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Sex nach einer Operation zur Gewichtsreduktion

Durch eine Operation zur Gewichtsreduktion (eine sogenannte bariatrische Operation) verändert sich dein Körper ziemlich stark. Das kann Auswirkungen auf deine Sexualität haben. In diesem Text bekommst du Informationen und Tipps dazu.

Wie verändert eine bariatrische OP mein Sexleben?

Es ist schwer vorherzusagen, wie eine OP zur Gewichtsreduktion sich auf deine Sexualität auswirken wird. Denn das ist sehr individuell und somit für jede Person anders. Viele Studien zeigen, dass sich die allgemeine Lebensqualität durch eine bariatrische OP verbessern kann – und das schliesst die Sexualität mit ein. Es ist also gut möglich, dass du mit deinem Sexleben nach der OP zufriedener bist als vorher.

Eine Gewichtsreduktion kann deine Sexualität positiv beeinflussen. Sie kann zum Beispiel dazu führen, dass du

  • stabilere Erektionen hast.
  • mehr Lust auf und am Sex hast.
  • häufiger zum Orgasmus kommst.

Wieso kommt es zu diesen Veränderungen?

Wieso sich diese Dinge verbessern, kann unterschiedliche Gründe haben. Oft erleben Menschen mit hohem Gewicht in unserer Gesellschaft viel Ausgrenzung, Mobbing und Diskriminierung. Das beeinflusst dann auch ihr Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl. Manche entwickeln Depressionen, manche ziehen sich sozial sehr zurück. Beides kann einem erfüllten Sexleben ziemlich im Weg stehen. Auch ein negatives Körperbild stört beim Sex. Vielleicht kennst du das ja von dir selbst auch.

Eine gewichtsreduzierende OP kann bewirken, dass du dich emotional besser fühlst. Und das wiederum führt oft zu mehr sexueller Lust und besserem Sex.

Ein sehr hohes Körpergewicht kann ausserdem mit körperlichen Einschränkungen oder Krankheiten einhergehen. Die können beim Sex ebenfalls stören, zum Beispiel weil sie Schmerzen oder Erektionsprobleme verursachen. Und wenn sich das durch die OP verbessert, wird natürlich auch der Sex besser.

Ist nach der OP also alles gut?

Ganz so einfach ist es leider nicht. Denn massiver Gewichtsverlust führt nicht automatisch dazu, dass du dich in deinem Körper wohlfühlst. Zum einen können neue „Probleme“ entstehen, denn die Spuren der OP sind ja sichtbar. Es wird zum Beispiel Narben geben. Zudem ist da nun viel überschüssige Haut. Das heisst, es entstehen Hautlappen und Hautfalten. In Studien gaben viele Patient*innen an, dass die OP ihr Körperbild verbessert hat. Jedoch sind auch viele mit ihrer überschüssigen Haut und ihrer Körperkontur noch unzufrieden. In vielen Fällen braucht es weitere rekonstruktive Operationen, um die Haut zu straffen. Das ist umso bedeutsamer, wenn es um Sex geht. Denn angezogen sind diese Spuren oft nicht sichtbar – nackt aber schon.

Zum anderen ist es wichtig zu verstehen, dass dein Körperbild und dein Körpergefühl im Kopf entstehen. Das heisst, eine körperliche Veränderung führt nicht automatisch zu einer Veränderung deines Körpergefühls. Denn dein Körperbild besteht aus Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühlen, nicht aus Fleisch und Blut.

Was hat mein Körperbild mit gutem Sex zu tun?

Wie du deinen Körper empfindest und wie du über ihn denkst, hat grosse Auswirkungen auf deinen Sex. Manche Menschen schämen sich so sehr für ihr Aussehen, dass sie Nackt-Sein oder sexuelle Handlungen nicht zulassen können. Oder sie denken, dass sie Sex nur in ganz bestimmten Situationen oder Positionen haben können. Das schränkt ihr sexuelles „Menü“ ziemlich ein. Zudem trägt ein negatives Körperbild zu Depressionen und Angststörungen bei. Und auch die wirken sich natürlich negativ auf das Sexleben aus.

Wieso ist Erkunden nach einer bariatrischen OP besonders wichtig?

Eine Operation zur Gewichtsreduktion verändert das Aussehen deines Körpers massiv. Zwar ist das ja im Grunde das gewünschte Ergebnis, aber es ist nicht zu unterschätzen, wie sehr sich ein solch radikaler Wandel auf dein Körpergefühl auswirken kann. Dein Körper wird anders aussehen, sich anders anfühlen und sich anders bewegen. Daher ist es wichtig, dich mit deinem neuen Körper vertraut zu machen. Dafür findest du in diesem Text viele Tipps.

Falls du eine*n Partner*in hast, ist es eine gute Idee, zusätzlich auch gemeinsam auf Entdeckungsreise zu gehen. Denn auch dein*e Partner*in muss sich ja mit den Veränderungen vertraut machen. Je offener ihr darüber sprecht, umso besser.

Wie kann ich mein Körperbild und Körpergefühl verbessern?

Die meisten Menschen, die eine bariatrische Operation bekommen, sind es gewohnt, ihrem Körper negativ und voller Abwertung zu begegnen. Oft begegnet auch ihre Umwelt ihnen so. Das heisst, du hast vielleicht nie gelernt, mit einem liebevollen und wohlwollenden Blick auf deinen Körper zu schauen. Um das jetzt zu lernen, probier doch mal Folgendes:

  • Schau dich an: Hast du es bisher eher vermieden, in den Spiegel zu gucken? Wenn ja, dann bist du damit nicht allein. Menschen mit einem negativen Körperbild schauen sich oft gar nicht mehr an, weil sie die miesen Gefühle und Gedanken vermeiden wollen, die dann hochkommen. Das ist verständlich, aber leider nicht hilfreich. Denn tatsächlich finden wir Menschen eher Dinge schön, die wir oft sehen. Versuch also, dich regelmässig anzusehen. Beachte dabei bitte die nachfolgenden Tipps.
  • Verschiebe den Fokus: Vielleicht hast du bisher immer in den Spiegel geschaut und dich gefragt: Was stimmt alles nicht? Was gefällt mir nicht? Um dein Körperbild zu verbessern, solltest du dir bewusst andere Fragen stellen. Fokussiere dich auf das Positive, statt auf vermeintliche Mängel. Frag dich zum Beispiel: Was ist der stärkste Teil meines Körpers? Welchen Teil meines Körpers finde ich sexy? Was ist der Lieblingsteil meines Körpers?
  • Schenk dir ein Lächeln: Wenn du in den Spiegel schaust, dann atme tief und lächle. Es klingt vielleicht komisch, aber es bringt wirklich was. Denn wir können unsere Gefühle körperlich beeinflussen. Durch das Lächeln schüttet dein Gehirn automatisch Botenstoffe aus, die für gute Gefühle sorgen. Und wenn du das häufig machst, dann formt dein Gehirn eine Verbindung zwischen deinem Spiegelbild und guten Gefühlen.
  • Können statt Aussehen: Frag dich auch mal: Was kann mein Körper alles tun? Viel zu oft geht es nur darum, wie unser Körper aussieht. Dabei existieren wir ja nicht, um angeschaut zu werden, sondern um zu leben, also um aktiv Dinge zu tun. Du kannst dein Körperbild daher auch verbessern, indem du mehr darauf achtest, was dein Körper kann, statt nur darauf, wie er aussieht.
  • Achtsame Bewegung: Was dein Körper alles kann, spürst du besonders gut durch Bewegung. Also: Beweg dich auf Arten, die dir Spass machen. Das kann ein Spaziergang sein, Tanzen, Yoga, sanfte Dehnübungen, und so weiter. Spüre beim Bewegen ganz bewusst in deinen Körper hinein und versuche, dabei so viel wie möglich wahrzunehmen.
  • Pflegen & Verwöhnen: Zeig deinem Körper, dass du ihn magst, indem du ihn gut pflegst. Benutze Produkte, die gut riechen und sich angenehm anfühlen auf deiner Haut. Creme dich regelmässig ein und massiere und streichele deinen Körper dabei. 
  • Benenne die „alte Story“: Es ist völlig normal, dass die negativen, abwertenden Gedanken immer mal wieder auftauchen werden. Wenn du das bemerkst, dann sag dir: „Ah, da ist ja wieder diese alte Story. Die kenn ich und ich weiss, sie bringt mich nicht weiter.“ Dann atme ein paar Mal tief durch und mach weiter mit deinem Tag.

Keine Frage: Diese Veränderung im Denken und Fühlen braucht Energie, Zeit und Übung. Aber das brauchen Selbstabwertung und Ablehnung auch! Entscheide dich bewusst dafür, deine Energie von jetzt an in die Selbstliebe zu stecken statt in die Selbstkritik. Noch mehr Tipps findest du übrigens auch in unseren Texten im Kapitel Körperbild und Körpergefühl.

Warum ist Selbstbefriedigung so wichtig?

Selbstbefriedigung ist eine weitere tolle Möglichkeit, dein Körpergefühl zu verbessern. Denn du schaffst damit neue, genussvolle Körpererfahrungen. Und du kannst dadurch gleichzeitig dein sexuelles Menü erweitern. Denn beim Solo-Sex kannst du herausfinden, was dich sexuell erregt, welche Berührungen du magst und welche Fantasien dir gefallen. Und du kannst anfangen, Neues auszuprobieren und zu üben.

Das ist umso wichtiger, wenn du vor der OP noch nicht viele sexuelle Erfahrungen gemacht hast, oder wenn deine Erfahrungen nicht gut waren. Die Selbstbefriedigung gibt dir einen Weg, deinen Körper und deine Sexualität mit Neugier und Wohlwollen zu entdecken.

Achte darauf, bei der Selbstbefriedigung besonders aufmerksam und liebevoll mit dir selbst umzugehen. Nimm dir Zeit, schaffe eine erotische und angenehme Atmosphäre für dich. Denn dadurch signalisierst du deinem Gehirn: Hey, dieser Körper ist wertvoll! Je öfter dein Gehirn diese Nachricht bekommt, umso mehr wird sich dein Selbstwertgefühl verbessern. Viele Tipps zur Selbstbefriedigung findest du in unserem Kapitel Selbstbefriedigung: Facts und Tipps.