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Hilfe bei sexuellen Problemen bei oder nach Krebs

Sexuelle Probleme zählen zu den häufigsten Langzeitfolgen von Krebserkrankungen und ihren Behandlungen. Doch deine Sexualität ist nicht krank. Sie reagiert logisch auf die veränderten Umstände. Wir helfen dir, Grenzen und Herausforderungen in deiner Sexualität zu überwinden.

Wieso sollte ich in meine sexuelle Gesundheit investieren?

Viele Menschen denken, dass sie sich erst um ihre Sexualität kümmern dürfen, wenn sie nicht mehr lebensbedrohlich erkrankt sind. Sie denken, dass andere Sachen wichtiger seien und Vorrang haben. Doch viele Menschen merken auch, wie gut es ihnen tut, ihrem Körper sinnlich und lustvoll zu begegnen. Das kann wichtig sein für das Wohlbefinden. Wie ist es bei dir? Welche Rolle spielt Sex gerade für dich?

Während der Behandlung ist es sehr möglich, dass deine sexuellen Bedürfnisse in den Hintergrund rücken. Nehmen wir an, für dich war Sexualität wichtig. Das bedeutet, dass du einen Lebensbereich verlierst, in dem du auftanken konntest. Wenn in Zeiten von Krankheit oder Behandlungen viele Ressourcen unzugänglich sind, kann dich das an die Grenzen deiner Leidensfähigkeit bringen. Eine psychoonkologische Unterstützung kann dabei helfen, durch diese Zeit zu kommen. Üblicherweise kann dir dein Behandlungsteam Kontakt zu Fachpersonen vermitteln.

Wie könnt ihr mich unterstützen?

Wir bieten dir kostenlose und anonyme Online-Beratung. Du kannst uns alles fragen in unserem anonymen Fragefenster. Wir sind sehr interessiert daran, unser Angebot für Menschen mit akuter oder bereits überwundener Krebserkrankung noch weiter auszubauen. Wir wollen Texte und Tipps schreiben, die zu dem passen, was du und andere Krebsbetroffene brauchen.

Du findest bei uns auch Information und Tipps zur Förderung sexueller Gesundheit. Du erfährst, was du tun kannst, um deine Sexualität (wieder) selbst in die Hand zu nehmen. Wir bieten dir damit also Hilfe zur Selbsthilfe. Wir haben in diesem Text Probleme aufgelistet, die bei Menschen bei oder nach Krebserkrankungen vorkommen können. Scroll am besten mal über die Überschriften der nächsten Abschnitte, und schau, was dich interessiert.

Zu allem, was du hier liest, kannst du uns auch Fragen stellen.

Was tun, wenn ich gern mehr Lust auf Sex hätte?

Unabhängig von einer Erkrankung: Sehr viele Menschen denken: "ich sollte mehr Lust auf Sex haben" – dabei fühlt sich bei genauerem Hinsehen der Sex, den sie haben, irgendwie nicht so richtig gut an. Vielleicht ist er eher anstrengend oder langweilig. Wenn du genauer hinschaust, entwickelst du Ideen, wie du es anders haben willst.

Ausserdem ist das «Warten auf die Lust» ein Grund, warum manche Menschen kaum Sex haben. Kennst du das Sprichwort: «Der Appetit kommt beim Essen»? Das kann auch auf Sex zutreffen. Manchmal musst du dich erst in Stimmung bringen. Dafür ist das Vorspiel gut.

Lerne und übe, wie du dich auf eine angenehmere, lustvollere Weise erregen kannst und lass ruhig zu, dass sich deine Lust während einer sexuellen Aktivität entwickelt. In unserem Kapitel Zu viel oder zu wenig Lust auf Sex? kannst du noch mehr darüber lesen.

Wieso empfinde ich weniger beim Sex?

Vielleicht fühlt sich das, was früher für dich sehr erregend war, jetzt irgendwie dumpf oder taub an. Es braucht mehr Druck oder mehr Reibung, als du es gewöhnt bist, um den gleichen Effekt zu haben. Mach dir deshalb keine Sorgen.

Bei starken Eingriffen wie Operationen oder Chemotherapie schützt sich dein Körper vor zu starken Schmerzen und Nebenwirkungen. Du spürst ihn dann vielleicht nicht mehr so. Dadurch wirst du nicht so leicht überwältigt vom Eingriff oder den Nebenwirkungen und kannst deshalb viel mehr aushalten. Du kannst es dir wie eine Rüstung vorstellen: Die Rüstung schützt vor unangenehmen Erlebnissen (zum Beispiel durch eine Operation). Gleichzeitig kannst du mit Rüstung auch keine angenehmen Berührungen spüren. In Fachsprache nennt man das Dissoziation.

Medikamente und andere Krebsbehandlungen können auch ein Grund für das verringerte Spüren sein. Sprich darüber am besten mit deiner*deinem Onkolog*in. Die Fachpersonen, die dich behandeln, sind auch Ansprechpersonen für Nebenwirkungen in deiner Sexualität. Manchmal ist es auch möglich, auf ein anderes Medikament mit weniger beeinträchtigenden Nebenwirkungen zu wechseln.

Wie kann ich lernen, mit Veränderungen umzugehen?

Es ist immer erstmal schwer, wenn eine liebgewonnene Ressource wegbricht. Vielleicht merkst du, dass der Sex mit anderen oder allein nicht mehr so funktioniert wie gewohnt. Das kann erstmal ganz schön verzweifelt machen.

Du musst deinen Körper dann erst wieder zurückgewinnen und dich wieder in ihm zuhause fühlen.

Vielleicht magst du damit beginnen, deinen eigenen Körper in einer Haltung der Freundlichkeit wieder selbst zu berühren. Vielleicht beginnst du mit zärtlichen Berührungen – je nachdem wie du es magst mit mehr oder weniger Druck. Auf jeden Fall aber mit viel Langsamkeit, so dass du jeden Millimeter deines Körpers nach und nach wieder wohlig gespürt hast. Das kann zum Beispiel auch ganz im Alltag geschehen. Zum Beispiel beim Duschen oder beim Eincremen. Sei mit der Aufmerksamkeit dabei. Achte darauf, was du spürst. All das ist Wahrnehmungstraining. Lies dazu bitte auch unseren Text Wie gewinne ich meinen Körper und meine Sexualität zurück?

Warum fördert Duschen die Beziehung zu meinem Körper?

Körperpflege ist gut für die Körperwahrnehmung. Wenn du das angenehme Berieseln mit dem Duschstrahl geniesst, wenn du dich genüsslich mit Duschgel einseifst und mit Körperlotion einschmierst, fühlt sich das angenehm an. Du magst deinen Körper mehr, wenn er sich gut anfühlt.

Vergiss dabei dein Geschlecht nicht: Du kannst auch deine Vulva, deinen Penis oder dein Intergenital sanft massieren und dein Geschlecht einfach mal Berührungen geniessen lassen. Dein Geschlecht ist schliesslich nicht nur ein Mittel zum Zweck.

Noch mehr Tipps zum Wahrnehmen Üben am Geschlecht findest du in unseren Texten: Wie lerne ich meinen Penis besser wahrnehmen?, Wie spüre ich mehr in der Vagina (Scheide)? und Reisetipps für die Reise durchs weibliche Geschlecht.

Wenn du dein Geschlecht gut kennst und gut spürst und es als genussvoll empfindest, bist du darin „verankert“. Du bewohnst es dann genauso gut wie den Rest deines Körpers und fühlst dich in deiner Haut sicherer. Es hilft auch, wenn du dir Zeit nimmst für Selbstbefriedigung. Schau dazu doch auch in unser Kapitel Selbstbefriedigung: Facts und Tipps.

Was ist, wenn sich etwas taub anfühlt?

Gib deinem Körper Zeit und Zuwendung, seine Feinfühligkeit wieder neu zu entwickeln. Lass dich nicht beirren, wenn sich etwas taub anfühlt. Spüren braucht Wiederholung – wenn du am Anfang anders spürst als du es gewohnt bist, bleib dran. Du lernst irgendwann besser zu unterscheiden: Wie fühlt sich eine trockene Berührung an, wie eine nasse Berührung, wie eine kalte, eine warme, und so weiter.

Wichtig ist die Geduld: Bessere Wahrnehmung lernst du nicht von einem Tag auf den anderen! Es ist von Mensch zu Mensch verschieden, wie lang das dauert, und ob das Tage dauert oder Wochen. Gerade nach deiner Erkrankung und Behandlung kann es dauern, angenehme und irgendwann dann auch wieder lustvolle Gefühle zu entwickeln.

Wenn du mehr spürst, kann auch alter Schmerz hochkommen. Du legst deine Rüstung ab. Das bedeutet auch, Schmerz zuzulassen. Denn wenn du wieder spürst, spürst du auch das unangenehme. Scheu dich nicht, dir Unterstützung zu holen. Psychoonkolog*innen oder Sexolog*innen sind die richtigen Ansprechpersonen.

Was tun, wenn ich eine Operation am Geschlecht hatte?

Wenn du eine Operation hattest, die deine Geschlechtsorgane betrifft, kannst du dein Geschlecht wieder bewusst integrieren. Nach und nach spürst du es dann mehr. Dazu kannst du die Hand darauf legen, es mit Öl streicheln, dir beim Duschen eine Minute Zeit nehmen, dein Geschlecht ganz langsam zu waschen. Sei mit der Aufmerksamkeit dabei. Und wann immer du die Möglichkeit hast, dein Geschlecht kurz zu berühren, tu das, und achte darauf, was es spürt. All das ist Wahrnehmungstraining.

Im Abschnitt davor haben wir ausführlich darüber geschrieben, wie du mit Taubheit umgehst und wie wichtig regelmässiges Üben und Geduld sind. Falls du ihn noch nicht gelesen hast, lies ihn bitte.

Was tun, wenn es mir schwerer fällt, zum Orgasmus zu kommen?

Hat sich etwas an dem Körperteil verändert, mit dem du früher deinen Orgasmus ausgelöst hast? Wie kannst du es in seiner heutigen Form in deine sexuelle Erregung einbauen? Und welche anderen Körperteile möchtest du gerne nutzen? Es gibt auch Menschen, die über die Nippel, den Anus, die Lippen, in amputierten Gliedmassen Orgasmen auslösen können. Falls du dich für Forschung interessierst: In dieser Studie sind viele weitere Beispiele für nicht-genitale Orgasmen aufgeführt.

Schau dir an: Wie steigerst du deine sexuelle Erregung? Geniesst du den Sex mit dir oder mit anderen noch? Wenn aus dem Orgasmus ein Orgas-MUSS wird, geht der Genuss weg. Dabei ist Genuss eine ganz wichtige Zutat zum Orgasmus. Denn: Sexuelle Erregung + Genuss => Orgasmus. In diesen Texten kannst du noch mehr darüber erfahren: Ich komme nicht (immer) zum OrgasmusWie kann ich mich sexuell erregen?, Wie geht sexuelle Erregung zum Orgasmus?

Was tun, wenn ich mich isoliert fühle?

Vielleicht hast du während der Behandlung weniger Freund*innen getroffen als vor der Erkrankung, weil du zu müde warst oder dein Immunsystem so schwach war. Vielleicht ging das über mehrere Monate so. Das ist dann so, wie wenn du monatelang auf einer kleinen Insel verbracht hast, im besten Fall zusammen mit deinen engsten Vertrauten.

Wenn du nachher wieder aufs Festland zurück kommst, muss du mit dem ganzen Trubel erst einmal wieder zurecht kommen. Der frühere Kolleg*innenkreis hat sich inzwischen weiter entwickelt, und du bist selbst nicht mehr gleich. Du musst dich in dir selbst und in Beziehung zu den anderen erst einmal wieder einrichten. Es kann auch sein, dass dir banal vorkommt, worüber Gleichaltrige reden. Vielleicht findest du es auch unwichtig oder zu doof. Und deshalb fühlst du dich vielleicht, als würdest du nicht dazugehören. Wenn du auf Partnersuche bist, kannst du dir vielleicht überhaupt nicht vorstellen, dass du jemanden für eine Beziehung mit dir gewinnen kannst.

Wenn du dazu mehr wissen möchtest, lies auch unseren Text, wie du beim Verführen selbstsicherer werden kannst und unsere Texte zum Umgang mit herausfordernden Gefühlen (wie Stimmungsschwankungen, Traurigkeit, Wut, Schuldgefühle, Scham, Ausgrenzung, Unsicherheit).

Oft kann es in einer solchen Situation Sinn machen, dich professionell begleiten zu lassen, zum Beispiel durch eine psychoonkologische Fachperson, oder wenn du eher verunsichert bist, wie du deine Sexualität leben kannst, durch eine sexologische Fachperson.

Was tun, wenn meine Beziehung zu anderen sich verändert hat?

Es kann sein, dass Menschen verunsichert sind, wie sie mit dir umgehen sollen. Es kann auch sein, dass der Schmerz und der Schock über deine Erkrankung noch tief in ihren Knochen steckt und sie keinen Raum hatten, um ihn zu bearbeiten. Es hilft, wenn du klar und liebevoll aussprichst, was du brauchst und was du dir wünschst. Zum Beispiel: "Ich würde gern einfach wieder etwas mit euch unternehmen wie früher." Nehmen wir an, du teilst mit deinen Mitmenschen, was in dir vorgeht. So gibst du ihnen die Chance, dir zuzuhören und auf dich einzugehen.

Wenn du es hören möchtest, kannst du dich auch erkundigen, wie es ihnen gegangen ist mit deiner Erkrankung.

Was tun bei Körperscham?

Dein Körper fühlt sich womöglich noch ganz verändert an. Vielleicht findest du es deshalb nicht ganz einfach, dich Partner*innen nackt zu zeigen, ihr*ihm dein Geschlecht zu «präsentieren» und deine sexuelle Erregung vor ihr*ihm auszuleben. Das kannst du üben. Wie das geht, erfährst du in unserem Text Wie kriege ich Lust darauf, mich der*dem anderen zu zeigen?

Was tun bei trockener Vagina?

Bei sexueller Erregung kann die Vagina feucht werden. Durch die Krebsbehandlung kann deine Vagina jedoch trockener sein, als du es gewöhnt bist.

Das kann vorübergehend zum Beispiel während einer Chemotherapie so sein. Du kannst dann diese Zeit überbrücken mit Salben oder Gleitmittel und/oder abwarten – irgendwann ist die Behandlung abgeschlossen, und die Nebenwirkungen klingen wieder ab. Es hilft, wenn du dein Geschlecht regelmässig pflegst und ein hochwertiges Gleitmittel benutzt.

Es kann aber auch sein, dass die Vagina über längere Zeit trocken und/oder entzündet ist auch nach Abschluss der Behandlung. Das braucht dann mehr Pflege und Aufmerksamkeit. Denn es geht nicht von allein wieder weg.

Wichtig für dich zu wissen: Eine gut durchblutete Vagina wird leichter feucht. Und Bewegen fördert die Durchblutung. Du kannst zum Beispiel dein Becken schaukeln oder kreisen. Lies dazu bitte unseren Text Warum ist es gut, wenn Frauen sich beim Sex bewegen?

Was tun bei Schmerzen beim Geschlechtsverkehr?

Wenn du Schmerzen beim Geschlechtsverkehr hast, kann dies eine ganze Reihe von Ursachen haben. Beobachte, wann und bei welchen Tätigkeiten die Schmerzen auftreten, und wo genau es weh tut. So kannst du dir die passenden Tipps holen. Dein*e Onkolog*in kann dich beraten. Hier ist eine Reihe von Fragen, an denen du dich orientieren kannst.

Schau dazu bitte auch in unser Kapitel Beschwerden der Vagina und Vulva beim Geschlechtsverkehr insbesondere empfehlen wir unsere Tipps Schmerzen beim GV durch ÖstrogenmangelSchmerzen beim GV durch hohe Muskelspannung und Schmerzen beim GV durch fehlende sexuelle Erregung.

Was tun bei verengter oder verkürzter Vagina?

Wir beraten dich dazu über unser Fragefenster.

Was tun bei Erektionsschwierigkeiten?

Hier kannst du unser Kapitel über Erektionsschwierigkeiten lesen: Erektionsprobleme: Tipps für Männer und Paare. Wir empfehlen insbesondere unseren Text für Menschen, die als Medikamentennebenwirkung keine Erektion mehr haben.

Was tun bei Ejakulationsstörungen?

Kommst du früher, als du möchtest? Mit einfachen körperlichen Techniken kannst du lernen, deine sexuelle Erregung besser zu steuern. Und dann einen Samenerguss zu haben, wenn du es möchtest. Schau dazu bitte in unser Kapitel Schnelle Ejakulation: Tipps für Männer und Paare

Was tun, wenn ich vermindert zeugungsfähig bin?

Weisst du genau, welche Behandlung bei dir durchgeführt wurden? Inwieweit vermindern diese deine Zeugungsfähigkeit? Welche Folgen sind dauerhaft, welche vorrübergehend? Klär deine Fragen mit deiner*deinem Onkolog*in. Er*sie wird dir auch gute Fachpersonen nennen, wenn du Kinderwunsch hast. Scheu dich nicht, dir Unterstützung zu holen. In diesem Text gehen wir darauf ein, wie du dir das Warten erleichtern kannst und mit Gefühlen von Hilflosigkeit und Verzweiflung umgehen lernst. Hier sind ausserdem Psychoonkolog*innen die richtigen Ansprechpersonen.

Was tun, wenn ich mir selbst Druck mache? 

Wenn du denkst, du musst möglichst schnell wieder so werden, wie du warst, erinnere dich, dass du jetzt schon Du selber bist, und dass es kein Ziel gibt, das du erreichen musst. Du machst das für dich.