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Sex mit Inkontinenz

Inkontinenz kann das Leben manchmal schwer machen, auch bei Intimität und Sexualität. Dir hilft Offenheit und ein kreativer Umgang mit den Besonderheiten deines Körpers. Ein erfülltes und lustvolles Sexleben mit Inkontinenz ist möglich.

Was ist Inkontinenz?

Körper haben alle möglichen Besonderheiten. Sie verändern sich durch Krankheiten, Unfälle und durch das Älterwerden. Eine solche Besonderheit ist Inkontinenz.

Inkontinenz ist, wenn der Körper Schwierigkeiten hat, Urin oder Kot zu halten. Dann kommt manchmal ein wenig Urin oder Kot raus, wenn du nicht auf der Toilette bist. Das kann passieren, wenn du lachst, niest, hustest oder dich bewegst, aber auch einfach so. Manchmal merkst du es vorher, manchmal kommt es überraschend. Die Inkontinenz kann an den Muskeln, den Nerven oder anderen Gründen liegen. Die Ursachen und die Behandlung von Inkontinenz bespricht du am besten mit ärztlichen Fachpersonen.

Sex ist kein trockenes Thema

Beim Sex ist es ganz normal, dass es feucht wird, weil von den Beteiligten Personen verschiedene Flüssigkeiten wie Sperma, Lusttropfen und vaginaler Ausfluss kommen. Wenn beim Sex ein paar Tropfen Urin oder ein bisschen Kot austreten, ist das nicht schlimm und wird meistens gar nicht bemerkt. Verzichte nicht auf schönen Sex, nur weil manchmal ein bisschen Urin oder Kot verloren geht.

Umgang mit Sex und Inkontinenz

Das Thema Sex und Inkontinenz ist vielen Menschen sehr peinlich. Aber Inkontinenz ist nichts, wofür du dich schämen musst. Es ist eine körperliche Besonderheit, die ein bisschen herausfordernd sein kann – vor allem beim Sex. Egal ob in einer festen Beziehung oder in einer lockeren sexuellen Partnerschaft, es gibt viele Wege, damit umzugehen und trotzdem Spass am Sex zu haben. Hier sind ein paar Tipps dazu:

Unsicher sein ist Okay

Inkontinenz ist nur ein kleiner Teil von dir. Es ist in Ordnung, unsicher zu sein. Diese Unsicherheit zuzugeben, ist ein tapferer erster Schritt. Das Zugeben hilft, dich selbst so zu akzeptieren, wie du bist, und offen mit dir und anderen umzugehen. Dein Wert als Person und als Liebhaber*in wird nicht durch Inkontinenz gemindert.

Darüber sprechen hilft. Beginne am besten mit jemandem, dem du vertraust. Das könnte ein*eine gute*r Freund*in, ein Familienmitglied oder ein*e professionelle*r Berater*in sein. Übe, wie du deine Gefühle und deine Situation in einem sicheren Umfeld ausdrückst. Nimm dir Zeit für dich um Worte zu finden, die deine Gefühle und Bedürfnisse am besten beschreiben. Satzanfänge, die dir helfen könnten sind zum Beispiel: "Eine Besonderheit an meinem Körper, ist, dass...", "Könntest du...", "Mir würde es helfen, wenn...", "Ich habe Angst, dass...", "Ich fühle mich frustriert, über...", "Ich schäme mich für..."

Sex nicht vermeiden

Ein kräftiger Beckenboden kann dazu beitragen, dass du die Blase besser kontrollieren kannst und weniger Probleme mit dem ungewollten Verlieren von Urin hast. Sex hilft, den Beckenboden zu stärken, weil beim Sex viele Muskeln im Becken benutzt werden. Deshalb ist Sex nicht nur schön, sondern auch gut für die Muskeln, die uns beim Halten des Urins helfen. Sex kann uns also bei Inkontinenz helfen!

Beim Sex werden automatisch Muskeln im Beckenboden aktiviert, was zur Stärkung dieser Muskeln beiträgt. Dies gilt für alle Formen von Sex, auch für Masturbation, oder wie wir sagen Solo-Sex. Du kannst auch gezielte Beckenbodenübungen durchführen, die die Kontrolle und Kraft dieser Muskeln erhöhen. Schau dazu doch mal in unsere Texte Beckenbodenübungen für den Sex für Männer und Beckenbodentraining für Frauen für den Sex.

Das Anspannen und Entspannen der Muskeln, ähnlich wie beim Unterbrechen des Urinstrahls, kann geübt werden. Nutze beim Solo-Sex bewusst deine Beckenbodenmuskeln, indem du sie anspannst und locker lässt. Das hilft dir, die Kontrolle zu verbessern und kann auch die sexuelle Empfindung stärker machen.

Gute Gefühle wecken

Erinnere dich an die guten Gefühle, die du bei sexueller Aktivität erfahren hast, egal ob Solo oder mit anderen zusammen, und nutze diese Erinnerungen, um dir ein gutes Gefühl zu geben und dich zu motivieren. Die guten Gefühle verstärkst du mit diesen Übungen: Gute Gefühle beim Sex durch Bewegung des Oberkörpers. Das empfehlen wir sehr, um nicht in eine Vermeidungshaltung zu kommen.

Wie fühle ich mich attraktiv für andere?

Sex kann dir gute Gefühle bereiten und dadurch fühlst du dich besser in deinem Körper. Sex, ob solo oder mit anderen, kann dein Selbstwertgefühl stärken und dir dabei helfen, dich in deinem Körper wohlzufühlen – egal ob du mit oder ohne Inkontinenz lebst. Wenn du intime Momente erlebst, in denen du dich angenommen und begehrt fühlst, fördert das dein Selbstbewusstsein und das Bewusstsein für deine eigene Attraktivität! Wenn du dir schwer tust, dich wohlzufühlen mit dir, empfehlen wir dir unsere Texte Wie fühle ich mich in meiner Haut als Mann wohler?, Wie fühle ich mich in meiner Haut als Frau wohler? und Wie mach ich mich interessant, attraktiv, sexy und liebenswert?

Kenne deinen Körper

Es kann helfen, wenn du weisst, in welchen Momenten und unter welchen Bedingungen deine Inkontinenz auftreten kann. Das kann nach dem Trinken bestimmter Getränke wie Kaffee, Alkohol, grüner oder schwarzer Tee sein oder in bestimmten Positionen.

Wenn du das weisst, kannst du dir selbst helfen. Zum Beispiel kannst du weniger von diesen Getränken trinken. Oder du kannst beim Sex Haltungen meiden, die zu viel Druck auf deine Blase machen. So kannst du besser verhindern, dass du die Blase nicht kontrollieren kannst. Für die verschiedenen Positionen lies die Stelle in diesem Text: „probiere Sex-Stellungen aus“

Wie rede ich mit Partner*innen über Inkontinenz?

Sprich mit deiner*m Partner*in über deine Inkontinenz. Erkläre dass dein Körper Schwierigkeiten hat, Urin oder Kot zu halten und wie es sich für dich anfühlt. Erzähle auch von deinen Sorgen. So versteht ihr beide besser, was ihr fühlt und könnt euch helfen.

Wenn dein*e Partner*in es schwer findet, rede offen darüber. Zeige, dass du verstehst, dass es auch für ihn oder sie nicht einfach ist. Sage klar, bei welchen Dingen du Hilfe brauchst. Zum Beispiel, dass du Verständnis möchtest, wenn du schnell zur Toilette musst.

Wenn du jemand Neues triffst, mit dem du vielleicht Sex haben möchtest, ist es gut, auch darüber zu sprechen. Sage, dass du manchmal Probleme mit dem zur Toilette gehen hast. Das ist wichtig, damit die andere Person weiss, was los ist.

Wenn du über deine Inkontinenz sprichst, hilft das, dich selbst und den anderen besser zu verstehen. Es ist gut, ehrlich zu sein und dem anderen zu zeigen, dass du auch seine Gefühle verstehst. So könnt ihr euch gegenseitig unterstützen.

Wie kann ich mich vorbereiten?

Wenn du Sorge hast, dass beim Sex etwas daneben gehen könnte, bereite dich und euer Umfeld vor. Nutze zum Beispiel spezielle Matratzenschoner oder legt Handtücher unter. Geh vor dem Sex auf die Toilette, um Blase und Darm zu leeren. Das nimmt den Druck weg und du kannst dich besser entspannen.

Wenn du jemanden triffst, mit dem du Sex haben willst, kannst du dich auch still und leise vorbereiten. Zum Beispiel kannst du ein kleines Handtuch in deiner Tasche haben, das du benutzen kannst. Es gibt auch spezielle Unterwäsche, die nicht auffällt. Du kannst vorher frische Unterwäsche und eine saubere Hose anziehen. Es ist auch gut, deine Genitalien vorher zu waschen.

Um gut für dich zu sorgen, hör auf deinen Körper. Nimm dir Zeit, um dich vorzubereiten. Trink vielleicht vorher nicht so viel. Es ist in Ordnung, offen über deine Bedürfnisse zu sprechen.

Welche Hilfsmittel kann ich bei Inkontinenz nutzen?

Bei Inkontinenz gibt es verschiedene Sachen, die dir helfen können:

Wenn du einen Penis hast: Ein Kondom kann gut sein, falls beim Sex ein wenig Urin rauskommt. Wenn du eine Vulva hast: Es gibt besondere Hilfen, wie Pessare. Die kann man beim Sex benutzen, damit nicht so leicht Urin rauskommt. Wenn du Probleme mit Stuhlinkontinenz (Kot) hast: Du kannst Windeln oder besondere Einlagen benutzen. Die fangen den Stuhl auf, falls etwas rauskommt. Es gibt auch besondere Unterwäsche dafür. Die ist unauffällig und bequem. Wenn du dir Sorgen wegen Gerüchen machst: Es gibt Einlagen, die Gerüche stoppen. Es ist auch gut, vor dem Sex auf die Toilette zu gehen.

Nach und nach wirst du Expert*in dafür, was dir persönlich am besten taugt.

Probiere Sex-Stellungen aus

Manchmal ist es gut, Positionen zu probieren, die die Blase und den Darm nicht zu sehr drücken. Zum Beispiel: Die Hündchenstellung (Doggy) oder die Löffelchenstellung sind oft bequem und machen keinen Druck auf die Blase. Bei Darminkontinenz können diese Stellungen ebenfalls helfen, da sie den Darm entlasten. Eine andere Möglichkeit: Eine Person liegt auf einem Tisch auf dem Rücken und die andere Person steht davor. Es geht darum, gemeinsam herauszufinden, was angenehm ist und sich gut anfühlt.

Suche Unterstützung

Wenn Inkontinenz deine Sexualität und deine Lebensqualität stark beeinflusst, ist es wichtig, mit einer Fachperson zu sprechen. Das können Ärzt*innen, Therapeut*innen oder Berater*innen sein. Gemeinsam könnt ihr nach Lösungen suchen, die deinen Alltag und dein Sexleben erleichtern.

Inkontinenz ist eine Herausforderung, aber sie definiert dich nicht. Du bist genauso liebenswert, sexy und wertvoll, mit oder ohne Inkontinenz. Es ist okay, Unterstützung und Lösungen zu suchen, und es ist wichtig, dass du deinen Weg findest, um mit Inkontinenz umzugehen – auch beim Sex.

Wieso gibt es diesen Text?

Lilli findet es wichtig, Menschen mit körperlichen Problemen nicht zu vergessen bei der sexuellen Aufklärung. Wir wollen für sie und ihre Partner*innen ebenfalls eine Anlaufstelle sein. Das ist für uns ein wichtiger Schritt für Inklusion. Bei Fragen, die hier noch nicht beantwortet wurden, nutze einfach unser Fragefenster. Du kannst uns dort auch Rückmeldung geben.