Frage Nr. 39859 von 09.06.2025
Hallo, meine Frage ist vielleicht etwas komisch und evtl. auch schwer verständlich.
Kann man von einem positiven Gefühl, was eine Psychotherapie auslöst, abhängig werden??
Ich hatte eine Trauma-Exposition (bei kompl. PTBS) und war anschl. von einem positiven Gefühl so geflasht, daß ich mir zeitnah wieder eine Exposition wünsche, um in dieses Gefühl zu kommen.
Klar war diese ganze Exposition auch anstrengend, aber das anschl. positive Gefühl, das Traumatische nun endlich eingeordnet und richtig abgelegt zuhaben, überwiegte und gab mir soviel neue Energie.
Ich frage mich nun auch, ist es richtig sich in diesem positiven Gefühl so zu verlieren und darin so eine Hoffnung zusehen? Oder ist es eine übertriebene Empfindung von mir?
LG und Danke das es Euch gibt!
Unsere Antwort
Es freut mich, dass du eine so positive Erfahrung in deiner Therapie hattest! Ich sehe da keine Gefahr, einer „Abhängigkeit“. Der Wunsch, ein positives Gefühl wieder zu erleben, ist ja völlig normal. Was wir mögen, möchten wir möglichst oft erleben – so ist unser Gehirn gebaut. Und du tust ja nichts Schädliches, um dieses Gefühl zu haben.
Ich würde dich aber sehr ermutigen, diese Sorge mal mit deiner*deinem Therapeut*in zu besprechen. Vielleicht steckt dahinter ja auch eine gewisse Angst oder ein Misstrauen vor dem Sich-Gut-Fühlen. Das ist für Menschen, die Traumata erlebt haben, oft ein Thema und wäre dann ein wichtiger Aspekt für eure weitere Arbeit in der Therapie.
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Frage Nr. 39839 von 29.05.2025
Gibt es Hilfestellungen/ Wege herauszufinden, ob ich nonbinär bin? Ich bin AFAB und unsicher. Also ich weiss mit Sicherheit nicht am anderen Ende also Transmann. Aber Frau?
Ich bin unsicher, ob ich nichtbinär bin, oder ob ich eine Frau bin, die nicht den Erwartungen an das „Frausein“ folgt bzw. nicht die „Performance“ abliefert.
Ich merke, dass ich es schön finde, wenn keine Pronomen genutzt werden. They/ them finde ich auf Englisch angenehmer, auf Deutsch ist es für mich noch etwas fremd.
Ich freunde mich damit an, kaum Brustgewebe zu haben und dass mein Name viel bekannter als Männername ist.
Ich wurde ab und zu misgendered vom Aussehen weil ich weite Jeans trug und die Haare unter der Mütze/ Winterjacke waren.
In Mails werde ich sehr häufig als Herr angeschrieben wegen meines Namens. Beides mag ich nicht.
Ich mag Frauenkleider. Aber ich mag auch gerne weite / androgyne Kleidung und merke gerade, wie entspannt ich mich fühle, wenn ich mich selbst nicht unter Druck setze, „feminin“ zu sein/ zu wirken.
Die Fragen kommen auf, nachdem ich mich auch mit dem queer sein bzgl Sexualität beschäftige. (Frage 39533)
Gleichzeitig bin ich in einem Arbeitsumfeld, in dem es mir nicht wohl wäre, andere Pronomen einzuführen, oder offen nichtbinär zu sein.
Ich möchte auch keine Label beanspruchen, nur weil es in Mode ist oder um dazuzugehören.
Unsere Antwort
Du beschreibst klar, wie du es gerade empfindest. Du erkennst, was du magst und was du nicht magst. Das ist okay genau so wie es ist.
Nonbinär ist eine Selbstbezeichnung – genauso wie queer. Es geht um dein Gefühl der Geschlechtszugehörigkeit. Da es ein inneres Gefühl ist, gibt es dafür auch keine äusseren Kriterien. Letztlich entscheidest also du allein, ob und auch in welchen Kontexten und das Label für dich verwendest. Es ist möglich, dass du im Arbeitsumfeld weiterhin sie/ihr Pronomen nutzt und unter vertrauten Menschen they/them. Oder auch nur in queeren Safer Spaces. All das steht dir offen. Du kannst dich da auch ausprobieren und schauen, wie es sich anfühlt.
Du bist derzeit am Aufarbeiten einer Vergangenheit mit Gewalt. Es kann gut sein, dass sich dein Gefühl zu deinem Körper noch verändern wird im Laufe der Zeit. Ausserdem erleben viele Menschen, dass sie sich gestärkt fühlen in ihrem ganz persönlichen Ich, wenn sie ein Trauma aufarbeiten. Auch da bist du also auf einem guten Weg, um mehr Sicherheit darin zu erlangen, wer du bist und wie du dich bezeichnen und der Welt zeigen möchtest.
Hilft dir das weiter?
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Frage Nr. 39827 von 27.05.2025
Hallo Lilli,
Ich (m) merke manchmal, wie ich mich grundlos über Dinge aufrege, die gar nicht passiert sind. Beispiel: Ich gehe über einen Zebrastreifen und ein Auto hält wie üblich an, um mich die Straße überqueren zu lassen. Heute z.B. ist mir in genau dieser Situation passiert, dass ich mir unwillkürlich vorgestellt habe, wie die Situation ausgegangen wäre, wenn das Auto etwas zu spät angehalten hätte, sodass es mich beinahe erwischt hätte. In meiner Vorstellung wäre ich sehr wütend geworden, hätte den Fahrer des Autos angeschrien, ihm den Mittelfinger gezeigt usw. Hätte der Autofahrer dann selbst wiederum gereizt reagiert hätte ich mit Gewalt gedroht.
Kurz danach ist mir aufgefallen, was ich mir da eigentlich vorstelle, und dass mich das bloß in schlechte Stimmung versetzt. Dann dachte ich mir "warum tue ich das?". Ich habe aber keine Antwort auf die Frage gefunden. Ich weiß bloß, dass so etwas (mit verschiedenen Szenarien in meiner Vorstellung) recht häufig vorkommt und mein Umfeld auf mich bisweilen schlechter wirkt, als es eigentlich ist.
Woher kommt das? Und wie kann ich das abstellen? Mich stresst das.
Vielen Dank im Voraus für eure Hilfe. :)
Unsere Antwort
Das geht wahrscheinlich mehr Menschen so als du denkst. Quasi Kopfkino. Deine Fantasie erfindet einen anderen Ausgang zur Situation.
Wichtig ist hier nicht die Frage, weshalb du das tust. Unser Gehirn macht allerhand Dinge den lieben langen Tag. Und so eine Vorstellung kann durchaus anregend sein, weil in einer alltäglichen Situation plötzlich etwas spannendes geschieht. Dein Gehirn sucht womöglich nach solchen anregenden Gedanken. Das ist ein bisschen so, wie wenn du dir einen Action-Film anschaust, weil da viel spannendes passiert.
Ein einfacher Weg das abzuschalten ist, dass du dem Gehirn etwas anderes gibst, womit es sich beschäftigen kann.
Was macht das mit dir, dass du solche Gedanken hast? Wieso stresst es dich? Und weshalb möchtest du, dass es aufhört?
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Frage Nr. 39805 von 23.05.2025
Danke für die ausführliche Antwort zur frage 39723
Im moment ist es schlimmer geworden ich habe tiefe wunden doch kann mit niemanden darüber sprechen ich weiss nicht wie mitteilen oder was dagegen tun
Unsere Antwort
Bitte nimm unsere Antwort auf deine Frage 39723 ernst. Deine tiefen Wunden brauchen medizinische Versorgung. Und du brauchst Hilfe und Unterstützung. Da du erst 13 Jahre alt bist, raten wir dir zu einem Gespräch mit deinen Eltern. Wenn dir das ganz unmöglich erscheint, melde dich bitte bei einem Jugendambulatorium in deiner Nähe oder in einer Jugendberatungsstelle.
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Frage Nr. 39799 von 21.05.2025
Hallo Lilli, ich frage mich weshalb ich bzw mein Kopf immer gleich so besorgt denkt.
Ich habe den Eindruck das ich immer mit etwas besorgt sein muss und wenn es mal nichts gibt mein Kopf wieder Ängste und Sorgen erfindet. So ohne Anlass teilweise.
Das wird dann im Kopf so ganz groß.
[...]
Was sagt ihr? Weshalb bin ich so?
P.s könntet ihr den Beitrag bitte kürzen?
Unsere Antwort
Der Kopf sucht sich immer etwas, mit dem er sich beschäftigen kann. Oft sind es Ängste und Sorgen, mit denen er sich beschäftigt. Denn diese können durchaus belebend sein, auch wenn sie unangenehm sind.
Um von den Ängsten und Sorgen wegzukommen, braucht der Kopf also eine andere Beschäftigung. Es gibt gute Beschäftigungen, die verhindern, dass der Kopf sich in diesen Gedanken verliert. Besonders gut funktioniert dabei eine körperliche Beschäftigung. Zum Beispiel Übungen, bei denen du dein Gleichgewicht halten musst, oder auch andere Bewegungen, die deinen Fokus auf etwas lenken, das nicht mit Ängsten und Sorgen einhergeht.
Ausserdem entstehen starke, angstvolle Gedanken besser in einem Körper, der angespannt ist. Auch deswegen kann Bewegung beruhigend wirken, genauso wie Atemübungen. Wenn du oft sehr detailfokussiert bist, ist es wichtig, dass du Körpertechniken lernst, mit denen du dich lockern und beruhigen kannst. Damit regulierst du auch dein autonomes Nervensystem besser. In den folgenden Texten findest du Tipps dazu:
Schau dir auch unsere anderen Texte über das autonome Nervensystem an. Diese können Menschen im Autismus-Spektrum sehr helfen.
Wir haben die Frage auf deinen Wunsch gekürzt.
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Frage Nr. 39768 von 15.05.2025
Vielen lieben Dank für die ausführliche Antwort auf die Frage Nr. 39742 von 09.05.2025! Ich werde versuchen die Tipps umzusetzten. Sie hat mir letztens erzählt das es eher vage ist. Sie vermutet, dass sie unter der Situation als Kind gelitten hat. Sie ist jetzt 16 Jahre alt. Sie weiss erst seit kurzem, dass ihre Mutter Depressionen hat. Auch über die Biografie der Mutter wusste sie lange eher wenig, nur das sie es nicht einfach hatte. Sie meint aber das es sehr vage es ist und das sie vermutet, dass die Depression einen Einfluss auf sie gehabt haben muss. Sie hat als Kind erlebt, dass die Mutter teilweise nciht in die Ferien mitkommen konnte, da sie zu erschöpft war und sich erholen musste. Die Mutter hat häufig am Nachmittag geschlafen. Sie kann sich aber nicht erinnern, dass sie Aufgaben übernehmen musste. Häufig ist auch ihr Vater eingesprungen. Sie merkt einfach, dass da eine Schwere auf ihr liegt und sie kann es nicht genau deuten. Sie vermutet, dass es mit der Depression ihrer Mutter zu tun hatte und damit das ihre Mutter vielleicht teilweise nciht verfügbar war, müde und erschöpft war und vielleicht auch emotional distanziert war und dies ein Einfluss auf sie gehabt haben könnte. Wie kann ich ihr helfen Klarheit zu finden? Sie fühlt sich zudem sehr wohl bei mir. Ich denke sie merkt intuitiv, dass ihr etwas gefehlt hat und sie dadurch immer bei anderen Familien ist/war.
Unsere Antwort
Es ist wirklich toll, wie sehr du für deine Freundin da bist. Damit schenkst du ihr etwas ganz Wichtiges, nämlich Aufmerksamkeit, Fürsorge und Unterstützung. Mehr musst und kannst du in deiner Situation vermutlich nicht tun. Wahrscheinlich hilft es ihr, das Ganze besser zu verstehen, wenn sie mit dir immer mal darüber reden kann. Gleichzeitig tut es ihr sicher auch gut, wenn ihr Spaß miteinander habt und sie auch Leichtigkeit erfahren kann.
Bürde dir also bitte nicht zu viel Verantwortung auf. Es wäre gut, wenn deine Freundin sich mal nach einer Psychotherapie oder einer psychologischen Beratung umsehen würde. Ihr Vater könnte sie dabei ja sicher unterstützen. Es gibt nicht umsonst Menschen, die dafür extra ausgebildet sind – das kannst du als Freundin nicht leisten, denn du hast eine andere Rolle in ihrem Leben, und die ist auch sehr wichtig.
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Frage Nr. 39755 von 12.05.2025
Hallo liebes Lilli Team,
ich habe das Gefühl, dass ich einfach eine sehr schlechte Tochter bin. Ich bin 16 Jahre alt und weiblich. Irgendwie geraten ich und meine Mama immer aneinandeinder und das war irgendwie schon immer so. Wir haben eigentlich ansonsten ein ganz gutes Verhältnis einfach weil meine Mama wirklich super lieb ist. Sie macht wirklich alles für mich und meine Schwester. Und trotzdem enttäusche ich sie irgendwie immer.
Ich merke wirklich selber, dass ich das Problem bin, krieg das aber einfach nicht in den Griff. Meinen Mama ermöglicht mit wirklich viel und mir fehlt es an absolut gar nichts. Und trotzdem mache ich ihr manchmal irgendwie indirekt Vorwürfe, z.B. weil die Eltern meiner Freundinnen mehr shoppen dürfen oder so. Ich bin halt manchmal neidisch, dass andere noch mehr Klamotten kaufen dürfen/können als ich, obwohl ich ja echt alles habe, was ich brauch. Und das lass ich dann an meiner Mama raus.
Ich weiß selber das das extrem undankbar ist und wenn ich dann zum Beispiel sauer war, dass ich etwas selber bezahlen muss, merke ich auch selber im Nachhinein wie dumm das von mir ist. Meine Mama macht wirklich eigentlich alles perfekt und dann finde ich immer doch irgendwas, weswegen wir uns dann streiten. Ich werde immer auch irgendwie voll aggressiv und das wegen Sachen, die eigentlich total lieb von meiner Mama gemeint sind. Ich werde zum Beispiel oft sauer, wenn sie mein Zimmer aufräumt während ich in der Schule bin (weil ich eigentlich nicht will dass sie in mein Zimmer geht) oder wenn sie mir mal mein Handy wegnimmt wenn ich wirklich (und das merke ich selber) zu lange dran bin.
Also wirklich wegen gutgemeinten Sachen werd ich dann sauer. Und dann mach ich halt auch ganz grundlegende Sachen falsch. Ich helfe wirklich zu wenig im Haushalt mit und hab an ihrem letzten Geburtstag auch vergessen gehabt, ihr was zu kaufen. Ich schäme mich auch selbst dafür. Ich hab halt des Gefühl ich bin selber unzufrieden mit mir selbst und lass das dann an meiner Mama raus. Ich hab ihr vorgeworfen, dass sie mir nicht genug zu hört weil sie vielleicht einmal gesagt hat, ich soll nicht alles überdramatisiseren.
Sie nimmt sich so viel Zeit für uns, kocht fast jeden Tag, fährt uns mit dem Auto hin wenn wir irgendwo hin müssen und ist eigentlich ja immer für uns da. Ich merk auch selber das ich total Glück habe mit meiner Mama, weil sie mir so viel erlaubt. Ich darf abends lange draußenbleiben, ich darf von der schule daheimbleiben, wenn ich mich psychisch bisschen fertig fühl etc. also Sachen die andere Mamas halt nicht erlauben. Und dann rasste ich immer bei jeder Kleinigkeit halb aus und mach sie damit wirklich traurig.
Sie hat im Streit schon mehrmals wegen mir geweint und sagt auch oft, dass sie sich sehr müde fühlt. Ich fühl mich so unfassbar schlecht und oft kann ich ja auch dankbar sein aber ich habe mir schon so oft vorgenommen, sie besser zu behandeln und kriege es einfach nicht hin.... Ich bin wirklich ratlos und mich macht es so fertig, weil ich wirklich so oft unnötig Streit anfange und mich danach direkt schrecklich fühle, weil ich sehe, wie sehr ich sie belaste. Könntet ihr mir vielleicht mit der Situation helfen?
Unsere Antwort
Deine Vermutung "Ich merke wirklich selber, dass ich das Problem bin" möchte ich hinterfragen. Deine Mutter bringt viele Jahre mehr Lebenserfahrung mit und trägt eine höhere Verantwortung für die Gestaltung eurer Beziehung. Es ist aber auf jeden Fall ein sehr liebevoller Schritt von dir, zu überlegen, wie du zu einer Lösung beitragen kannst.
Ich kann mir vorstellen, dass du ziemlich im Zwispalt bist. Einerseits ermöglicht dir deine Mutter sehr viel, andererseits scheint sie nicht auf das zu hören, was du dir konkret wünschst. Du möchtest zum Beispiel nicht, dass sie dein Zimmer aufräumt. Sie macht es trotzdem. Ich frage mich, wie deine Mutter mit ihren Grenzen umgeht. Tut sie mehr für euch, als ihr eigentlich selbst gut tut und erwartet als "Gegenleistung" eure Dankbarkeit? Das tut Beziehungen nicht gut. Gute Beziehungen profitieren von Klarheit. Auch Mutter-Tochter-Beziehungen.
Aus deinen Worten schwingt sehr viel Liebe für deine Mutter mit. Eine schlechte Tochter würde die Beziehung zu ihrer Mutter kaum mit so viel Dankbarkeit und Mitgefühl für die Situation der Mutter darstellen. Ich könnte mir vorstellen, dass sich deine Mutter sehr freuen würde, wenn sie diese Zeilen auch lesen könnte. Hast du ihr mal deine Gedanken so mitgeteilt, wie du es uns geschildert hast? Denn du hast die Situation sehr ehrlich analysiert und beschreibst beide Seiten: Du leidest, und auch deine Mutter.
Leider lässt man natürlicherweise Frust, Wut und Ärger am meisten an den Personen aus, denen man am nächsten ist. Weil: Nur wenn eine gewisse Vertrauensbasis vorhanden ist, getraut man sich, sich echt zu zeigen. Aus diesem Grund schreien wir auch keine Fremden auf der Strasse an, sondern heben uns starke Gefühle für Daheim auf. Hast du denn einen Frust, oder einen Ärger wegen etwas anderem im Leben? Stresst dich etwas Spezifisches? Freund*innen? Schule? Zukunftssorgen?
Streiten kann übrigens auch helfen, um deine eigene Meinung zu finden. Du beschreibst ja ab und zu, dass du "im Nachhinein" gemerkt hast, dass du falsch lagst. Grundsätzlich ist es ja absolut menschlich, mal die Kontrolle zu verlieren und etwas zu tun, oder zu sagen, was du danach bereust. Wichtig ist vor allem, was du mit dieser Erfahrung machst. Und du scheinst dir deiner Entgleisungen sehr bewusst zu sein. Wenn du dich danach für dein Verhalten entschuldigen kannst, ist das schon eine sehr reflektierte Haltung. Deshalb meine Frage: Wie habt ihr bisher die Konflikte aufgelöst? Hast du ihr danach gesagt, dass du gemerkt hast, dass deine Reaktion nicht ok war? Dass du siehst, dass sie ja aus Liebe zu dir handelt? Und im anderen Fall, dass dir sehr wichtig ist, dass sie respektiert, was du möchtest? Wenn es dir schwer fällt, dies mündlich mitzuteilen, wäre der schriftliche Weg eine gute Alternative. Das kann per Messenger sein, oder auch ein paar handgeschriebene Zeilen. Wichtig finde ich auf jeden Fall eine offene und ehrliche Kommunikation. Das heisst: Auch mal sagen können, wenn du im Nachhinein merkst, dass du falsch lagst.
Du schreibst zwar, dass das "schon immer irgendwie so" war. Könnte es auch sein, dass die Konfllikte zugenommen haben in den letzten Jahren? Denn die Pubertät bringt so einiges durcheinander und ist für alle Beteiligten nicht einfach: weder für die betroffene Person noch für das Umfeld. Sei daher nicht so streng mit dir selbst, wenn solche Situationen immer wieder neu entstehen: Konflikte mit den Eltern gehören ein wenig zum Ablöseprozess der Pubertät dazu. Auch deine Mutter hat diesen Prozess einmal durchlaufen. Vielleicht wäre es spannend, sie mal zu fragen, wie sie diese Zeit damals erlebt hatte? Hatte sie auch oft Streit? Wo und mit wem ist sie angeeckt? Solche Gespräche können euch wieder näher bringen.
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Frage Nr. 39742 von 09.05.2025
Danke für euere Antwort auf die Frage Nr. 39715 von 04.05.2025. Ich mache mir sorgen um meine Freudin. Ihr Mutter hat Depressionen und ist seit vielen Jahren auch wegen ihrer traumatischen Kindheit in Behandlung. In letzer Zeit berichtet meine Freundin depressiv vestimmt zu sein. Ihre Mutter wirkt gegen aussen hin eigentlich normal und sehr nett. Meine Freundin erzählt aber das ihre Mutter oft überlastet ist und viel schläft. Ich habe folgende Frage: Nehme ich da etwas falsch wahr, da die Mutter gegen aussen sehr bemüht wirkt? Wie kann ich meiner Freundin am besten helfen?
Unsere Antwort
Das klingt nach einer schwierigen Situation. Du kannst deiner Freundin am besten helfen, indem du ihr zuhörst und für sie da bist. Aber auch, indem du Hilfe holst, wenn es schlimmer wird oder es dir zu viel wird.
Du hilfst ihr auch, indem du ihr glaubst, was sie über ihre Mutter erzählt. Denn nach außen können manche Menschen ihre Depressionen durchaus sehr gut verstecken. Und es ist ja gut möglich, dass ihre Mutter sich sehr bemüht, aber eben dennoch weiterhin mit Depressionen zu kämpfen hat. Denn Depression ist eben eine Erkrankung.
Ich weiß nicht, wie alt ihr seid, darum sind diese Ideen vielleicht nicht alle passend, aber ich gebe sie dir trotzdem mal.
Ist deine Freundin denn aktuell noch in therapeutischer Behandlung? Falls nicht, solltest du sie ermutigen, das wieder aufzunehmen. Vielleicht habt ihr an der Schule auch eine Sozialarbeiterin oder eine Vertrauensperson, mit der ihr mal über diese Situation sprechen könntet. Auch eine Familienberatungsstelle könnte vielleicht weiterhelfen.
Du kannst deine Freundin auch fragen, ob sie Hilfe braucht bei Aufgaben zu Hause. Oder sie vielleicht immer mal zu dir nach Hause einladen, zum Beispiel zum Abendessen oder auch zum Übernachten. Kinder von depressiven Eltern haben oft wenig Routine und um sie wird sich oft nicht genug gekümmert. Da kann ein Zuhause, wo sie ein bisschen umsorgt wird, sehr viel wert sein.
Sag deiner Freundin, dass sie dir alles erzählen kann. Zum Beispiel auch, wenn sie daran denkt, sich selbst zu verletzen oder zu töten. Ich weiß, dass das sehr beängstigend sein kann, aber oft hilft es schon sehr, wenn es jemanden gibt, der da ist und zuhört. Wenn deine Freundin wirklich an so etwas denkt, sollte sie das unbedingt in ihrer Therapie erzählen, falls sie die denn hat. Wenn du oder sie Angst habt, dass sie sich wirklich etwas antun könnte, ruft unbedingt die Polizei oder fahrt zusammen in die Notaufnahme eines Krankenhauses. Ihr könnt auch immer Notfallnummern, wie die Telefonseelsorge (in Deutschland) oder die 143 (in der Schweiz) anrufen, damit sie euch sagen, was zu tun ist. Wir haben auch eine ganze Liste an Links zusammengestellt von Stellen, die Hilfe in solchen Situationen anbieten.
Achte bei dem Ganzen auch darauf, gut für dich zu sorgen. Sprich zum Beispiel mit deinen Eltern darüber. Trag das nicht allein, denn das hilft weder dir noch deiner Freundin. Je mehr Unterstützung du hast, umso besser kannst du auch für sie da sein.
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Frage Nr. 39724 von 05.05.2025
Ich bin weiblich und möchte nicht mehr leben. Was soll ich tun
Unsere Antwort
Du scheinst gerade in einer schwierigen Situation zu stecken. Du musst da nicht alleine durch. In dieser Liste findest du Anlaufstellen, an die du dich wenden kannst. Dort kannst du Hilfe und Unterstützung finden. Wenn du in Deutschland wohnst, findest du weitere passende Angebote auch in diesem Text.
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Frage Nr. 39715 von 04.05.2025
Hallo Lili
Ich habe eine etwas kompliziertere Frage. Wie kann die Depression der Mutter die Tochter prägen? Hat die Tochter ein erhöhtes Risiko selbst eine Depression zu entwickeln? Was sind Schutzfaktoren, was sind Belastungsfaktoren?
Danke für eure Hilfe!
Unsere Antwort
Ja, Kinder von Eltern mit Depressionen haben ein erhöhtes Risiko selbst an Depressionen zu erkranken. Es wird vermutet, dass es auch eine gewisse genetische Veranlagung für Depressionen gibt, allerdings ist das allein nicht der Grund. Wenn ein Elternteil Depressionen hat, kann sich das in vielerlei Hinsicht auf Kinder auswirken. Die Erziehungskompetenz ist durch die Erkrankung meist geringer, was bedeutet, dass Kinder oft weniger Unterstützung und mehr Konflikte oder andere negative Ereignisse erleben. Auch typisch depressive Denkmuster wie „Ich bin wertlos" können an Kinder weitergegeben werden, wenn der Elternteil sie wiederholt äußert oder durch Verhalten zeigt. Grundsätzlich orientieren sich insbesondere jüngere Kinder sehr am Verhalten der Eltern. Wenn der Elternteil also depressiv ist, ist es auch für das Kind schwerer, einen guten Umgang mit Emotionen zu lernen oder zu lernen, wie man gut für sich sorgt.
Besondere Risikofaktoren sind ein jüngeres Alter des Kindes, ein niedriger sozioökonomischer Status und natürlich auch der Schweregrad der Erkrankung. Auch wie mit der Depression umgegangen wird, spielt eine große Rolle. Man sollte vermeiden, dass es zu einer sogenannten Parentifizierung kommt, bei der das Kind die Aufgaben der Eltern übernimmt und sich quasi um die Eltern kümmert statt andersherum. Schützen kann daher, wenn der Elternteil anerkennt, dass er erkrankt ist und sich entsprechende Hilfe holt. Dem Kind sollte, falls es alt genug ist, erklärt werden, was eine Depression ist, um zu vermeiden, dass es sich selbst die Schuld gibt.
Gute Kommunikation mit dem Kind und Unterstützung bei der Bewältigung der Situation sind enorm wichtig. Dabei hilft idealerweise der zweite Elternteil oder eine andere enge Bezugsperson. Generell ist soziale Unterstützung für Eltern und Kind ein großer Schutzfaktor. Für Kinder kann es sehr überfordernd sein, wenn sie sich mit dieser Situation allein fühlen. Sie proaktiv und frühzeitig zu unterstützen, kann sehr viel abfedern.
Sehr viele Kinder, die depressive Eltern hatten, entwickeln später keine Depressionen. Es ist also nicht vorprogrammiert oder unausweichlich. Wichtig ist eine gute psychosoziale Unterstützung von Eltern und Kind und natürlich eine möglichst frühzeitige und effektive Behandlung der Depression. Falls dich das persönlich betrifft, empfehle ich dir sehr, dich an eine Familienberatungsstelle zu wenden. Oder natürlich eine psychologische Beratung oder Therapie aufzusuchen, falls das deine Vergangenheit betrifft.
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Frage Nr. 39687 von 13.04.2025
Hallo, ich studiere Medizin. Leider habe ich des öfteren die Erfahrung gemacht, dass bei praxisbezogenen Praktikas, wie Untersuchungskursen, Venenpunktionskursen, usw., unterschwellig ein Druck aufgebaut wird, seinen Körper zur Verfügung zu stellen, obwohl immer wieder betont wird, dass das ja alles freiwillig sei. Unter anderem kam es beim gegenseitigen Blutabnehmen zu einer Situation, bei der sich ein Student, der sich nicht Blut abnehmen lassen wollte, von dem zuständigen Lehrarzt so lange unter Druck gesetzt wurde, bis er schliesslich zustimmte. Teils folgten dann auch noch Kommentare von anderen, er solle sich doch nicht so anstellen.
Ich weiss, dass es für viele Leute einfach dazugehört, dass angehende Mediziner auch am eigenen Leib erleben, was für die Patienten unangenehm ist - auch, um an der eigenen Empathie zu arbeiten und die teils sehr trockenen Vorlesungseinheiten aufzulockern. Ausserdem ist es natürlich ganz ein anderes Lernen, wenn man eine klinische Intervention auch einmal selbst erfahren kann und gerade der professionelle Umgang mit Nacktheit und der eigenen Scham kann sehr gut trainiert werden. Trotzdem finde ich es sehr problematisch, da so einen subtilen Zwang auszuüben; gerade, weil doch das Erkennen und Wahren der eigenen Grenzen so wichtig im späteren Arztberuf ist. Ausserdem: Wie soll ein Arzt die Grenzen des Patienten wahren und respektieren, wenn er im Studium mitbekommt, dass bei ihm und anderen einfach so lange Druck aufgebaut wird, bis zugestimmt wird? Und weil es ja gerade im Studium bereits so wichtig ist, einen professionellen Umgang mit Nacktheit zu erlernen, ist so ein Druck doch gerade kontraproduktiv, da er die Scham einfach nur noch steigert?!
Ich habe selbst erlebt, wie unangenehm es ist, sich nicht ausziehen zu wollen und dann komische Blicke zu ernten, auch weil das Ausziehen untereinander oft als Transaktion betrachtet wird: Ich habe mein Shirt ausgezogen und mich dir zur Verfügung gestellt, also erwarte ich das Gleiche von dir. Ich verstehe das gut, aber genau deshalb halte ich mich bei Praktikas, bei denen ich weiss, dass ich mich nicht zur Verfügung stellen möchte, auch immer zurück und lasse die anderen untersuchen.
Das klingt jetzt vielleicht so, als würde mein Studium nur aus Untersuchungskursen bestehen, obwohl es vielleicht gerade mal vier Kurse gab im letzten Jahr, in dem wir an uns selbst lernen durften/mussten. Aber trotzdem beschäftigt mich das sehr, besonders, weil ich das Gefühl habe, dass ich der einzige bin, der sich so stört an der ganzen Sache. Viele meinen dazu einfach, klar stört es sie manchmal, sich teilweise so präsentieren zu müssen, aber so sei es halt einfach. Ich hingegen halte es für eine Doppelmoral meiner Uni, sich gegen Belästigung und Zwang aller Art im Studium einzusetzen und dann trotzdem so einen unterschwelligen Druck aufzubauen, seine eigenen Grenzen zu überschreiten.
Meiner Meinung nach gilt Selbstbestimmung und körperliche Autonomie sowohl für Patienten als auch für medizinisches Personal und ich sehe nicht ein, wie die körperliche Autonomie von Patienten geschützt werden kann, wenn man nicht mal selbst weiss, wie man seine eigene effektiv schützt. Was denkt ihr dazu?
Unsere Antwort
Da hast du offensichtlich sehr wichtige Erfahrungen gemacht, die deine Haltung prägen. Dir ist es besonders wichtig, dass Einvernehmlichkeit herrscht in der Arzt-Patient*innen-Beziehung. Es fällt dir negativ auf, wie diese Interaktion gehandhabt wird und deines Erachtens entspricht das nicht den Werten, die sich die Uni vornimmt.
Nun ist die Frage, wie du mit dieser Erkenntnis umgehen möchtest. Du sagst, du bist allein mit deiner Haltung. Ich könnte mir vorstellen, dass das nicht stimmt. Es gibt mit Sicherheit deutsch- oder englischsprachige Gruppen, die sich mit einer Consent-Kultur im medizinischen Bereich auseinandersetzen, die großen Wert auf Selbstbestimmung legt. Schau doch mal, wo du Gleichgesinnte finden kannst.
Die Erfahrungen können ein Anstoß dafür sein, womit du ganz persönlich dich weiter beschäftigen möchtest. Du kannst dein Verhalten unabhängig von den Rahmenbedingungen an dem ausrichten, was dir wichtig ist. Die Reaktionen anderer darauf sind nicht zwangsläufig positiv.
Es könnte ebenfalls interessant sein, dir zu überlegen, wie du mit Menschen reden kannst, um ihnen deine Sicht der Dinge näher zu bringen. Welche Beispiele könnten für sie relevant sein? In welchen Punkten könnten sie dir am ehesten zustimmen?
Du könntest dir ebenfalls überlegen, wie du zu einer lernfähigen Uni beitragen kannst. Es kann schwierig sein, den eigenen Werten treu zu sein, besonders wenn es alte Traditionen gibt, die diesen Werten entgegen stehen. Es braucht dann Personen wie dich, um diese Werte hochzuhalten und einen Beitrag zu leisten, dass eine Entwicklung in Gang kommt in Richtung dieser Werte. Wer in der Uni könnte Einfluss darauf nehmen, und wie kannst du mit diesen Personen oder Gruppen in Kontakt treten?
Schau doch mal, wie diese Gedankenanregungen bei dir ankommen.
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Frage Nr. 39685 von 13.04.2025
Ich habe mir in den letzten Tagen häufig Gedanken zu diesem Thema gemacht. Ich habe in letzter Zeit einige Zusammenhänge machen können zwischen meiner Geschichte und meinen Symptomen. Es fühlt sich aber dennoch an als wäre viel im Dunkeln.
Ich habe zum Beispiel teilweise Momente gehabt, an denen ich einen guten Zugang zu meiner Kindheit hatte und teilweise fühlt es sich an, als wäre da eine Wand oder ein schwarzes Loch. Ich kann teilweise über Erinnerungen sprechen und dennoch fühlt es sich an als wäre da eine Trennung. Es ist etwas schwierig diese Gefühl in Worte zu fassen. Ich denke Trennung zwischen den Gefühlen und den Erinnerungen beschreibt es recht gut. Man kann auch sagen als wäre eine Trennung da, zwischen dem unter dem ich heute leide und dem was früher vielleicht dieses Leiden ausgelöst hat. Ich habe in einer stressigen Zeit Panikattacken und stärkere Ängste entwickelt. Ich hatte auch teilweise mit depressiven Episoden zu kämpfen. Ich kenne mehr oder weniger meine Trigger aber nicht oder nicht komplett die Ursachen meiner Probleme und Symptome. Ich habe auch Mühe mit Stress umzugehen und diesen zu regulieren. Teilweise bin ich einfach verzweifelt.
Ich habe bereits zwei Therapien hinter mir, welche mir gelernt haben, wie ich mit den Symptomen umgehen kann. Ich habe mich dann auch überfordert gefühlt, wenn mich die Therapeutin oder eine andere Person gefragt hat, weshalb ich solche Ängste habe. Ich konnte es einfach nicht sagen. Ich habe nicht eine Erinnerung an ein Ereignis, welches dieses Leiden oder die Ängste ausgelöst hat. Ich habe das Gefühl ich müsste alleine herausfinden, was mit mir los ist und weiss es selber nicht. Ich komme mir dann auch wie ein Versager vor, da ich es trotz Therapie nicht schaffe und ander Menschen im Internet, gute Verbindungen zwischen ihren Symptomen und ihrer Geschichte herstellen können.Wie kann ich da weiter vorgehen?
Danke für deine Hilfe!
Unsere Antwort
Allgemein kann man sagen, dass wenn du schwierige Dinge in hohem Stress erlebt hast, es zu dieser Trennung kommen kann und diese Trennung in der Vergangenheit eine Schutzfunktion hatte. Nachher wenn du älter wirst, kann genau diese Schutzfunktion, die einmal nützlich war, Schwierigkeiten verursachen.
Ich empfehle dir, dass du das so siehst: Die Trennung, die du spürst, hat einen guten Zweck. Insofern ist das kein Versagen, sondern eine Fähigkeit, dass du die Trennung machst. Es ist ein Schutz. Dein Gehirn tut das, was nötig war in dieser Situation. Es hat eine Logik, dass dein Gehirn das so macht.
Wir unterscheiden übrigens das chronologische Gedächtnis – das sind die Erinnerungen, die du erzählen kannst – und das implizite Gedächtnis – das sind Erinnerungen, die sich in Form von Bildern, Gefühlen und Empfindungen melden, und die sich sehr realistisch und gegenwärtig anfühlen. Du hast vielleicht auch schonmal von einem Flashback gehört. Das meinen wir damit. Vielleicht kennst du das, dass du dich manchmal in einer Situation fragst, warum du auf eine bestimmte Situation reagierst oder warum sie dich übermäßig stresst oder beängstigt. Das könnte so etwas sein. Das ist quasi der emotionale Anteil, der aber nicht wirklich als Erinnerung verstanden wird. Bitte lies dazu unseren Text über Flashbacks. Vielleicht spricht dich das ja an.
Wichtig ist: Du bist ein völlig individueller Mensch und gehst deinen eigenen Weg. Lass dich nicht beirren von Erfahrungsberichten von anderen Menschen im Internet. Ihre Geschichte ist eine völlig andere als deine.
Wir alle vergessen ganz viel. Wir können Sachen vergessen, die unwichtig sind und wir können Sachen vergessen, die unangenehm sind und so weiter. Das Vergessen kann dem Gehirn helfen, eine gewisse Ordnung zu haben. Und nicht ständig überflutet zu werden, von all dem, was passiert ist. Vergessen ist also ebenso eine Fähigkeit wie die Trennung von Erinnerungen und Emotionen.
Ich möchte dich dazu einladen, uns wieder zu schreiben. Was waren das denn für konkrete Sachen mit denen du eine Verbindung zu deinen Ängsten und Depressionen herstellen konntest?
Du fragst, was du machen kannst. Ein Ziel einer Therapie könnte sein, emotionsbefreite Erinnerungen und das emotionale Erleben wieder zu verbinden. Das ist in einer guten Traumatherapie möglich.
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Frage Nr. 39672 von 09.04.2025
Ich hatte einvernehmlich Sex mit meinem ehemaligen Psychotherapeuten. Die Therapie ist seit ca. zwei Monaten beendet und wir sind erst vor kurzem wieder privat in Kontakt getreten. Ich habe ihn gerne um mich, aber trotzdem fühlt es sich nicht richtig an, weil er mal mein Therapeut war. Wie soll ich damit umgehen?
Unsere Antwort
Vertrau deinem Gefühl. In deiner Psychotherapie warst du die Patientin, die sich mit einem Leiden in Behandlung begeben hat. Der Psychotherapeut hat viel von dir erfahren und hat dich sehr intim kennen gelernt. Er weiss wie du reagierst, was dir Angst macht, was dich freut und wahrscheinlich auch, wie das alles mit deiner Biografie zusammenhängt. Er war der Helfer in der Beobachtungsposition, der dich studieren konnte und dem du wahrscheinlich vertraut hast. Damit hattet ihr in der Therapie sehr verschiedene Rollen, die ihr zwei Monate nach Therapieende sicher nicht abgelegt habt. Darum fühlt es sich merkwürdig an, wenn dein Behandler auch dein Sexualpartner ist.
Zudem ist eine therapeutische Beziehung sehr hierarchisch. Das ist für eine medizinische /therapeutische Behandlungsbeziehung sinnvoll. Es ist besser, wenn der Arzt/Psychotherapeut ein Setting anbietet, indem er sich auskennt und Bescheid weiss. Das ist die Grundlage für Behandlungserfolge. Du kannst als Patientin den Behandler wechseln und dir ein passenderes Setting suchen. Aber du kannst nicht eine Praxis ummodeln und Behandlungsmethoden fordern, die der Behandler nicht gelernt hat. Diese Hierarchie wird weiter in eurer aktuellen Beziehung spürbar sein.
Therapeutischen Beziehungen sind darum Abhängigkeitsbeziehungen. Darum haben alle Behandlungsberufe eine Berufsordnung oder ethische Richtlinien. Alle diese Richtlinien enthalten des Verbot des sexuellen Kontakts zu Patient*innen, dass auch die Zeit nach der Therapie betrifft.
In der Berufsordnung der Föderation der CH-Psycholog*innen (FSP) wird das in Art. 31 so formuliert: «Mitglieder dürfen das besondere Vertrauens- oder Abhängigkeitsverhältnis in psychotherapeutischen Beziehungen nicht missbrauchen. Ihre Verantwortung für die Patientinnen und Patienten geht jederzeit ihren persönlichen Interessen vor, und sie unterlassen insbesondere jede Form von sexueller Beziehung, finanzieller Ausbeutung oder ideologischer oder religiöser Beeinflussung. Das Verbot missbräuchlicher Beziehungen bleibt nach Abschluss von Psychotherapien während einer dem konkreten Einzelfall angemessenen Zeitdauer, aber mindestens zwei Jahre bestehen.»
Auch dein Therapeut wird einer Berufsordnung verpflichtet sein. Er hat damit die Verantwortung, wenn er gegen seine Berufsordnung verstösst. Das weiss auch der Gesetzgeber. In der Schweiz z.B. steht die «Ausnützung einer Notlage oder Abhängigkeit» im Artikel 193 StGB Schweiz unter Strafe.
Wenn du also das Gefühl hast, es sei etwas nicht richtig, hast du recht. Vielleicht hast du das Gefühl, dass die Abhängigkeit und die frühere Hierarchie heute keine Rolle mehr spielen. Vielleicht haben sie aber mit deinem Nicht-Richtig-Gefühl zu tun. Darüber könntest du dir Gedanken machen und schauen, wie sich deine Gefühle entwickeln. Ihn könntest du fragen, aus welchem Grund er seine Berufsordnung missachtete. Deine Gefühle werden dir den für dich richtigen Weg zeigen.
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Frage Nr. 39624 von 01.04.2025
Danke für die ausführende und einfühlsame Antwort auf die Frage Nr. 39615 von 30.03.2025.
Ich habe in der Tat einiges erreicht. Ich habe, entgegen den Erwartungen der Lehrer, eine Matura geschafft und studiere jetzt. Es war defintiv nicht einfach, da ich Panikattacken hatte. Ich studiere zudem und hoffe, meinen Abschluss machen zu können. Ich arbeite und versuche so gut es geht unabhängig zu sein, da ich in Krisensituationen nicht die Unterstützung bekommen habe, welche ich gebraucht habe. Ich habe deshalb vermutlich gelernt, dass es besser ist, wenn ich ich mich auf mich selber verlasse.
Ich habe leider keine wirkliche Vertrauensperson. Von meinen Eltern kriege ich häufig Vorwürfe, wenn ich ihnen meine Gefühlslage erkläre. Ich bekomme Vorwürfe für Mobbing und mir wird gesagt, ich übertreibe, als ich in einer depressiven Phase stecke. Es wird also verharmlost.
Ich habe in meinem Freundeskreis auch niemanden, mit dem ich über meine Erfahrungen sprechen kann. Ich denke deshalb eine Therapie könnte hilfreich sein.
Ich habe einfach die Erfahrung gemacht, dass ich als ich während dem Mobbing in Therapie war, die Therapeutin mit mir angeschat hat, wie ich mit dem Mobbing umgehe. Ich empfand dies als belastend. Ausserdem meinte sie einmal, dass ich erschöpft aussehe und sie auch erschöpfe. Ich kam mir deshalb schuldig vor. Betreffend der Panik meinte sie, ich bräuchte mehr Freizeit. Ich konnte dies aber nicht umsetzten, da ich während der Freizeit auch mit den Mobbing Erfahrungen beschäftigt war. Ich habe die Therapie dann abgebrochen. Heute habe ich noch immer das Gefühl falsch zu sein, da ihre Ratschläge nicht geholfen haben und sie ja Therapeutin ist und es besser wissen muss als ich.
Ich kann mir gut vorstellen, dass da allenfalls eine Traumatherapeutin besser helfen kann im Umgang mit Ängsten. Nun noch zur Frage, wie finde ich eine gute Therapeutin, welche auf Trauma spezialisiert ist?
Unsere Antwort
Du machst dir sehr gute Gedanken. Es ist eine ausgezeichnete Qualität, sich auf sich selbst verlassen zu können. Und die hast du offensichtlich sehr gut ausgebaut.
Es bereichert das Leben, wenn wir uns auch auf andere verlassen können und womöglich möchtest du das mehr erlauben in Zukunft. Es gibt einiges, was du selbst tun kannst. Du hast ja schon ein gutes Gefühl dafür, wem du vertrauen kannst und wem nicht. Deine Eltern sind keine guten Ansprechpersonen für schwierige Erfahrungen, denn dort erfährst du Abwertung. Hinterher geht es dir wahrscheinlich sogar noch schlechter als vorher. Deine Freunde sind auch keine guten Ansprechpersonen. Wieso? Machst du da die gleichen Erfahrungen wie mit deinen Eltern? Oder erwartest du, die gleichen Erfahrungen zu machen und wärst vielleicht überrascht, dass sie anders reagieren? Vielleicht könntest du mal etwas mit ihnen teilen, was persönlich ist, aber noch nicht sehr intim und schauen, was passiert.
Therapeut*innen können eine gute Brücke bauen, um diese Qualität auszubauen, sich anderen anzuvertrauen. Wichtig dafür ist, dass du dich wohl fühlst mit deiner Therapeutin. Nicht immer stimmt die Passung zwischen Therapeut*in und Klient*in. In dem Fall macht es Sinn, weiterzusuchen.
In einer Therapie wirst du sicher wieder anschauen, was du tun und verändern kannst. Es ist aber ebenso wichtig, dass du die Veränderungen bewältigen kannst und dadurch ein Gefühl von Selbstwirksamkeit entstehen kann. Womöglich ist es in der Therapie damals nicht so gut gelungen, dass die Therapeutin die Geschwindigkeit auf dich anpasst. Nun bist du um diese Erfahrung reicher. Du kannst also in deiner nächsten Therapie zu Beginn darauf hinweisen, was es braucht, damit die Therapie für dich erfolgreich werden kann. Du bist die Kundin und bestimmst mit. Sprich also aus, was dir wichtig ist. Du bist ein ganz wichtiger Bestandteil des Therapieerfolgs. Für die Therapeutin sind deine Rückmeldungen sehr wichtig.
Am besten machst du mal einen Termin bei einer Traumatherapeutin aus und schaust, wie du dich mit ihr fühlst. Wenn es sich gut anfühlt, machst du weiter. Wenn es sich nicht gut anfühlt, machst du einen Termin bei jemand anderem.
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Frage Nr. 39615 von 30.03.2025
Ich beziehe mich auf die Frage Nr. 38001 von 13.03.2024. Vielen lieben Dank für eure Antwort! Ich habe einmal eine Abklärung zu einer PTBS gemacht. Die Symptome wie Schlafstörungen oder Rückzug habe ich nicht. Ich habe auch keine klassisches Trauma, wie beispielsweise einen Krieg erlebt.
Ich habe mehrfach Mobbing erlebt und bin in meiner Kindheit vermutlich häufig allein gelassen worden. Ich habe zudem sehr viel Stress erlebt. Ich bin und war damals teilweise nicht ganz da und habe heute mit Ängsten, gelegentlichen Panikattacken und wiederkehrenden Depressionen zu kämpfen. Die Erinnerungen sind teilweise weit weg. Ich habe Ängste vor spezifischen Situationen, ohne den Auslöser zu kennen. Was meinst du?
Unsere Antwort
Du schreibst von Kindheitserlebnissen, die belasten können. Mich würde als erstes interessieren, wie du dein Leben meisterst. Ich nehme an, du hast trotz dieser Erlebnisse einiges erreicht. Kannst du mir drei Dinge nennen, die dir gelungen sind und die dir an dir gefallen?
Wer unterstützt dich heute in deinem Leben? Hast du enge Freundschaften? Gibt es in deiner Verwandtschaft Menschen, die für dich da sind? Hast du Hobbies, die dir gut tun? Was interessiert und begeistert dich?
Wenn Menschen schlimmes erlebt haben, ist es umso wichtiger, das Leben aufzufüllen mit guten Dingen. Denn wenn du gut zu dir bist, hast du mehr Kraft und Ausdauer die Themen anzugehen, die dir aus der Vergangenheit noch nachhängen.
Deine Frage bezieht sich auf Trauma. Es gibt verschiedene Theorien zu Trauma. Einig ist man sich unter Expert*innen darüber, das es sinnvoll ist zwischen drei Dingen zu unterscheiden:
- traumatisches Ereignis
- traumatisches Erleben
- traumatische Verarbeitung
Ein traumatisches Ereignis kann für den einen das Verabreichen einer Spritze sein, für jemand anderen eine Naturkatastrophe oder Krieg. Es gibt auch traumatische Ereignisse, die als einzelnes Ereignis nicht so schlimm wären, aber weil sie sich sehr oft wiederholt haben, richten sie Schaden an. Das kann zum Beispiel heftiger Streit im Elternhaus sein oder abwertende Kommentare von Menschen, die dich eigentlich umsorgen sollen. Wichtig: Am Ereignis selbst kann man noch nicht festmachen, ob die Person, die es erlebt, ein Trauma entwickelt. Fällt ein Nicht-Schwimmer ins tiefe Wasser, ist das für die Person lebensbedrohlich. Fällt ein guter Schwimmer ins tiefe Wasser, ist es für ihn vermutlich ein Spass.
Das traumatische Erleben bedeutet, dass du im Moment des traumatischen Ereignisses das Gefühl hattest, das das Ereignis deine Kapazitäten übersteigt. Du hast zum Beispiel Angst, fühlst dich hilflos oder du fühlst gar nichts mehr.
Die traumatische Verarbeitung findet nach dem Ereignis statt. Viele verarbeiten traumatische Ereignisse gut, weil sie im Nachhinein genügend Ressourcen zur Verfügung haben, das Erlebte einzuordnen und zu einem Zustand der Sicherheit und Gelassenheit zurückzukehren. Das hängt unter anderem davon ab, ob es jemanden gab, der Trost gespendet hat und welche Möglichkeiten es gab, das Erleben zum Ausdruck zu bringen und sauber in der Vergangenheit abzulegen. Bei einer traumatischen Verarbeitung gelingt die Rückkehr zu Sicherheit und Gelassenheit nicht. Und das kann sich zum Beispiel darin äussern, dass manche Dinge, scheinbar aus dem nichts, starke Gefühle auslösen.
Ich kann mir gut vorstellen, dass du mit deiner Vermutung richtig liegst, dass es bei dir eine traumatische Verarbeitung von Erlebnissen gab. Deshalb möchte ich dir noch ein paar mehr Informationen dazu geben, damit du dein Erleben damit abgleichen kannst.
Lies dazu bitte diese Definition von Paul Linden, die die Bezüge zum Körper und zum aktuellen Erleben verdeutlicht:
Der Körper reagiert auf jede Form von Stress, indem er sich zusammenzieht. Wenn Menschen sich bedroht oder herausgefordert fühlen, verengen sie typischerweise ihre Atmung, Haltung, Bewegung und Aufmerksamkeit, und das kann sechs verschiedene Formen annehmen. 1) Anspannen und Versteifen als Vorbereitung auf Kraft und Anstrengung 2) Anspannen und Verhärten im Zorn 3) Versteifen und Verengen in Angst 4) Zusammensinken und Erschlaffen in Niederlage und Resignation 5) Taubheit bestimmter Körperbereiche 6) allgemeiner Zustand der Dissoziation. Es können aber auch Elemente aus verschiedenen Bereichen kombiniert werden. Das Zusammenziehen des Körpers verringert die Leichtigkeit und Effektivität. Handeln in einem Zustand der Anspannung ist wie Autofahren mit angezogener Handbremse. Jede Art von Bewegung wird anstrengend, ineffizient und unbeholfen wenn der Atem und die Muskeln klein gemacht werden (ob angespannt oder schlaff) Darüber hinaus reduziert die Anspannung die Fähigkeit, flexibel zu denken, und beeinträchtigt die Fähigkeit, ruhig zu bleiben; und sie verringert die emotionale Sensibilität und das Einfühlungsvermögen.
Falls du Englisch kannst, kannst du das ausführlicher bei being-in-movement.com nachlesen. Es gibt auch einen ähnlichen Text zum Thema Trauma auf deutsch.
Du schreibst selbst, dass du dich fühlst und gefühlt hast, als wärst du nicht ganz da. Wie spürst du das in deinem Körper? Und wie fühlt sich Leichtigkeit in deinem Körper an? Du kannst zu einem Zustand der Leichtigkeit zurückfinden.
Aus der Erfahrung in der Beratungspraxis können wir sagen, dass die meisten unterschätzen, wie heftig es war, was sie in der Kindheit erlebt haben.
Nehmen wir an, du beobachtest ein anderes Kind, wie es das erlebt, was du damals erlebt hast. Was fühlst du? Fühlst du dann Mitgefühl? Es ist ein wichtiger Schritt, dass du Mitgefühl mit dir und deiner Geschichte entwickelst.
Schau mal, wie unsere Rückmeldung bei dir ankommt. Ich möchte dich auch darum bitten, nochmal unsere Antwort von damals zu lesen. Ich halte es weiterhin für sinnvoll, dass du dir therapeutische Unterstützung suchst, damit dein Leben wieder leichter wird.
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Frage Nr. 39596 von 25.03.2025
Hi Lilli-Team
Mir (29/m) geht es nicht besonders gut. Ich habe in der Schweiz viele Probleme, z.B. bin ich schon zum vierten Mal arbeitslos und ich habe ständig Stress mit meiner Familie, weil ich noch bei meiner Mutter wohne. Ich bin dann kurzerhand einfach ins Ausland abgehauen, um für mehrere Monate Englisch zu lernen. Am Anfang fand ich das grossartig, ich habe sogar überlegt, mir hier einen Job zu suchen, damit ich nie mehr in die Schweiz zurückkehren muss und zu meiner Familie einfach den Kontakt abbrechen kann, aber inzwischen hat sich eine gewisse Ernüchterung eingestellt und ich habe auch so etwas wie "Heimweh", auch wenn ich nicht genau weiss, warum eigentlich. Weil mein Leben in der Schweiz empfinde ich als bedrückend.
Mir ist in den letzten Wochen einfach bewusst geworden, wie enorm schwierig meine Lebenssituation ist. Ich habe ein chronisches Schmerzsyndrom, also das heisst ich habe immer brennende, drückende Schmerzen an zwei bestimmten körperstellen, mal besser, mal schlimmer. Und ich hatte auch schon sehr viele Untersuchungen, Operationen und Behandlungen. Die längste Behandlung war 6 Wochen am Stück im Spital. Ich habe auch eine Psychotherapie gemacht, um besser mit den Schmerzen klarzukommen. Trotzdem wird es nie wirklich besser, ich fühle mich völlig exhausted. Das ist auch der Hauptgrund, weshalb ich es bis jetzt noch nie geschafft habe, länger als 6 Monate im selben Praktikum/Job zu bleiben. Auch beim Englischlernen ist das ganze einfach ein Problem, an gewissen Tagen - wie z.B. heute - bleibe ich einfach in meinem Zimmer in der Unterkunft im Bett liegen, meine Kräfte reichen für nichts mehr, ich mag nicht mal mehr etwas essen gehen und bin völlig deprimiert. Manchmal bin ich auch einfach still am weinen. Am Wochenende bin ich häufig sehr lange am ausschlafen, bis 12 Uhr mittags. Die anderen machen dagegen Ausflüge und so. Ich hab auch das Gefühl, dass ich an Gewicht abgenommen habe und ich bin ohnehinn eher dünn. Es liegt wohl auch daran, dass ich nicht wirklich gut kochen kann und viel minderwertiges Essen konsumiere, z.B. Mikrowellen-Food. Es ist auch mal passiert, dass ich in der Sprachschule während dem Unterricht eingenickt bin. Das macht mich alles sehr traurig, weil die Lehrer sind ziemlich nett und geben sich Mühe. Dann sagen sie, es sei wichtig, dass man mit Freunden zuhause regelmässig telefoniert und so. Aber ich habe eigentlich keine Freunde in der Schweiz, die Zeit zum telefonieren haben. Und es dauert bei meinen Kollegen häufig schon mal 1-2 Wochen bis sie mir zurückschreiben. Die anderen telefonieren ständig mit ihren Leuten zuhause und ich telefoniere mit überhaupt niemandem. Ich habe versucht, meine Mutter anzurufen, aber sie hat sich geweigert, das Telefon abzunehmen. Wir hatten einen heftigen Streit und jetzt hat sie mich blockiert. Sie möchte mich eigentlich schon länger zuhause rauswerfen... weil sie hat immer wieder Affären mit Typen und ich bin da eher ein Störfaktor. Und meinen Vater habe ich schon seit Jahren nicht mehr gesehen, weil er mit einer jüngeren Frau durchgebrannt ist. Seitdem interessiert er sich leider nicht mehr gross für mich.
Ich selber bin genau das Gegenteil von meinen Eltern, ich hatte noch nie eine richtige Beziehung. Ich habe auch herausgefunden, dass ich schwul bin, oder zumindest bisexuell. Wenn ich einen besonders schönen jungen Mann sehe, bekomme ich sofort Schmetterlinge im Bauch. Aber in meiner Familie wird das nicht wirklich respektiert, es gibt auch immer wieder mal homophobe Sprüche. Meine Eltern verstehen mich nicht. Und ich verstehe meine Eltern nicht mit ihren regelmässigen Affären, Seitensprüngen und Scheidungen.
Es dauert zwar noch ziemlich lange, aber ich habe angst vor der rückkehr in die schweiz. Am liebsten würde ich dort in eine andere Stadt ziehen und mein altes Leben einfach vergessen. Aber ich weiss ganz genau, dass das so einfach nicht funktionieren wird. Ich sehe ja jetzt, wie es ist wenn ich komplett auf mich allein gestellt bin. Das alles macht mir grosse Sorgen.
Habt ihr irgendeinen Tipp für mich, was ich tun kann, damit ich mich wieder mehr aufs Englisch lernen konzentrieren kann? Ich habe 2 englische bücher gekauft und ich würde sie gerne lesen, aber mir fehlt völlig die Kraft dazu.
Unsere Antwort
Du beschreibst eine wirklich schwierige Situation. Wir möchten dir darum gleich zu Beginn unserer Antwort empfehlen, dich wieder in eine Psychotherapie zu begeben. Dort solltest du die verschiedenen Belastungsbereiche erstmal ordnen, damit du sie kennen- und unterscheiden lernst. Wenn du dich in dir selbst besser auskennst, kannst du eigene Strategien erarbeiten, um dein Befinden zu beeinflussen.
Dir hast wichtige Sachen bereits erkannt: eine Flucht ins Ausland ist keine nachhaltige Lösung und schwierige Beziehungen schützen nicht vor Heimweh. Ist es nicht eigenartig? Du fühlst ‚Schmetterlinge in deinem Bauch‘, die dir deine sexuelle Orientierung zeigen. Und sofort denkst du: Meine Familie wird Homo- oder Bisexualität niemals respektierten. Meinst du nicht, dass du deine ganze Kraft brauchst, um deine sexuelle Orientierung zu akzeptieren und Wege für dein sexuelles Leben zu suchen? Das gleiche gilt für deine Schmerzen. Sie brauchen deine Zuwendung und dein Verständnis, damit du dich nicht dauernd völlig erschöpft fühlst. Du möchtest deine Kraft ja für Selbstfürsorge einsetzen, damit du dich wohler fühlst. In all diesen Bereichen könnte dir Psychotherapie helfen. Wenn dir deine Familie nicht genügend viel Verständnis und Fürsorge entgegenbringt, brauchst du Vertrauensbeziehungen ausserhalb der Familie.
Du bist auf dich allein gestellt und brauchst darum eine Unterstützung bei der Entwicklung deiner Eigenständigkeit. Du selbst kannst dies tun, wenn du deine Wahrnehmung auf die Verbesserung deines aktuellen Befindens richtest. Du kannst gut beschreiben, was nicht geht. Achte mal drauf, was geht. Lies zwei Sätze aus deinen neuen Büchern und mach dann eine Pause. Kanntest du alle Wörter? Gab es in den Sätzen etwas Interessantes? Wie geht die Geschichte wohl weiter? Wieviel konntest du dir merken? Wenn du genug geruht hast, liest du weiter. Denk immer wieder an das Gelesene und nicht, wie wenig du lesen kannst oder was sonst alles nicht geht. Mach es dir möglich, deine Gedanken immer wieder zu fokussieren: auf das Lesen, auf das Kochen, auf deine Entwicklung, auf deine Selbstermunterung etc.. Nicht meckern, wenn du nicht so viel leistest, wie du denkst, du müsstest. Deine Vorstellung schätzt deine Leistungsfähigkeit wohl nicht realistisch ein. Eigenständigkeit heisst auch, sich selbst wertzuschätzen - auch wenn die eigene Familie das nicht kann.
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Frage Nr. 39593 von 24.03.2025
Hallo!
Wie spreche ich in einer Psychotherapie Kritik gegenüber dem Therapeuten an? Ich (w, 30) bin, seit Längerem, in einer Traumatherapie und habe das Gefühl das mich mein Therapeut zu sehr in Watte packt, aus Angst ich würde mich suizidieren. Wir brauchten lange um eine therapeutische Beziehung aufzubauen, da ich generell sehr misstrauisch gegenüber Menschen bin. Und anfänglich war es auch gut und hilfreich, dass er so vorsichtig ist. Zwischenzeitlich ging es mir schlechter und ich sprach in einer Sitzung über Suizid, ich hatte das Gefühl er war damit überfordert.
Aktuell bin ich in einer guten und stabilen Phase und würde mir wünschen, dass er mich in den Sitzungen mehr herausfordert und wir einen Schritt weiter gehen (Traumaexpo). Aber eher fühlt es sich so an, als würde er mit angezogener Handbremse therapieren. LG!
Unsere Antwort
Da du eine Traumatherapie machst, ist ja klar, dass du die belastenden Erinnerungen an deine traumatisierenden Erfahrungen bearbeiten möchtest. Dazu gehört zunächst eine Stabilisierungsphase. Als Patientin brauchst du Vertrauen in deinen Therapeuten, damit du dich sicher fühlst. Und du brauchst auch genügend wirksame Strategien für den Umgang mit Krisen. Jetzt fühlst du dich stabil und gewappnet genug, um den nächsten Schritt (Exposition) ins Auge zu fassen. Am besten sprichst du deine Wünsche offen an. Es geht dabei ja nicht um Kritik an ihm, sondern um eine Abstimmung im Arbeitsprozess. Es kann doch sein, dass dein Therapeut noch nicht verstanden hat, dass dein Lebenswille inzwischen stabiler geworden ist. Vielleicht haben ihn deine Suizidgedanken sehr beeindruckt. Vielleicht gehört eine lange Stabilisierungsphase zu seinem Konzept. Da es sich um deine persönliche Therapie handelt, solltest du deinen Prozess mit ihm besprechen. Nur wenn ihr miteinander austauscht, kannst du verstehen, warum er so lange stabilisiert. Er hört sicher gern von dir, dass du dich stabil genug für den nächsten Schritt fühlst.
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Frage Nr. 39566 von 18.03.2025
Ich habe eine etwas spezielle Frage. Ich bin weiblich und 25 Jahre alt.Ich hatte immer schon irgendwie das Gefühl anderst/speziell zu sein. Ich habe in einem Interview gesehen, wie ein Mensch über seine psychische Erkrankung gesprochen hat. Die Person meinte nur wenige Menschen, welche diese Erkrankung auch haben, verstehen ihn. Ich fühlte mich magisch von ihm angezogen, obwohl ich nicht wie er psychisch krank war. Ich weiss nicht, ob ich plötzlich sein Leiden und mein eigenes Leiden sah und mich deshalb magisch angezogen fühlte. Ich fühlte als würde er mich verstehen und mich sehen. Ich habe in meinen letzten beiden Beziehungen mit Männern zu tun gehabt, welche mich teilweise ignorierten und dann mir wieder Aufmerksamkeit schenkten. Einer dieser beiden Männer sah irgendwie mein Leiden und meine Schwachstellen. Er sah meine Verletzungen und meine Wunden. Ich denke, es hat damit zu tun, dass mir irgendetwas bewusst wurde und ich mich mit ihm identifizieren konnte. Ich denke, dass es daran liegt, dass ich vermutlich eine nicht ganz einfache Kindheit hatte und mir dies nicht immer ganz bewusst ist. Ich denke, dass der Mann im Interview auch eine erhöhte Sensibilität hat. Mir wird dies häufig auch gesagt, dass ich dies hätte. Denkst du das meine Hypothese stimmt?
Unsere Antwort
Ich finde, du hast das schon gut reflektiert: Du hast Ähnlichkeiten zwischen dir und diesem Mann im Interview gespürt, vermutlich weil ihr euch beide oft unverstanden und „anders“ fühlt. Zu merken, dass jemand ähnliche Erfahrungen gemacht hat, wie man selbst, kann ein Gefühl von Anziehung und Verbundenheit schaffen.
Ich denke, dass du auf dem richtigen Weg bist, wenn du den Zusammenhang mit deiner Kindheit suchst. Vermutlich hast du recht, dass deine Gefühle etwas damit zu haben, was du als Kind erlebt hast. Vielleicht interessieren dich unsere Texte dazu:
Ich würde mir für dich wünschen, dass du das alles auch mit einer professionellen Person mal in Ruhe herausfinden und besprechen kannst. Daher empfehle ich dir, dass du dir eine psychologische Beratung oder Psychotherapie suchst. Schau mal in unsere Link-Liste dazu, such im Internet nach Beratungsstellen oder sprich deine Hausärztin darauf an, wie du sowas finden könntest.
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Frage Nr. 39540 von 16.03.2025
M17 Ich habe eine freundin(kollegin) und wir sind schon seid 10 jahren gut befreundet, wenn wir mit anderen Kollegen sind in gruppen und wir bisschen Alkohol getrunken haben, sucht sie öfters die nähe zu mir aber sonst will sie nicht wirklich etwas alleine mit mir unternehmen und wenn dann will sie plötzlich kein näheren kontakt.
Ich weiss nicht wie ich mit der Situation umgehen soll weil sie ist mir als freundschaft sehr wichtig aber dennoch würde ich auch mehr mit ihr anfangen. Habt ihr tipps um das besser zu verstehen?
Unsere Antwort
Wenn ich dich richtig verstehe, verunsichern dich ihre zwei Verhaltensweisen: Die eine Seite, wenn ihr in einer Gruppe unterwegs seid - etwas enthemmt durch den Alkohol - und die andere Seite, wenn ihr zu zweit seid. Das macht es für dich schwierig zu reagieren, weil sie so zwei unterschiedliche Bedürfnisse nach Nähe kommuniziert. Das ist verwirrend. Es kann natürlich sein, dass der Alkohol ein Bedürfnis auslöst, das nur in genau jener Situation so gilt. Und dass die andere Seite von ihr, die gute Freundin, die du seit zehn Jahren kennst, das zeigt, was einem realen Bedürfnis von ihr entspricht: Nämlich keinen näheren Kontakt mit dir.
Um ganz genau zu wissen, wie du die zwei Verhaltensweisen verstehen darfst, würde ich sie darauf ansprechen. Du kannst es so formulieren: Du hättest beobachtet, dass sie mehr die Nähe zu dir sucht, wenn ihr in der Gruppe unterwegs seid und etwas Alkohol getrunken habt. Du seist darüber etwas verwirrt, weil sie sich nicht so benimmt, wenn ihr zu zweit seid. Dann ist es eine sehr persönliche Botschaft von dir und sie fühlt sich nicht in die Enge getrieben: Schliesslich schilderst du nur eine Beobachtung. Es kann gut sein, dass ihr das gar nicht bewusst ist und du ihr mit deiner Frage hilfst, sich selber besser zu verstehen.
Was ich nicht ganz verstehe: Du schreibst, ihr seid gut befreundet, sie möchte aber nicht wirklich etwas alleine mit dir unternehmen. War das schon immer so? Oder habt ihr früher öfters mal etwas zu zweit unternommen? Du schreibst, sie sei dir als Freundin sehr wichtig. Dennoch würdest du mehr mit ihr anfangen. Meinst du damit eine Freundschaft Plus, die du dir vorstellen könntest? Oder hast du Liebesgefühle ihr gegenüber? Es hilft, wenn du klar weisst, was du willst. Du möchtest ja eure Freundschaft nicht riskieren, deshalb ist ein überlegtes Handeln wichtig.
Und schliesslich verändern sich Freundschaften auch: Nur weil eine Freundschaft schon zehn Jahre dauert, heisst das nicht, dass die für immer hält. Menschen verändern sich, Bedürfnisse und Interessen verändern sich. Es kann also auch sein, dass eure Freundschaft zurzeit in einer Veränderungsphase steht. Auch das würdest du herausfinden, wenn du das Gespräch mit ihr suchst.
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Frage Nr. 39531 von 14.03.2025
Ich bin im sozialen Bereich tätig. Ich arbeite seit Jahren in dem Bereich.
Jetzt werde ich gegangen wie man so sagt. Druck wird auf mich ausgeübt, dass ich mir selbst was neues suche. Andere wurden auch schon gegangen.
Ich arbeite an dieser Stelle seit über zwei Jahren. Alles hat gut angefangen. Bis die Rahmenbedingungen immer schwerer wurden. Die psychische Belastung ist extrem hoch. Ich bin selten krank, aber der Krankenstand ist bei uns immens. Ich muss trotz Teilzeit ständig länger arbeiten. Erholungsurlaub wurde mir teilweise nicht vollständig zugestanden. Ich muss unbezahlte Pausen machen, um länger verfügbar zu sein. Selbst wenn ich mal krank bin werde ich angeschrieben wegen Arbeitsbelangen oder angerufen. Ich muss ständig die Arbeit von den kranken Kollegen zusätzlich auch noch übernehmen. Manche unserer Kliebten zeigen schon Auffälligkeiten die ich definitiv auf die Überlastung zurückführen kann.
Jetzt wird mir eingeredet ich sei emotional instabil und nicht belastbar. Weil ich im privaten ein paar krasse Veränderungen hatte. Ich persönlich finde mich resilient, trotz aller Widrigkeiten. Zum Eklat kam es, als ich wegen Überlastung einen Fehler gemacht habe. Das war an einem dieser Tage wo ich mal wieder länger arbeiten musste. Diesmal dann ohne Pause. Ich habe volle Verantwortung dafür übernommen und mich bei allen entschuldigt und mein Verhalten reflektiert. Mir wurde von meiner Vorgesetzten tatsächlich auch erst Mitgefühl ausgesprochen, weil sie die Gefährdung am Arbeitsplatz durch die Bedingungen auch erst total eingeräumt hat. Und ich naiver Weise geglaubt habe das würde vielleicht zum Anlass genommen uns zu schützen. Weil meine Vorgesetzte bringt uns sehr häufig eher in genau so eine Gefährdung, die ich dann zuerst auch sehr sachlich kritisiert habe.
Sie ist noch jung und unerfahren und ich habe oft nicht das Gefühl, dass sie wirklich gut arbeitet. Sie macht ständig Druck und lästert über Mitarbeiter. Sie hat Kompetenzen aber sie ist mit der Führung einer so großen Einrichtung ganz oft überfordert und das nervt total. Aber wie so oft, wird natürlich eher die mächtigere Person geschützt, als die kleine Mitarbeiterin. Sie macht einfach oft wirkliche Fehler. Das empfinde nicht nur ich so. Sie hat auch wirklich kein Händchen für die Angestellten, ist total überheblich. Und mischt sich sehr häufig auch in private Sachen ein und ich bekomme häufig sehr unangenehme Kommentare zu meiner Kleidung, meiner Figur und Frisur. Obwohl ich mich völlig normal kleide, manchmal figurbetont, aber alles sehr "züchtig". Wenn ich mich schminke dann dezent und keine andere Frau ist dem so krass ausgesetzt wie ich. Ich habe wirklich schon angefangen mich wie graue Maus anzuziehen, damit sie endlich Ruhe gibt, obwohl das eigentlich nicht mein Style ist.
Ich bin Single. Wenn ich mich mit einem Single Mann bei mir auf Arbeit unterhalte, dann bekomme ich dafür auch direkt bissige Kommentare, auch wenn das Gespräch über ein hey, wie geht es dir, nicht hinausgehenden ist. Besonders bei einem Kollegen, zufällig sind wir uns tatsächlich sympathisch, haben aber wirklich nur kollegial Austausch oder Smalltalk. Wir haben noch nicht einmal privat Kontakt. Ehrlich gesagt steht er überhaupt nicht auf mich. Aber sie unterstellt jeder Frau sofort eine Affäre mit ihm. Er ist einfach ein guter Gesprächspartner, soll schlimmere Kollegen geben. Kompetent finde ich ihn auch. Generell habe ich das Gefühl dass das Wir Gefühl nicht gestärkt sondern eher gestört wird, damit sich keine Leute so richtig finden können. Dabei unternehme ich mit den Frauen auf Arbeit ab und zu etwas in der Freizeit, why not. Ich wurde gezielt von dieser Person angeworben. Aber sie ist extrem manipulativ und spielt ihre Machtspielchen und unsere Geschäftsführer sagt auch noch, dass sei alles ganz normales Führungsverhalten. Ich finde wir werden null geschützt. Zumal unsere Vorgesetzte gerne vor allen anderen Feierabend macht und mir schon ganz oft Arbeiten übertragen hat, die eigentlich eher Führungsaufgabe sind um mir dann vorzuwerfen ich hätte Kompetenzen überschritten.
Ansonsten kann man mir nicht viel vorwerfen. Fachlich bin ich top, außerdem engagiert und motiviert und lerne gerne dazu und bin außerordentlich belastbar und kritikfähig und reflektiert. Kann schwierige Gespräche führen und bleibe sehr lange gelassen.
Ich persönlich möchte überhaupt nicht in eine Führungsaufgabe, nicht jetzt und in den nächsten Jahren nicht, was sie eigentlich weiß, weil mein Privatleben das nicht zulässt. Aber wenn das so weitergeht, werde ich mir definitiv eine neue Aufgabe suchen, vielleicht mit mehr Verantwortung um einfach mich dahingehend abzusichern. Weil meine eigene Sicherheit und sei es nur die mentale Gesundheit möchte ich nie wieder in die Hände anderer Leute legen, die sich völlig ohne erkennbaren Grund völlig widermenschlich verhalten. Mein Geschäftsführer macht ihr noch nicht einmal besonders Druck, was das ganze erklären könnte, sie ist einfach charakterlich total daneben.
Ich habe nur total Angst, dass ich der Sache nicht gewachsen bin und dem nicht gerecht werde. Auch wenn ich schon andere Vorgesetzte mit ähnlicher Privatsituation hatte und weiß, dass das kein Hinderungsgrund sein muss. Immerhin etwas Hoffnung.
Auf lange Sicht wäre das für meine finanzielle Situation auch besser. Und ich würde das was ich jetzt schon bereit war zu leisten wenigstens auch bezahlt bekommen. Sie sagt selbst ich hätte so viele Kompetenzen und soll mir was eigenes suchen und mich krank schreiben lassen. Ich mache noch nicht einmal Stimmung gegen sie im Team. Aber sie versucht die Kollegen gegen mich aufzuhetzen und Gruppendruck zu erzeugen. Was ihr nicht gelingt, weil das voll daneben gegangen ist und die Mitarbeiter sie dann kritisiert haben und nicht mich. Ich habe zu allen Abteilungen ein gutes Verhältnis und eigentlich bin ich recht neutral bis beliebt, bei den meisten Kollegen und der anderen Vorgesetzten. Selbst mein Geschäftsführer will mich weiterhin behalten und schriftlich habe ich nichts, was mich belastet. Weil ich wie gesagt die Verantwortung für Fehler eingeräumt habe. Ich sichere mich teilweise schon ab und bitte Kollegen als Zeugen mit in die Gespräche, dass auch ein Protokoll geführt wird, nicht, dass mir Worte im Mund verdreht werden. Ich mache den Job schon sehr lange und weiß wie ekelhaft da teilweise miteinander umgegangen wird, leider. Ausserdem ist mir dieses rumgezicke echt zu blöd. Diese Stutenbissigkeit kann ich überhaupt nicht leiden. Obwohl wir inhaltlich noch nicht einmal wirklich Differenzen haben. Eher wie die Ziele erreicht werden sollen. Eher, das ständig Missstände verschleiert statt proaktiv angegangen werden. Die Öffnungszeiten werden nie angepasst, da gäbe es aus meiner Sicht schon noch Möglichkeiten wie wir besser geschützt werden können. Von anderen Arbeitsstellen kenne ich ähnliches, nur konnte man da offen über Gefährdungsanzeige reden ohne als psychisch labil zu gelten. Um nicht dafür zu haften, habe ich das meinem Arbeitgeber auch öfter mitgeteilt, gesagt, so ich mache das jetzt nur, wenn ich nicht dafür haften muss und das war ok. Ganz ehrlich, das hat mich total entspannt zu wissen, ich bin nicht verantwortlich wenn doch wider erwarten jetzt doch was passiert. Aber solche Transparenz wünschte ich mir jetzt auch. Sie stellt auch nur unerfahrene Leute ein, keine Ahnung ob wirklich keine besseren zur Verfügung stünden. Ich bin ehrlich gesagt ausgebrannt. Eigentlich schade, weil die Arbeit genau meinen Präferenzen und Fähigkeiten entsprochen hat. Nur, dass wir Mitarbeiter nicht geschützt werden und mir das langsam zu gefährlich wird. Und ich weiß, dass es anderen genauso geht und jeder darunter leidet seinen Job dort gar nicht vernünftig ausführen zu können. Und das deshalb Fehler gemacht werden. Ich weiß sehr wohl welcher Druck auf ihr lastet, aber psychisch kommen unsere Klienten schon zu schaden. Das kann man doch nicht so hinnehmen und auch noch für gut befinden. Ich will mich beruflich auch nicht wirklich so karrieremäßig weiterentwickeln in Richtung Organisation und Verwaltung. Weil mich das nicht erfüllt, ist einfach so. Ich hätte nur gerne einen Arbeitsplatz, der mich nicht krank macht, ist doch irgendwie logisch. Ich bin nämlich ganz zufrieden mit dem was ich tue, auch wenn das jetzt nicht Prestige trächtig ist. Und ich traue mir mehr Verantwortung auch nicht zu uns bin nicht gerade eine geborene Führungskraft. Ich sehe mich da eigentlich nicht drin. Und wenn ich es tun würde, dann würde ich den Schutz der Mitarbeiter und den der Klienten zur Priorität machen. Aber wir werden häufig mit Problemen und belastenden Situationen alleine gelassen. Und ich will auch nicht immer den Kopf hinhalten. Da habe ich mir zur Berufung gemacht anderen zu helfen und umgekehrt wird uns nicht zugehört wenn wir uns überlastet fühlen. Ist doch logisch, dass sich dann erst recht Grüppchen finden aus Solidarität. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass das bei Kollegen die dann irgendwann gegangen sind anders war. Ein Kollege ist jetzt tatsächlich arbeitslos, weil ihn das total fertig gemacht hat und er sich den Beruf jetzt überhaupt nicht mehr vorstellen kann und der jetzt keine Perspektive mehr für sich findet. Da hängen auch Existenzen dran und ich weiß nicht so recht warum da keiner reagiert obwohl es so offensichtlich ist. Andere Kollegen berichten von Schlafstörungen und von kreisenden Gedanken und einem ständigen Gefühl der Arbeit nicht mehr gerecht werden zu können, dass Gefühl den Anforderungen nicht zu genügen und versagt zu haben. Wieder wird die psychische Belastung der einzelnen Personen rangezogen. Tut mir leid , aber wir waren ja vorher nicht alle so psychisch labil. Menschen die alleinerziehende sind, so wie ich, oder einen Angehörigen pflegen werden noch viel mehr unter Druck gesetzt und uns wird ständig gesagt, dass wir gar nicht attraktiv sind als Arbeitnehmer. Weil wir so in Verantwortung stehen privat. Manche Sachen hat man sich nicht ausgesucht im Leben, ist halt so. Weil wir nicht unsere ganze Identität aus dem Job ziehen und uns abgrenzen.
Eine Kollegin war schon im Burnout nachdem unsere Vorgesetzte sie unter Druck gesetzt hat. Der Job ist auch so schon anstrengend genug und komplex, da müssen wir nicht zusätzlich noch schlecht behandelt werden. Ich ziehe mich sozial immer mehr zurück, weil mir privat dann Kraft für Freunde und Freizeit fehlt. Ich kann nur nichts anderes beruflich machen, weil ich meinen Job eigentlich sehr gerne mache.
Würdet ihr mir dazu raten doch eine Führungskraft zu werden? Oder soll ich mich völlig neu orientieren?
Die Belastung ist bestimmt noch viel höher, aber vielleicht hat man das Gefühl mehr für Untergebene erreicht zu haben und das macht bestimmt zufriedener. Weil dann kann man wenigstens versuchen die Macht sinnvoll und verantwortungsbewusst zu nutzen. So bin ich abhängig und meine Wirkung ist begrenzt. Bisschen berufliche Herausforderung mag ich schon. Aber eher als Verantwortung denn aus Gründen der Selbstdarstellung. Ich will dort arbeiten wo ich am meisten gutes bewirken kann. Und wenn ich weiterhin immer in zweiter Reihe stehe, dann werde ich auch zynisch, glaube ich.
Woher weiß man wann Zeit für den nächsten Schritt ist? Es ist nicht so, dass ich Beratung im Umgang mit diesem Konflikt mit der Person brauche, sondern wie ich das für mich lösen kann. Weil als Mensch schätze ich sie sehr, nur beruflich ist das kein Match für mich.
Unsere Antwort
Ich kann sehr gut nachempfinden, in was für einer kniffligen beruflichen Situation du dich befindest. Insbesondere weil du, wie du schreibst, die Ursachen gut erkennen kannst und gleichzeitig wenig Einfluss nehmen kannst. Ausserdem bist du als Alleinerziehende vermutlich stark auf dein Einkommen angewiesen.
Deine Frage wäre wohl in einer Laufbahnberatung am besten aufgehoben. Schau doch mal, was es da in deiner Nähe gibt.
Aus dem, was du schreibst, höre ich heraus, dass du ein gutes Auge dafür hast, auf welche Qualitäten es bei einer Führungskraft in Bezug auf Mitarbeiterführung und Arbeitsschutz ankommt. Natürlich hat eine Führungskraft daneben einige andere Aufgaben, aber es ist sicher eine Qualität die Mitarbeiterführung, und deren Gesunderhaltung nicht aus dem Blick zu verlieren.
Ich kann aus deinen Beschreibungen noch nicht erkennen, ob schonmal ein ernsthaftes Gespräch von der Mitarbeiterschaft mit der Leitung versucht wurde. Letztlich sind auch Menschen in Führungspositionen Menschen mit ihren Schwächen und Fehlern. Es gibt aber auch unter Führungskräften welche, die Lernbereitschaft zeigen und auf die Einschätzung vertrauter Mitarbeiter*innen viel Wert legen. Gibt es denn Menschen, die einen guten Draht zur aktuellen Leitung haben und darauf aufmerksam machen könnten, dass es andere Lösungsansätze braucht, sodass mehr gemeinschaftliches Agieren in eurem Betrieb etabliert werden könnte. Vielleicht könntest du darin auch eine Rolle übernehmen.
Offensichtlich spielst du mit dem Gedanken, Führungsverantwortung zu übernehmen. Es gibt einiges was dafür spricht und einiges, was dagegen spricht. Nun könnte ein erster Schritt sein, dich mehr damit zu befassen, was das dann konkret bedeuten würde. Womöglich hast du auch Lust, mal Weiterbildungen dazu zu recherchieren. Vielleicht gibt es auch Treffen von Frauen in Führungspositionen in deiner Stadt, bei denen du deine Fragen einbringen kannst. Oder hast du in deinem näheren Umfeld Menschen, in Führungspositionen, die dir etwas mehr vom Berufsalltag erzählen können? Welche Stellen würden dich interessieren? Wo werden Führungskräfte gesucht?
Schau doch nochmal, was dir noch wichtig ist, um dich entscheiden zu können. Und dann schau, wie du die Informationen zusammentragen kannst, die du für eine gute Entscheidung brauchst.
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