Ärger, weil Nachtisch macht fett. Wenn ich keinen Nachtisch gemacht habe, bekam ich Ärger, denn er hatte Lust auf Nachtisch. Wenn ich ihn vorher per Chatnachricht frage, ob er einen Nachtisch wolle, bekam ich Ärger, denn das wisse er jetzt noch nicht und ich müsse das erfühlen können, wenn ich ihn wirklich kennen würde. Ich war so so so so hilflos. Das war in so vielen Fällen so, bei verschiedensten Themen. Wenn ich nachfragte nach seinem Tag, bekam ich Ärger, denn das ginge mich nichts an. Wenn ich nicht nachfragte, bekam ich Ärger, denn ich interessierte mich nicht für ihn. Wenn ich ihn fragte, ob ich nachfragen darf, und dann nachfragte, bekam ich Ärger, denn ich fragte nicht auf die Art und Weise nach, wie er es haben wollte.... Und manchmal, da bekam ich einfach silent treatment oder wurde rausgeworfen mit den Worten "denk mal scharf nach was du falsch gemacht hast, das sag ich dir jetzt nicht". Da ich aber immer in bestem Wissen und Gewissen gehandelt habe, und es sich um so Dinge wie Nachtisch, Nachfragen, falsche Hose an etc. handelte, wusste ich natürlich nicht, was ich falsch gemacht haben sollte.
Ich habe zur Aufarbeitung eine Psychotherapie gemacht. Leider bekam ich bei meinen Wunschtherapeutinnen über Jahre keinen Platz von der Warteliste, sodass ich irgendeine nehmen musste. Diese Therapeutin hat mich total retraumatisiert. Sie sagte, es läge daran, dass ich meine Gefühle nicht ausdrücken könne. So wie ich meine Gefühle ausdrücken würde, würde das mein Gegenüber aggressiv machen. Ich versuchte alles. Beschrieb wie sich meine Gefühle im Körper anfühlen: wo, wie groß, wie klein, welche Farbe sie vielleicht haben. Beschrieb in Parabeln/Fabeln, wie meine Gefühle sein könnten. Beschrieb in Bildern, wie das Gefühl aussehen könnte, z.B. ein Schatten mit einer Bratpfanne in der Hand, die mir auf den Kopf gehauen wird. Nein nein nein. Alles nicht richtig. Ich fragte, was soll ich tun, wie soll ich ausdrücken?
Da half sie mir nicht weiter. Wenn ich es nicht richtig machte, schaute sie betont aus dem Fenster und ignorierte mich als Zeichen, ich soll aufhören bzw. was anderes machen. Da ich aber oft in Flashbacks geriet, bemerkte ich das oft nicht gleich. Ich redete also, und bemerkte erst nach langer Zeit, dass sie mir den Rücken zugewendet hatte und aus dem Fenster sah. Manchmal wurde ich verzweifelt, weil ich meine Gefühle immer noch nicht richtig beschrieb und weinte. Dann warf sie mich hinaus mit den Worten, dass ich so jetzt nicht therapiefähig wäre, und nächste Woche wiederkommen solle.
Ich wurde emotional abhängig von ihr wie von dem Mann. Ich verlängerte sogar die Therapie, in der Hoffnung, doch noch zu lernen meine Gefühle so ausdrücken zu lernen, dass mein Gegenüber davon nicht mehr aggressiv würde....
Und was ich auch ganz schlimm fand, dass ich sagte, ich wünschte mir zwei bis drei Säulen im Leben: Einen Beruf der mich nicht quält, und ein Hobby in einem Sportverein und vielleicht eine Partnerschaft. Sie putzte mich herunter, dass sich nur die oberen 15 Prozent der Gesellschaft überhaupt ein Hobby oder eine adäquate Wohnsituation leisten könnten, und die anderen 80 Prozen auch ohen diese Säulen auskommen müssten. Da gab es dann Streit, weil ich sagte, warum gibt es dann so viele Sportvereine? Der Hintergrund war nämlich, dass ich durch meine Erkankung damals keinen Sport machen konnte und arbeitsunfähig war. Deshalb meine Wünsche.
Jetzt stehe ich da, und ergehe mich in Selbsthass. Obwohl ich weiß, die Therapeutin war schlecht, nimmt mein innerer Kritiker ihre Aussagen, und brät sie mir wieder und wieder über.
Ich weiß jetzt nicht mehr was ich tun soll. Ich stehe bei fünf meiner Wunschtherapeuten immer noch auf der Warteliste, und bekomme keinen Platz. Irgendwen will ich nach dieser Erfahrung nicht mehr nehmen.
Wie kann ich denn diese Therapie ohne eine weitere Therapie aufarbeiten, habt ihr da einen Tipp?
Vielen lieben Dank!
Unsere Antwort
Du hast das Prinzip des Gaslighting verstanden und kannst das Verhalten deines Ex-Partners als Prozess sehr eindrücklich beschreiben. Du hast erkannt, dass du bei einem konsequent immer kritisierenden Mann keine Chance hast. Offensichtlich ist es dir gelungen, dich von ihm zu trennen. Mit der Therapeutin entstand die gleiche Dynamik. Es wäre der Job der Therapeutin gewesen, diese Dynamik zu erkennen und zu unterbrechen. Auch das hast du verstanden und dich auch aus der Therapie gelöst.
Jetzt bist du ohne Rat. Und schon springt dein innerer Kritiker ein und stellt die alte Kritisier-Dynamik wieder her. Du kannst nichts richtig machen. Du schreibst: ich ‚ergehe mich in Selbsthass‘. Und wieder beginnst du dich unterzuordnen und auf ‚Wunschtherapeut*innen‘ zu warten. Früher hast du gekocht und um die richtige Speisefolge gekämpft. Du hast versucht, es deinem Partner recht zu machen. Dann hast du die Therapeutin mit Parabeln, Fabeln und Bildern zu gewinnen versucht. Sie antwortete mit verletzendem Abwenden und Abwerten. Beides war vergeblich.
Wir raten dir zu einem Ausstieg aus der Dynamik! Du hast verstanden, wie das läuft. Setze deinem Selbsthass und dem inneren Kritiker Grenzen. Beide sind wohl bei deinem Ex-Partner und der Therapeutin in die Lehre gegangen. Jetzt wiederholen sie die Sätze, die sie dort gelernt haben. Das Verhalten von Ex-Partner und Therapeutin war falsch, wie du weisst. Sie bleiben falsch, auch wenn du selbst jetzt diese Wörter und Sätze wirksam werden lässt. Darum wäre es doch gut, du übernimmst selbst die Kontrolle über dein Innenleben. Das wird dir gelingen, wenn du dich in der Erkenntnis bestärkst, dass Gaslighting-Verhalten Schaden anrichtet. Deine Wahrnehmung stimmt. Es reicht, wenn du immer wieder deine Selbstsicherheit unterstützt und für dein Wohlbefinden sorgst. Selbstsicherheit und Wohlbefinden geben den besten Rat, wenn es um die Beurteilung von Beziehungspersonen geht. Sie merken, was gut tut und was verletzt. Sie haben auch keine Lust, verletzt zu werden. Du kannst dich auf die beiden also verlassen. Du kannst jetzt mithelfen, dass sie in deinem Innenleben oft genug zu Wort kommen. Am besten wartest du nicht, bis die nächste Therapie beginnt, sondern fängst gleich damit an. Für deine kommende Therapie wünschen wir dir, dass du gut dich gut unterstützt und verstanden fühlen wirst.
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Frage Nr. 38415 von 12.06.2024
Hallo lilli
Was kann man tun wenn man seinen Vater hasst. Mein Vater ist ein narzisst. Jedenfalls hat er Anteile. Als Kind hatte ich oft das Gefühl er ist eifersüchtig auf mich wenn ich die Zuneigung meiner Mutter bekommen habe. Als Kind hat er mich auch des öfteren geschlagen. Oft waren es backpfeifen die sehr weh Taten. Zeitweise schlug er mich auch mehr. Das letzte Mal tat er es da war ich ca 6. Da sagte meine Mutter, dass sie ihn verlassen würde,wenn er nicht aufhört. Ich lag weinend am Boden.
Seitdem tat er es nichtmehr aber er machte meinen selbstwert subtil kaputt. Immerwieder spielte er meine Erfolge runter. Er traute mir oft nur wenig zu. Er weiß alles besser. Seine besserwisserische Art nervt mich. Nie hatte ich das Gefühl dass ich genüge. Lob hörte ich nur selten. Meine Mutter nahm meine Berufsfindung in die Hand. Er machte mir meine Interessen und hobbies oft madig da sie anders sind als seine. Ich teile ihm oft wenig von mir mit da ich meine Interessen schützen will.
Ich habe Probleme mit männlichkeit. Mich begleitet ständig das Gefühl kein richtiger mann zu sein. Wenn mir jemand sagt ich ähnele optisch meinem Vater ist es für mich kein Kompliment. Ich lehne dass männliche ab. Männer die auf Konkurrenz aus sind und eifersüchtig sind bzw mich nicht ernst nehmen hasse ich zutiefst. Ich habe generell hass auf typische männer aber auch auf frauen die männlichkeit einfordern bzw richtige männer möchten und von Männern schwärmen.
Franz Kafkas Brief an meinem Vater ist mein absolutes Lieblingsbuch da es meine Gefühle spiegelt.
Sicher hatte ich auch schöne Zeiten mit meinem Vater aber da ist immer das Gefühl dass mit mir etwas nicht stimmt. Leute sagen mir oft dass ich extremst unsicher bin und verstehen mich nicht aber ich verstehe es langsam wo das herkommt.
Ich mache im Moment eine psychotherapie. Aber ich frage auch euch was ich tun kann um selbstbewusster zu werden und einen positiven Bezug zu männlichkeit zu bekommen.
M39
Unsere Antwort
Es ist völlig verständlich, wenn du deinen Vater hasst. Vielleicht waren da auch schöne Zeiten, aber was zählt, ist wie er dich gequält hat und quält. Ich finde es auch gut, dass du dich von ihm distanzierst, solang du dich noch nicht richtig von ihm emanzipiert hast. Emanzipiert hast du dich dann, wenn er sein Verhalten dein Wohlergehen nicht mehr beeintächtigt. Du weisst "Ich bin gut so wie ich bin" und "Ich mache das, was für mich stimmt". Und du fühlst das auch.
Wir beschreiben in diesem Text, wie bei Kindern die Anpassung an schwierige Eltern(-häuser) gelingt, und wir beschreiben in diesem Text, was das für Probleme mit sich bringen kann. Lies die doch mal. Überleg dir, was dich da anspricht. Was für eine Psychtherapie machst du? Arbeitet ihr deine Geschichte in der Psychotherapie auf? Das wäre aus meiner Sicht sehr sinnvoll. Sicherlich ist dein Vater in dir noch sehr präsent, und du hast seine Abwertungen sozusagen internalisiert. Es ist wohl hilfreich, wenn du das als eine Überlebenstaktik des Jungen erkennst: Er musste das, um emotional irgend eine Form von Nähe zum Vater aufzubauen. Wichtig ist, dass du Mitgefühl für dich als Kind und für deine Überlebensstrategien entwickelst, und dass du lernst, Vergangenheit und Gegenwart in deinem Kopf klar zu trennen.
Was das Thema Männlichkeit angeht: Es wäre interessant zu wissen, wie du die Männlichkeit beschreibst, mit der du Probleme hast. Vielleicht interessiert dich auch unser Text über Männlichkeits-Klischees. Und umgekehrt: Wie ist ein Mann, den du als Vorbild sehen kannst? Was für Eigenschaften hat er? Hier wäre es gut, du hättest einen männlichen Psychotherapeuten: Du brauchst andere männliche Vorbilder als deinen Vater. Überleg dir, welche Männer du sonst noch so kennst in deinem Umfeld, die Vorbilder sein könnten. Oder auch irgendwelche Celebrities. Männer, die stolz auf ihre Männlichkeit sind und gleichzeitig emotional und sozial so, wie du es gern wärest. Ausserdem möchte ich dir den Text Wie fühle ich mich in meiner Haut als Mann wohler? ans Herz legen.
Gern kannst du uns mit weiteren Gedanken und Fragen schreiben. Gib dann einfach die Nummer dieser Frage an.
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